„Es ist uns eine Freude, in Zeiten der Pandemie ein ,Corona-Antivir-Modell’ mit verschiedenen Stockwerken, die vielen Tierarten einen geeigneten Wohnraum bieten, zu bauen“, erzählen Mary und Hans-Josef Gerharz. Die beiden waren in den vergangenen Wochen viel in der Natur unterwegs und haben die Zeit intensiv genutzt, um einen Lebensturm zu bauen. „Es war keine Arbeit, es war für uns vielmehr Freude pur.“ Warum die beiden ehrenamtlich Tätigen aus Nachtsheim sich diesem Projekt gewidmet haben, erklärt das Ehepaar folgendermaßen.
Das Artensterben und der fortschreitende Klimawandel seien zwei der größten Herausforderungen für die Menschheit. „Einige Wissenschaftler sehen im Schwund der Arten eine noch größere Bedrohung für die Welt als im Klimawandel.“ Jeder Mensch könne mit wenigen, nicht aufwendigen Aktivitäten dieser Entwicklung entgegenwirken, betont das Ehepaar. Mit Elke Schmitt-Ebi waren schnell eine geeignete Befürworterin und auch ein Standort für den Lebensturm gefunden. Planung und Ausführung wurden von der Revierförsterin begleitet. Zunächst sammelten Mary und Hans-Josef Gerharz Materialien in Wald, Wiesen und Feldern. Im untersten Stockwerk wurden Fragmente von Bruchsteinen, Sand und Laub aufgeschichtet. Hier fühlen sich Molch, Eidechse, Kröte und Igel zu Hause. Hübsch anzusehen ist beispielsweise auch ein mit Stroh gefüllter kleiner Tontopf. In das darüber liegende Stockwerk wurde Totholz aufgestapelt. Es ist für viele Insekten Nahrung, Versteck oder Baumaterial. Im dritten Stockwerk befinden sich Geäst, Schilfgräser und markhaltige Pflanzenstängel. Hier nisten sich Wildbienen und Käfer ein. Unter dem Dach des hohen Turms wurden Nistkästen und Insektenhotels angebracht. „Die noch freie Fläche möchten wir in Kürze mit frischem Stroh befüllen.“ Hier findet sich genügend Raum für Höhlen- und Halbhöhlenbrüter.
Die Löcher haben die beiden zu Hause in die dicken Baumstämme gebohrt. „Das war ganz schon viel Arbeit“, so Mary Gerharz. Am Fuße des Lebensturms befindet sich ein kleines, auf den ersten Blick unscheinbares Biotop. Doch Lehm und Ton, der hier feucht gehalten wird, ist wertvolles Baumaterial für Insekten. An warmen Tagen ist das Biotop für Insekten eine Wasserstelle. Während Mary und Hans-Josef Gerharz mit Elke Schmitt-Ebi plaudern, flattert eine Meise ganz aufgeregt durch die Luft „Sie möchte unbedingt so schnell wie möglich in den Nistkasten“, erklärt Hans-Josef Gerharz. Im Herbst wird rund um den Lebensturm eine Wildblumenwiese angelegt. Zudem wird eine Stele aus Basalt, die ihren Platz schon eingenommen hat, mit einer Infotafel bestückt. „Denn genau hier fanden vor Jahrhunderten Hexenverbrennungen statt“, so Hans-Josef Gerharz. Eine Wäscheleine, an der Wanderer bei Bedarf ihren Kleinmüll aufhängen können, sowie ein kleiner, bunt bemalter Hinguckerstein haben im Umfeld des Lebensturms ebenfalls eine Bleibe gefunden. Es würde die Erbauer freuen, wenn der Lebensturm Wanderer zum Nachdenken und Nachbauen anregen würde.