30-jähriger Andernacher hatte Polizisten mit Tritt gegen den Kopf lebensgefährlich verletzt - Gericht wertet Tat als versuchten Totschlag
Polizisten gegen den Kopf getreten: Andernacher muss nach brutaler Attacke lange in Haft
Zwei Andernacher mussten sich vor dem Koblenzer Landgericht wegen des brutalen Angriffs auf Polizeibeamte vor einer Kneipe in der Rheinstraße im vergangenen Herbst verantworten. Jetzt fiel das Urteil.
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Andernach. Zehn Jahre Haft für die brutale Attacke gegen einen Polizisten in der Andernacher Altstadt im vergangenen Oktober (wir berichteten mehrfach), so lautet das Urteil gegen einen 30-jährigen Andernacher. Sein 29-jähriger Kumpel muss zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das Gericht sah bei dem 30-Jährigen den Vorwurf des versuchten Totschlags als erwiesen an. Außerdem wurden beide wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstand und dem tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt.

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Der Vorsitzende Richter Reiner Rühmann sagte im Urteilsspruch, dass dem Gericht klar sei, dass mit den harten Strafen massiv in das Leben der Verurteilten eingegriffen wird: „Doch es ist wichtig, klarzumachen, dass eine solche Tat, für die es auch nicht ansatzweise einen vernünftigen Grund gab, nicht hinzunehmen ist.“ Das Gericht folgte weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft und wertete die Tat des 30-Jährigen als versuchten Totschlag. „Durch den Tritt ins Gesicht des knieenden Polizeibeamten haben sie nicht nur den Tod des Polizeibeamten in Kauf genommen, sondern auch sich selbst an die Wand genagelt und ihr Leben weggeworfen“, wandte sich Rühmann an den Hauptangeklagten.

Das Gericht hatte zwar eine mögliche Enthemmung durch Alkohol erkannt, ist aber der Einschätzung des forensischen Sachverständigen Peter Neis gefolgt, der trotz einer möglichen Alkoholisierung von 1,21 Promille im Fall des Hauptangeklagten und knapp 2 Promille im Fall seines Freundes von keiner verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen ist. Für seine Einschätzung hatte sich der Sachverständige hauptsächlich auf die Videoaufnahmen, die den Tatablauf dokumentieren, gestützt. Und da war klar zu sehen: Der Hauptangeklagte hatte keinerlei Ausfallserscheinungen. Bei seinem 29-jährigen Kumpel habe man zwar ein Schwanken erkennen können, doch das gesamte Geschehen lasse erkennen, dass er seine Gedanken noch steuern konnte.

Opferanwältin Sandra Buhr hatte vor dem Urteilspruch noch einmal klargemacht, wie sehr ihr Mandant unter den Folgen der brutalen Tat leidet. Der 37-jährige Familienvater hatte etliche Frakturen des Schädels erlitten. Er befindet sich noch immer wegen neurologischer und psychischer Folgen in Behandlung. Es ist nicht absehbar, ob oder wann er wieder seinen Dienst ausüben kann. Buhr sagte: „Mein Mandant wurde gerufen, um zu helfen. Am Ende musste ihm geholfen werden.“ Besonders für dessen Frau hätte sie sich gewünscht, dass im Prozess geklärt worden wäre, warum diese schreckliche Tat geschah.

Staatsanwalt Konstantin Habermehl wählte in seinem Plädoyer drastische Worte: „In den Videoaufnahmen wurde die völlige Missachtung der Autorität der Polizei greifbar. Es war auch greifbar, wie asozial sie sich verhalten haben“, so Habermehl zu den Angeklagten. Eine bittere Schlappe dürfte das Urteil für die beiden Verteidiger der Angeklagten sein. Rechtsanwalt Philipp Grassl, der zwar die moralischen Ausführungen der Staatsanwaltschaft teilt, hatte für den Hauptangeklagten eine Haftstrafe von höchstens vier Jahren gefordert. Der 30-Jährige habe den Tritt keinesfalls in Tötungsabsicht ausgeübt: „Mein Mandant ist fassungslos wegen dem, was geschehen ist. Denn für ihn verdienen Polizeibeamte den höchsten Respekt.“ Er wies in seinem Plädoyer zudem darauf hin, dass sein Mandant bereits 2500 Euro Schmerzensgeld überwiesen habe. Sein Kollege Stefan Schmidt hingegen schilderte, dass sein Mandant erst nach einer Verkettung von Umständen aggressiv wurde und er keinesfalls für den Tritt verantwortlich gemacht werden könne. Für Schmid war auch klar, dass das Gericht von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgehen müsse.

Das letzte Wort hatten die Angeklagten. Der 30-Jährige entschuldigte sich unter Tränen bei seiner Familie und dem Polizisten. Auch sein Kumpel entschuldigte sich bei den Beamten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Von unserer Mitarbeiterin Ricarda Helm

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