An diesem Tag kommt Wolfgang Treis mit einem schwarzen Fahrrad um die Ecke, ein Dienstfahrrad. Kein neuer Skandal zieht herauf, dieses Rad dürfen ja alle Mitarbeiter der Stadtverwaltung besteigen. Treis steuert das Brückentor an, einstmals von besonderem Glanz – und von Bedeutung in Mayen als Einfalltor aus Richtung Ettringen und der Pellenz in die Innenstadt. „Mir blutet das Herz, dass es hier keine Belebung gibt“, sagt Treis unumwunden. Diese Ecke der Innenstadt sei bezaubernd, sie werde bei fast jeder Festivität von der Stadt in den Vordergrund gerückt. Hat hier Stadtpolitik versagt? Angesichts von fast einem Dutzend Leerständen drängt sich diese Meinung auf. Aber Treis versichert, dass „alles Mögliche“ versucht werde, um Gewerbe anzusiedeln. „Gastronomie und ein Café wären ideal“, sagt Treis. Und hegt „einen kleinen Traum“, wie er sagt: In das frühere Ankergeschäft Reuffel könne er sich einen Unverpackt-Laden gut vorstellen. Solche Läden, die ohne unnötige Plastikverpackungen auskommen, befinden sich in Trier und Koblenz auf Erfolgskurs. Aber: Die Stadt kann bürokratische Hindernisse aus dem Weg räumen, sie kann keine Mietverträge schließen.
Quasi über den „zweiten Bildungsweg“ kam Wolfgang Treis zur Politik. Bis 2011 hat der gelernte Sparkassen-Betriebswirt die städtische Politik nur von einer entfernten Warte aus betrachtet, war eher distanziert. „So wie Politik damals in Mayen betrieben wurde, hat sie mich abgeschreckt.“ Beim Aufkommen der Freien Wähler habe er „kurz gezuckt“, dann aber auf die grüne Karte gesetzt, zumal die FWM aus heutiger Sicht „sich fast im gleichen Fahrwasser wie andere“ befinden. Bei den Grünen habe er Freiräume entdeckt, er hat sich gleich beim Eintritt im August 2011 wohl gefühlt in der Partei, die in Mayen gerade im Entstehen war. Aber für ihn ist es wichtig, Umweltpolitik auch im Lichte von Wirtschaftsentwicklung zu sehen. „Ich bin nicht der militante Grüne, wenn es ums Baumabmachen geht“, sagt der E-Auto-Fahrer.
Umwelt und Wirtschaft sieht der Kandidat im Gleichklang
Man könne nicht über allem thronen und dabei wichtige Eckpfeiler vergessen: „Man kann nur was bewegen, wenn man aus seiner Ecke herauskommt“, betont er. So müsse man die Wirtschaft am Laufen halten. Im Übrigen ist der amtierende Grünen-Fraktionschef im Kreistag überzeugt, dass das traditionelle Lagerdenken passé ist: Er findet „Jamaika“ im Kreis „sehr gut“, kann sich im Bund ein schwarz-grünes Regierungsbündnis ebenfalls sehr gut vorstellen.
Das grüne Stadtoberhaupt lehnt sich an den Brunnen. Für ihn ist es vordringlich, von hier aus den gesamten Bereich des Quartiers zu entwickeln, um die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu verbessern. Brückentor, Brückenstraße, Stehbach sollen attraktiver werden, den Aufschlag habe man auch mit der Umgestaltung der Netteterrassen gemacht.
Ein entscheidender Aspekt ist es, den Parkplatzsuchverkehr in der City zu verringern. Ein wichtiges Element: die zu bauende Parkgarage im Hombrich. „Wir wollen durch die Parkgarage den Parkverkehr konzentrieren und damit die Wohnqualität insgesamt erhöhen.“ Wichtig sei es, dass Menschen wieder in die Innenstadt ziehen, dort soll vermehrt barrierefreier Wohnraum geschaffen werden – für Singles, aber auch für Familien mit Kindern. Im Blick sind konkret die Bereiche „Alte Hohl“, Mozart- und Kolpingstraße. Er wolle die Menschen, die dort schon wohnen, aber jetzt allmählich in die Jahre kommen, „dafür begeistern“, ihre größeren Objekte abzugeben und Jüngeren freiwillig Platz zu machen. Da ist einiges Wunschdenken dahinter: „Ich hoffe, das funktioniert über Generationen hinweg.“
Er denkt in „Sozialräumen“, nicht in Bevölkerungsgruppen: Deshalb strebt Treis an, einen Sozialbeirat zu formieren, um die Akteure aus fünf städtischen Ausschüssen besser zu vernetzen und Kräfte zu bündeln. „Ich möchte gerne das Gemeinsamkeitsdenken betonen.“
Der Verkehr auf den Ringen, durch die Kreisel ohnehin gebremst, soll „entschleunigt werden“, Radfahrer mehr Platz für sich beanspruchen dürfen. Radwege müssten da, wo es geht, breiter ausgebaut werden und mit Radfahrschutzstreifen versehen werden. „Ein wenig stolz“ ist Treis, wenn er auf den Bahnhof Mayen-Ost zu sprechen kommt. Nach „schwerem Kampf“ mit dem Eigentümer sei aus einem Schandfleck in Mayen ein vorzeigbarer Ort dank einem guten Konzept entstanden, die bauliche Aufwertung von privater Seite tue ihr Übriges hinzu.
Das immer grüne Projekt Hotelbau steht oben auf der Agenda
Ein Herzensanliegen der Mayener Politik seit mindestens 15 Jahren ist der Bau eines großen Hotels. Für Treis kein Wolkenkuckucksheim, denn der Bedarf sei aufgrund des Besuchs von vielen Touristen, aber insbesondere von Geschäftsleuten gegeben. Insgesamt sollen neue touristische Felder erschlossen werden. „Wir brauchen größere Veranstaltungen, so will ich gerne die Landesgartenschau nach Mayen holen“, sagt Treis. Er habe sich mit Erfolg eingesetzt dafür, dass das gläserne SWR-1-Studio 2018 und der Ehrenamtstag in Mayen Station gemacht haben. Als ständiges Glanzlicht schwebt Treis ein Baumwipfelpfad mit Aussichtsturm oder analog zum Hunsrück-Vorzeigeprojekt „eine Geierlay zwei“, eine Hängeseilbrücke in der Ahl, vor.
OB sein, was überwiegt: Last oder Lust? Treis ziert sich nicht lange, blickt auf Passanten, die ihm einen Gruß zurufen: „Dies ist für mich eine schöne Bestätigung, denn bisher hat mich noch keiner beschimpft.“ Er ist überzeugt, dass die Mehrheit der Mayener mit seiner Politik zufrieden ist. Ein Pluspunkt aus seiner Perspektive: „Ich will authentisch und ehrlich bleiben, andernfalls verstricht man sich.“ Freilich sei der Gestaltungsspielraum nur in Teilbereichen gegeben, er könne aber wertvolle Anstöße liefern. Was ihm zugutekommt, ist die Muttersprache. Das Mayener Platt eröffne einem die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Menschen zu reden. Und: „Man findet im Platt sogleich eine andere Gesprächsebene.“ Und sprudelt sogleich im Dialekt los, was er machen würde, wenn es am Sonntag oder am 27. September nicht hinhauen wird. „Ich habe beim Bund den Lkw-Führerschein gemacht, und wenn ich noch den Personenbeförderungsschein draufsattele, dann würde ich gerne Senioren kutschieren. Zum Beispiel zu einem Ausflug an den Gardasee. Das würde mir Spaß machen.“
In den sozialen Medien macht sich Wolfgang Treis rar. Er hat keine eigene Webseite. Infos über Treis gibt es in Facebook unter www.facebook.de