Zu Beginn der jüngsten Kreistagssitzung wartete Landrat Alexander Saftig mit der positiven Aussage auf, dass die Verwaltung vorschlägt, die Kreisumlage bei 44,33 Prozent zu belassen und nicht wie eigentlich nötig um 0,5 Prozentpunkte (gleich 1,5 Millionen Euro) zu erhöhen. Dies könnte nach einem Vorgespräch mit der Aufsichtsbehörde ADD „dank guter Begründungen“ womöglich genehmigungsfähig sein. Alle acht Farben im Kreistag stimmten dem Haushalt 2023 zu.
Worin will der Kreis im nächsten Jahr Geld investieren? 16,81 Millionen Euro will der Kreis in Maßnahmen stecken. Gut ein Viertel fließen in den Bereich Umwelt und Bauen. Dazu zählt der Zivil- und Katastrophenschutz mit 2,16 Millionen Euro. Darunter sind 570.000 Euro als Zuwendung für Städte und Verbandsgemeinden, damit diese ihre Sirenenanlagen modernisieren oder erweitern.Und auch Gelder zur Frühwarnung bei Hochwasser für Elz (30.000 Euro) und Nette (60.000 Euro). Schulen und Bildung werden 2,93 Millionen Euro zugeordnet, und zwar für Baumaßnahmen, Ganztagsangebote und die Verwirklichung des Digitalpaktes. „Wir wollen dies mit Vollgas verwirklichen, deswegen fließt viel Geld in Bildung und Ausbildung“, sagte CDU-Fraktionsvize Jörg Lempertz. Die nächste Ausbaustufe des Pilotprojektes „Smart Cities MYK10“ macht sich mit 3,5 Millionen Euro im Haushalt bemerkbar. Angeschafft werden sollen Hard- und Software sowie Büroausstattung für sogenannte Regio-Hubs, also Stützpunkte in den Gemeinden. Aus dem Kreisstraßenprogramm mit gut 4 Millionen Euro ragen die Projekte K 82 Niederwerth (1,9 Millionen) und Erneuerung der K20 zwischen Mayen-Hausen und der K93 (1,35 Millionen) heraus. Ekkehard Raab (FDP) brachte dies süffisant auf die Formel: „Gute Straße gleich Kreisstraße, schlechte Straße gleich Landesstraße.“
Wie bewerten die Fraktionen das Zahlenwerk? Drei Jahre Krisenmodus: Die Folgen seien für jeden spürbar, sagte Jörg Lempertz. „Aber wir Kommunen können Krisen“, betonte er und verwies darauf, dass die Dinge, die in Berlin oder Mainz beschlossen werden, „am nächsten Morgen am Ort in die Umsetzung gebracht würden“. Lempertz lobte ferner Investitionen in den Katastrophenschutz und den ÖPNV. Dass der Kreis bis 2040 klimaneutral wirtschaften wolle, sei mit „einem ganzen Blumenstrauß an Erstmaßnahmen“ im Etat hinterlegt. Lempertz betonte, dass der Verwaltung ein Kraftakt gelungen sei, mit dem das prognostizierte Defizit von 25 auf 7,7 Millionen Euro habe reduziert werden können.
Ralf Schmorleiz, der Sprecher von FWG-MYK, überraschte mit drei konkreten Verbesserungsvorschlägen für die Zukunft. In dem „schwierigen Haushalt“ müssten Kernaspekte auf den Prüfstand. Da das Kreishaus „aus allen Nähten“ platze, sei überlegenswert, ob die Kfz-Zulassung nicht gemeinsam mit der Stadt betrieben werden solle. Ebenso solle die Verwaltung prüfen, ob digitale Prozesse nicht optimiert werden könnten. Außerdem sollte dauerhaft der Ältestestenrat – er tagte kürzlich erstmals mit Verwaltungsspitze und Fraktionschefs – fest implementiert werden. Zur Ausgabenoptimierung zählte Schmorleiz, dass von 3,3 Millionen Euro an freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben zehn Prozent gestrichen werden sollten, ohne dass ehrenamtliche Tätigkeit tangiert würde. Dies rief Klaus Meurer (Grüne) auf den Plan, der davor warnte, an ehrenamtlicher Arbeit herumzuschrauben. Er richtete das Augenmerk auf die Artenvielfalt. Dazu sei das Grüne-Dächer- und Fassadenbegrünungsprogramm wertvolle Beiträge. „Jede Art, die verloren geht, kehr nicht zurück, und so sägen wir den Ast ab, auf dem wir sitzen“, sagte Meurer.
Ekkehard Raab (FDP) sagte, angesichts von Ausgaben von 451 Millionen Euro (2022: 411) bei Einnahmen von nur 441 Millionen Euro (2022: 394) habe der Kreis „ein Ausgabenproblem“. Das sei auch dem „Griff in unsere Kasse“ durch die Kosten des ÖPNV geschuldet. Die Leistungen würden mit Verzögerung vom Land nicht vollständig ausgeglichen.
Walter Scharbach (AfD) verlangte gar, alles auf den Prüfstand zu stellen. So sei zu hinterfragen, „ob wir nicht Buslinien einsparen können, die kaum genutzt werden“. Bei der Digitalisierung müsse man besser werden, kritisierte Achim Hütten. Der SPD-Fraktionschef nannte als Beispiel, dass nur 0,03 Prozent der Menschen ihr Auto online zulassen würden – der bürokratische Aufwand sei zu hoch, die Bedienfreundlichkeit nicht gegeben. Überhaupt müsste mehr digitaler Dialog mit der Verwaltung angeboten werden. Insofern brauche man, das, was im Jahr der Zeitenwende von Kanzler Olaf Scholz als „Deutschland-Tempo“ propagiert werde: schnell entscheiden, rasch umsetzen.