Bisher nicht bestätigte Diagnose einer schizoaffektiven Störung geistert durch Akten der Beschuldigten
Nach Messerangriff in Ochtendung: Ehemann entlastet seine Frau
Justitia
Eine Rolle für das Urteil spielte, dass es weder vorher noch nachher zu einem Gewaltausbruch bei der Frau gekommen war.
dpa

Es war wohl eine Ausnahmesituation für eine 53-jährige Beschuldigte. Am 17. Februar 2021 hat die Frau in Ochtendung ihrem 60-jährigen Ehemann ein Küchenmesser in den linken Oberschenkel gerammt. Vorausgegangen war wohl ein Streit.

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Jetzt steht sie vor dem Landgericht Koblenz und die 10. Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Michael Krack hat die Aufgabe, die Geschehnisse zu klären. Dabei geht es für die Beschuldigte um sehr viel, denn aufgrund einer psychischen Erkrankung soll sie dabei im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt haben, weshalb die Staatsanwaltschaft mit ihrer Antragsschrift deren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anstrebt.

Von Angriff völlig überrascht gewesen

Die Frau gibt den Angriff zu, ihr Mann, also das Opfer, trug aber am ersten Prozesstag deutlich zu ihrer Entlastung bei. „Wir hatten Essen bestellt, das kam auch, und dann sagte ich, ich habe keinen Hunger“, sagte der 60-Jährige aus. Der Mann ist extrem dünn, bewegt sich nur schwer und mit Krücken vorwärts, was aber nichts mit dem damaligen Angriff zu tun hat. Dafür möglicherweise mit dem Grund für den Streit. „Ja klar macht sich meine Frau um mich Sorgen, ich mir ja auch“, berichtete er. An diesem bewussten Abend jedenfalls habe er gesagt, er habe noch keinen Hunger. „Auf einmal steht sie auf und jagt mir das Messer ins Bein“, erklärte er. Davon sei er völlig überrascht gewesen. Aber danach habe sie sich mehrmals bei ihm entschuldigt und die Wunde verbunden, während er den Notruf alarmierte.

Dem Gericht liegen Fotos des Messers vor, aber das wollte der 60-Jährige nicht identifizieren. „Du hast doch das kleinere genommen“, sagte er mit Blick auf seine Frau. Die Wunde sei höchstens zwei Zentimeter tief gewesen, nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus zum Nähen sei er daher nach Hause zurückgekehrt und habe nachher auch keine Schmerzen mehr gehabt. Auch streite er sich selten mit seiner Frau. Nur manchmal. Dann sei sie wie Milch. „Die wird ja dann auch sauer“, ergänzte er trocken. Für ihn ist derzeit wieder „alles in Ordnung“. Dass er ein Alkoholproblem hat, wie auch die gemeinsame Betreuerin des Paares vor Gericht aussagte, wollte er nicht zugeben. Auf die Nachfrage der Staatsanwältin, wie viel Alkohol er trinke, antwortete er: „Genug. Aber soviel ist es nun auch nicht.“ Er grenzte es auf fünf Dosen Bier pro Abend ein.

Diagnose der Gutachter steht noch aus

Nun hat die Frau, die jeden Tag in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, in den letzten 20 Jahren mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie hinter sich, neben Depressionen und einer Intelligenzstörung geistert seit dieser Zeit die Diagnose einer schizoaffektiven Störung durch ihre Akten, die der zuletzt behandelnde Oberarzt des Rhein-Mosel-Fachklinikums allerdings nicht bestätigen konnte. „Es ist möglich, dass sie vorliegt, im Moment jedenfalls ist sie nicht wahrnehmbar“, fasste der Mediziner seine eigenen Eindrücke zusammen. Wobei er zugeben musste, sich kaum an seine Patientin zu erinnern, er stützte sich daher eher auf vorhandene Akten. Gleich zwei weitere, forensisch-psychiatrische Gutachter sind im Prozess anwesend, ihre Fachkompetenz wird letztlich über das weitere Leben der 53-Jährigen entscheiden.

Der Prozess wird am 29. November fortgesetzt.

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