Lediglich 8 Prozent der Fahrer hielten sich bei Verkehrserfassung an Tempo 30 - Polizei kündigt Kontrollen an
Raser war mit 127 km/h unterwegs: Fast alle sind am Andernacher Bollwerk zu schnell
Hätte das Geschwindigkeitsmessgerät in der Andernacher Konrad-Adenauer-Allee auf Höhe Bollwerk Gefühle, müsste man sich um dessen Gemütszustand Sorgen machen: Die große Mehrheit der Autofahrer ignoriert die blinkend angemahnte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h.
Rico Rossival

Andernach. Beschwerden seitens der Anwohner, dass in der Konrad-Adenauer-Allee zu schnell gefahren wird, erreichten das Ordnungsamt der Stadt Andernach in den vergangenen Jahren immer wieder. Insbesondere am Bollwerk, wo sich auf dem Parkplatz des Geysirzentrums in den Abend- und Nachtstunden oft junge Menschen mit ihren Autos treffen, komme es nicht selten zu Lärmbelästigungen durch aufheulende Motoren und quietschende Reifen, meldeten die Anwohner.

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Die jetzt auf Nachfrage der Grünen-Stadtratsfraktion im Mobilitätsausschuss vorgelegte Auswertung einer Geschwindigkeitsmessung belegt: In der Konrad-Adenauer-Allee hält sich kaum ein Autofahrer an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. „Die Auswertung zeigt, dass die Beschwerden der Abwohner nicht nur gefühlt sind. Da besteht Handlungsbedarf“, erklärte Grünen-Fraktionsvorsitzender Christoph Henrichsen im Ausschuss.

“Smiley" hat die Daten erhoben

Die jetzt vorgelegten Daten wurden mithilfe eines sogenannten Smileys erhoben: Dieses auf Höhe des Bollwerks fest installierte Gerät zeigt den ankommenden Verkehrsteilnehmern ihre Geschwindigkeit an, gefolgt von einem lächelndem Smiley, wenn diese mit maximal Tempo 30 unterwegs sind, oder einem traurigen Smiley, wenn die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten wird. Anders als die umgangsprachlich als „Blitzer“ bezeichneten Radargeräte verfügt der Smiley über keine Kamera, die gefahrenen Geschwindigkeiten werden allerdings aufgezeichnet und können von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt ausgelesen werden.

Die Auswertung der Verkehrsdaten am Standort Bollwerk umfasst den Zeitraum vom 10. bis zum 17. Februar. Innerhalb dieser acht Tage passierten insgesamt 15.898 Fahrzeuge die Messstelle aus Richtung Scheidsgasse kommend in Richtung Hindenburgdamm. Einen lachenden Smiley bekam lediglich eine Minderheit von ihnen angezeigt: 1236 Verkehrsteilnehmer fuhren am Bollwerk mit maximal 30 km/h vorbei. 92 Prozent aller erfassten Fahrzeuge waren demnach zu schnell unterwegs.

Im Schnitt mit 41 km/h unterwegs

Ein Blick auf die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit scheint zunächst noch keinen großen Anlass zur Besorgnis zu geben: Im Schnitt waren die aufgezeichneten Verkehrsteilnehmer mit 41 km/h unterwegs – deutlich schneller als erlaubt, aber langsamer als die 50 km/h, die innerorts als Höchstgeschwindigkeit gelten, sofern keine Temporeduzierung angeordnet ist. 12.457 Fahrer waren im Aufzeichnungszeitraum am Bollwerk mit einer Geschwindigkeit zwischen 30 und 50 km/h unterwegs, das entspricht einem Anteil von 78 Prozent.

Deutlich mehr Sorgen darf man sich angesichts des Fahrverhaltens derjenigen machen, die mitten in der Innenstadt mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind: Bei immerhin 13 Prozent der erfassten Fahrzeuge maß das Gerät eine Geschwindigkeit zwischen über 50 und 70 km/h.

Raser sind in der Minderheit

0,4 Prozent der Fahrer passierten die Messstelle mit mehr als 70 Stundenkilometern – ein verschwindend geringer Prozentsatz, wobei die absoluten Zahlen durchaus aufhorchen lassen: Immerhin 44 Fahrzeuge waren am Bollwerk zwischen 70 und 80 km/h schnell, zwölf rasten mit bis zu 90 km/h durch die Konrad-Adenauer-Allee und ganze sechs Fahrer erreichten eine Geschwindigkeit zwischen 90 und 100 km/h. Den Negativrekord setzte im betrachteten Zeitraum ein Fahrzeug, das mit unglaublichen 127 km/h unterwegs war.

Völlig nutzlos ist der Smiley, der die Verkehrsteilnehmer über ihre aktuelle Geschwindigkeit informiert im übrigen nicht: Eine rot leuchtende Anzeige bewegt so manchen Fahrer dazu, auf die Bremse zu tippen: Die sogenannte Austrittsgeschwindigkeit beträgt an der Messstelle durchschnittlich 39 km/h, was einer durchschnittlichen Reduktion der Geschwindigkeit um 5 Prozent entspricht.

Polizei kündigt Kontrollen an

Darüber, dass das nicht genügt, ist man sich seitens der zuständigen Behörden einig: Im Zuge der erfassten Geschwindigkeiten kündigte die Andernacher Polizei bereits eine Geschwindigkeitsüberwachung in der Konrad-Adenauer-Allee an. Diesbezüglich sei das städtische Ordnungsamt im Gespräch mit der örtlichen Polizei, bestätigte auch Stadtpressesprecher Christoph Maurer auf Anfrage der Rhein-Zeitung.

Das Ordnungsamt habe in den vergangenen Monaten verstärkt Beschwerden wegen zu schnellen Fahrens in der Innenstadt entgegengenommen. Diese beschränkten sich allerdings nicht auf die Konrad-Adenauer-Allee, wo Tempo 30 bereits seit längerer Zeit ausgeschildert ist. Mit der im vergangenen Jahr beschlossenen Ausweitung der Tempo-30-Zone auf weitere Straßenzüge der Innenstadt sei auch die Anzahl der Beschwerden über zu schnelles Fahren gestiegen. Dem entsprechend befinde sich die Stadt in einem Dialog mit der Polizei über geeignete Maßnahmen.

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