Zu einer Einwohnerversammlung mit dem Schwerpunkt Jugendkriminalität hatte die Stadt Andernach eingeladen. Zwar habe man es im Bereich der klassischen Jugenddelikte – Diebstahl, Sachbeschädigung und Körperverletzung – jährlich lediglich mit einer mittleren zweistelligen Anzahl von Taten zu tun, berichtete der Leiter der Polizeiinspektion (PI) Andernach, Martin Hoch. Doch nicht jeder Andernacher fühlt sich in den Abend- oder Nachtstunden in der Innenstadt wohl, machten die Wortmeldungen der Anwesenden deutlich.
„Es gab Entwicklungen, die passen uns nicht“, sagte Oberbürgermeister Christian Greiner (FWG) zu Beginn der gut besuchten Veranstaltung im Ratssaal des Historischen Rathauses. Sachbeschädigungen beispielsweise durch Graffiti seien in den vergangenen Monaten gehäuft aufgetreten. In zahlreichen Gesprächen mit Bürgern habe er den Eindruck erhalten, dass das subjektive Sicherheitsgefühl bei einigen beeinträchtigt sei, erklärte auch PI-Leiter Hoch: „Jugendliche, die lautstark in Gruppen auftreten, können für Unwohlsein sorgen.“
Polizei will an neuralgischen Orten mehr kontrollieren
Die persönlichen Sorgen der Bürger um die eigene Sicherheit nehme man seitens der Andernacher Polizei sehr ernst, betonte Hoch, weswegen man ein Konzept entwickelt habe, das unter dem Leitspruch „Präsenz und Prävention“ Straftaten verhindern soll. Unterstützt vom Ordnungsamt der Stadt werde man verstärkt Kontrollen durchführen und Gruppen, die sich auffällig verhalten, ansprechen. Dabei werde man neuralgische Orte, wie das Karree in der Läufstraße, den Historischen Garten oder den Bereich am Mariendom rund um den Jugendtreff „Tresor“, verstärkt in den Blick nehmen.
Was die Anwohner der beliebten Treffpunkte für Jugendliche und Heranwachsende regelmäßig erleben, schilderte unter anderem der Vorgänger von Claus Peitz im Amt des Bürgermeisters, Josef Nonn. Wer unweit des Historischen Gartens wohne, habe ganzjährig mit Lärmbelästigungen durch alkoholisierte Gruppen zu kämpfen. Es komme dort zu Sachbeschädigungen, die Grünanlage werde vermüllt und Drogen konsumiert. Auf Ansprache reagierten die Jugendlichen aggressiv, schilderte Nonn. Er hoffe daher, dass das neue Konzept Früchte trägt: „Wir wollen nachts auch ruhig schlafen können.“
„Wir haben in Andernach ganz vernünftige Jugendliche.“
Streetworker Guido Krämer
Eine weitere Bürgerin berichtete von mehreren unangenehmen Begegnungen, die sie auf dem Nachhauseweg durch die Andernacher Fußgängerzone erlebt habe. Dabei sei sie angesprochen und umringt worden. Generell fühle sie sich in der Innenstadt nicht sicher: „Ich habe nichts gegen Jugendliche, aber ich habe was gegen hochalkoholisierte Menschen.“
Inwieweit man der Lage angesichts der angespannten Personaldecke bei den beteiligten Behörden mit verstärkten Kontrollen Herr werde, wagte der ein oder andere Anwesende zu bezweifeln. Ob man stattdessen an den genannten Orten nicht eine Videoüberwachung installieren könne, lautete die Frage. Doch solchen Überlegungen erteilte Stadtchef Greiner eine Absage: Eine Projektgruppe der Verwaltung habe sich in den vergangenen Monaten mit dem Thema befasst, aber keinen Weg gefunden, wie sich eine Kameraüberwachung im öffentlichen Raum im Einklang mit dem geltenden Recht umsetzen lasse. Dazu seien die Anforderungen des Datenschutzes zu hoch.

Anstatt lediglich auf mehr Kontrollen zu setzen, müsse man das Augenmerk auch auf die Bedürfnisse der Jugendlichen in der Stadt richten und ihnen entsprechende Angebote machen, hieß es in mehreren Redebeiträgen. „Es ist wichtig, auch mit den Jugendlichen zu sprechen statt nur über sie“, sagte eine Bürgerin. Die meisten seien für eine direkte Ansprache offen, auch wenn es Ausnahmen gebe, erklärte Streetworker Guido Krämer: „Wir haben in Andernach ganz vernünftige Jugendliche.“
Polizeichef Hoch verwies in diesem Zusammenhang auf die geplanten Runden Tische aller, die sich in der Stadt beruflich mit Jugendlichen beschäftigen, um im gegenseitigen Austausch den Ursachen für auffälliges Verhalten auf den Grund zu gehen: „Wir wollen das Thema ganzheitlich beleuchten.“
Häusliche Probleme als Ursache für auffälliges Verhalten
Von seinen Mitarbeitern im Jugendamt wisse er, dass so mancher, der unangenehm auffällt, mit häuslichen Problemen zu kämpfen habe, sagte auch OB Greiner: „Wir haben Familien, in denen die Jugendlichen einen ganz schön schweren Rucksack mit sich tragen.“ Man werde, um besser auf die Bedürfnisse junger Menschen eingehen zu können, prüfen, welche Form der Jugendbeteiligung sich für Andernach eignet. Außerdem gebe es nach wie vor Bemühungen, im Innenstadtbereich einen weiteren Standort für ein JUZ zu etablieren.
Insgesamt falle auf, dass nur eine kleine Minderheit der Jugendlichen über die Stränge schlage, sagte ein Anwohner des Karrees in der Läufstraße. Die müsse man nun verstärkt in den Blick nehmen: „Das sollte doch in den Griff zu bekommen sein!“ Der Leiter der PI Andernach, Martin Hoch, kündigte an, in regelmäßigen Abständen prüfen zu wollen, inwieweit die Umsetzung des neuen Konzepts für Verbesserungen sorgt.