Allein schon das Wort klingt mühsam: Vollausbau. Man denkt an Lärm, Dreck und andere unangenehme Dinge, die einem das Leben schwer machen. Natürlich: Es wird für die Anwohner der Bahnhofstraße in Ochtendung nicht immer einfach gewesen sein, als die Bauarbeiter im September 2023 anrückten. Aber dass sie jetzt sogar einige Wochen früher als geplant mit der kompletten Maßnahme fertig geworden sind, ist bemerkenswert. Wo gibt es das sonst noch?
Auf etwa 720 Metern Länge sind in der Bahnhofstraße alle Asphaltschichten inklusive Unterbau sowie Gehwege erneuert worden – als Gemeinschaftsmaßnahme der Gemeinde Ochtendung, des Eigenbetriebs Werke sowie des Wasserversorgungszweckverbandes Maifeld-Eifel. Das Ingenieurbüro Faßbender & Weber aus Brohl-Lützing war mit der Planung und Umsetzung des Projekts betraut. Das Umrüsten auf energiesparende LED wurde vom Büro Elektroplanung Mittelrhein in Koblenz geplant und überwacht. Um die rasche Bauausführung hat sich die Firma Gotthard Lehnen aus Wittlich-Dorf verdient gemacht.

Für die Gesamtkosten der Maßnahme gibt es eine Förderung von maximal 200.310 Euro aus dem Förderprogramm LVFG Kom/LFAG Rheinland-Pfalz, da es sich um eine verkehrswichtige Innenortsstraße handelt. Die reinen Baukosten betragen vorbehaltlich der Schlussrechnung etwa 2,1 Millionen Euro, der Gemeindeanteil 1,6 Millionen Euro. Die restlichen Kosten werden vom Abwasserwerk Maifeld (163.500 Euro) und vom Wasserversorgungszweckverband (415.400 Euro) getragen.
Und was kommt auf die Bürger zu? „Bezahlt wird nach dem Prinzip der wiederkehrenden Beiträge. Die Kosten werden auf diese Weise auf viele Schultern verteilt“, sagt Ortsbürgermeister Hans-Georg Hammes (CDU). Das heißt konkret: Alle Grundstückseigentümer in Ochtendung bekommen Ende des Jahres einen entsprechenden Beitragsbescheid. Die Bahnhofstraße sei das erste Projekt im Maifeld, das auf diese Weise finanziert werde, sagt Hammes. Und nicht nur das: Gleichzeitig sind Strom und Glasfaser unterirdisch verlegt worden. Denn irgendwann sollen die Strommasten auf den Dächern verschwinden. Auch das geht nicht ohne finanzielle Beteiligung der Bürger, weil ein neuer Stromkasten im Keller installiert werden muss. Kostenpunkt: etwa 5000 Euro pro Haushalt.

In jedem Fall sei der Vollausbau der Bahnhofstraße ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Infrastruktur in Ochtendung, sagt Projektleiter Kai Simon von der Verbandsgemeinde Maifeld. „Das wird die Lebensqualität der Anwohner nachhaltig erhöhen.“ Die Bahnhofstraße hat ihren Namen vom alten Bahnhof, den es schon lange nicht mehr gibt. In dem denkmalgeschützten Haus, das vor 1904 gebaut wurde, ist jetzt ein Restaurant – direkt am Maifeld-Radweg und am Wanderweg. Wer als Tourist hier innehält, der entdeckt viele Spuren aus der Vergangenheit. Ein herrschaftliches Haus, das heute ein Wohnhaus ist, war früher ein kaiserliches Postamt. Der Heimatverein Ochtendung hat sich verdient gemacht, indem er an Gebäuden wie diesem sogenannte Hausschilder angebracht hat. Sie zeigen, wie die Häuser vor Jahrzehnten aussahen und wie sie ursprünglich genutzt wurden.

Außerdem spannend: In der Bahnhofstraße stehen viele Häuser, die mit sogenannten Grotzen gebaut wurden. Das ist der Eifeler Ausdruck für Lavasteine. Es ist ein magmatisches Gestein und entsteht aus vulkanischen Gasen, die sich mit Magma vermischen, bevor sie aus einem Vulkan austreten. Wenn die Lava abkühlt, bevor die Gase entweichen, bildet sie Schlacke oder Lavagestein. Es ist also ein heimischer Baustoff. „Wir sprechen von den Grotze-Häusern“, sagt Bürgermeister Hammes. „Die meisten sind allerdings verputzt worden, weil es einfach schöner aussieht.“ Denn das Lavagestein ist porös – und sehr dunkel. Heute spielt der Bims, der in den Gruben rund um Ochtendung abgebaut wird, eine viel größere Rolle.
Über die neue Bahnhofstraße werden sich zunächst vor allem die Karnevalisten freuen. Sie haben jetzt freie Fahrt für den Veilchendienstagszug.