Ackermann und die Bistumsleitung hatten daraufhin in der vergangenen Woche alle Beteiligten, darunter die Dekanatsleitungen und die designierten Leitungsteams, über die Ergebnisse eines Gesprächs in Rom unterrichtet und die nächsten Schritte diskutiert. Eine der rund 200 Teilnehmer war Evelyne Schumacher, Gemeindereferentin der Pfarreiengemeinschaft Mayen und zugleich designiertes Mitglied des Leitungsteams der Pfarrei der Zukunft (PdZ) Maifeld-Untermosel. Schumacher hatte gehofft, dass man mit der PdZ starten könne: „Das Vorhaben von Bischof Ackermann war richtig“, sagt sie.
Nach den jüngsten Gesprächen in Trier sei die Ernüchterung gekommen. „Es wird behutsame Veränderungen, wie Rom es sich wünscht, geben.“ Sie habe sich gefragt: „Was ist mir wichtig? Wir sind herausgerufen!“ Dieses Wort der Synode sporne sie bis heute an, in dieser Kirche zu leben und zu arbeiten. „Dafür stehe ich auch weiterhin ein, auch wenn diese Vision – wie wollen wir in Zukunft Kirche sein – so wie es nach der römischen Entscheidung aussieht, wohl einen langen Atem braucht.“ Sie hofft, dass die Mühen im Vorfeld und nun bei der Nachbearbeitung die Befürworter und Gegner der Synode zusammenführt. Es gelte eine Zeitschiene zu entwickeln, so Schumacher, dem kirchlichen Leben einen verlässigen Rahmen zu geben, mit dem alle Menschen klarkommen.
Marco Sauerborn, ebenfalls designiertes Mitglied des Leitungsteams der PdZ Maifeld-Untermosel, hebt hervor: „Bei sämtlichen alternativen Denkmodellen − auch in der Pressekonferenz diskutierten – handelt es sich nur um erste Ideen, die noch nicht ansatzweise durchplant sind.“ Einigkeit bestehe unter den Leitungsteams jedenfalls dahingehend, dass ein Verbleiben beim vorsynodalen Ist-Zustand keine Option ist. „Das Reform-Vorhaben ist nicht tot ist.“
Während die Gespräche in Trier liefen, hatte unsere Zeitung mit Kritikern und Befürwortern der Reform gesprochen. Zwar gibt es erhebliche Kritik zum Tempo der Umsetzung, gleichzeitig haben die Gläubigen aber auch Verständnis für strukturelle Veränderungen. Dass es nicht immer leicht sei in dieser großen Kirche, erfahre man jetzt, meint Jutta Syré-Gross, Ehrenamtlerin in Mendig.
Aus fast 900 Kirchengemeinden 35 Großpfarreien zu machen, höre sich erst einmal unrealistisch an, „aber genauso unrealistisch ist es zu meinen, dass alle weiterhin von Pfarrern – und ausschließlich von Pfarrern – geleitet werden können“, sagt sie und fragt deshalb, ob das Priester-Sein immer mit einer Leitungsfunktion verbunden sein müsse. Denn die Zahl der Priester und Pfarrer im Bistum lasse das nicht zu. Syré-Gross ist der Meinung, Bischof Ackermann hätte Rom noch früher einbeziehen und Signale von dort einfordern können.
Peter Degen, Ansprechpartner der Messdiener der Innenstadtpfarreien Mayen, stand der Synodenumsetzung kritisch gegenüber, da seiner Meinung nach viele Themen noch nicht ausgereift beziehungsweise zu Ende gedacht waren. „Eine Umstrukturierung oder Neugestaltung ist unausweichlich“, sagt er. „Hier denke ich sind sich alle − Kritiker wie Befürworter − einig.“
Bei aller Freude, die bei den Kritikern aufgrund des Eingreifens durch Rom eventuell vorherrsche, dürfe man jedoch nicht diejenigen vergessen, die sich auf den Start gefreut haben“, sagt Degen. „Diese werden sich letztlich nun so fühlen wie zuvor die Kritiker.“ Es gehe nicht darum, wer recht oder unrecht habe, „sondern darum, wie wir als Gläubige die Herausforderung zusammen meistern, um eine gemeinschaftliche Lösung zu finden. Eine Lösung, mit der alle zufrieden sind.“ Bei der Anzahl der Katholiken und der Größe des Bistums hält er dies jedoch für unmöglich.
Linda Barz mutmaßt, dass „die Großpfarreien die Probleme der Katholischen Kirche noch vergrößern.“ Das sei scheinbar egal, meint sie, Hauptsache es werde Geld eingespart. Sie sieht keinen Versuch, dem bestehenden Priestermangel entgegenzuwirken, so Barz. „Wenn einem Unternehmen die Bewerber fehlen, sucht es zuerst den Fehler bei sich selbst. Und was machen die Verantwortlichen unserer Kirche?“, fragt sie. Stattdessen ziehe man sich zurück, plane Großpfarreien. Die verheiratete Mutter und Oma aus Ettringen sieht die große Gefahr der Entfremdung zwischen Priester und Gemeinde. Sie befürchtet, dass die Kirchenbesuche noch weiter zurückgehen und es noch mehr Austritte geben wird. „Wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht, aus denen man auch lernen kann“, sagt Barz. „Dafür braucht unsere Kirche aber viel zu lange.“
Marie Therese Adler, Vorsitzende des Verwaltungsrats St. Clemens in Mayen, ist sich sicher, dass es nicht so geht, wie es Bischof Ackermann geplant hatte. „Man hätte den Leuten im kirchlichen Ehrenamt das Gefühl geben müssen, dass man sich auch mit deren Einwänden intensiver befasst“, meint die 77-Jährige. „Aber das war nicht der Fall. Jetzt ist die Quittung dafür gekommen.“ Für die Ehrenamtler in den Gemeinden hofft sie, dass die Kirche auf ihr Engagement zurückkommt und sie nicht vor den Kopf stößt. „Es ist Zeit für alle, in sich zu gehen und zu überlegen, wie man es besser machen kann.“
Willi Brück, Mitglied des Monrealer Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrates, hofft und wünscht, dass die angedachte Großpfarreienlösung nicht kommt: „Mit der angedachten Reform hat man keinen einzigen Priester mehr.“ Die nicht in Leitungsfunktion befindlichen Priester würden in der XXL-Einheit herumgereicht. Die personenbezogene Seelsorge, der Dienst am konkreten Menschen, meint Brück, gehe so weitestgehend verloren. „Jahrhundertealte Pfarreien und deren Pfarrkirchen werden nicht mehr als solche existieren“, so der 82-Jährige.
Er ist der Meinung, dass man rechtzeitig den Pflichtzölibat hätte abschaffen und Frauen zu Weiheämtern zulassen sollen. „Dann wäre man heute nicht in diesem Dilemma“, sagt Brück. „Die Kirche und das Kirchenleben werden erhebliche Einbrüche erleben. Die Freude am Mitmachen wird enorm nachlassen.“