So geht es selbst seiner Tochter Catharina: Sie erinnere sich noch genau daran, wie sie am Morgen, nachdem ihr Vater erstmals zum Stadtchef gewählt worden war, stolz in der Kita Maria Himmelfahrt berichtete, dass ihr Papa jetzt der Oberbürgermeister ist, erzählte die 34-Jährige vor mehreren Hundert geladenen Gästen, die anlässlich der feierlichen Verabschiedung von Achim Hütten aus dem Amt in die Mittelrheinhalle gekommen waren.
Am 18. August 1994 wurde Achim Hütten, der zuvor knapp zwei Jahre lang Bürgermeister der Stadt war, zum Oberbürgermeister ernannt. „Eine Ära geht zu Ende“, beschrieb Bürgermeister Claus Peitz den zum Monatsende anstehenden Amtswechsel. Der Platz in der „guten Stube“ der Stadt, deren kürzlich abgeschlossene Sanierung zu den Großprojekten gehört, die Achim Hütten in seiner fast 29-jährigen Amtszeit erfolgreich umsetzte, reichte nicht aus, um alle beruflichen wie privaten Weggefährten aufzunehmen.
Du wirst immer ein Teil unserer Stadt und unserer Herzen bleiben.
Clemens Hoch
Bürgermeister Claus Peitz, der durch das Programm führte, begrüßte neben dem Landtagspräsidenten Hendrik Hering, den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Thomas Linnertz, den Präsidenten der SGD Nord, Wolfgang Treis, sowie die Oberbürgermeister und Bürgermeister der benachbarten Kommunen. Eingeladen waren auch die Amtsleiter der Stadtverwaltung, die Fraktionsvorsitzenden, der im Rat vertretenen Parteien, und Hüttens Vorgänger im Amt des Oberbürgermeisters, Gerold Küffmann, sowie die ehemaligen Bürgermeister Rainer Krämer und Josef Nonn.
Ein besonders herzlicher Gruß ging an Achim Hüttens Familie: Neben Mutter Marlies und Ehefrau Petra waren seine drei Geschwister zur Abschiedsfeier gekommen. Tochter Catharina wurde von ihrem Ehemann sowie den beiden gemeinsamen Kindern begleitet. Sie alle erlebten einen bewegenden Abend, an dem neben seinen politischen Errungenschaften der Mensch Achim Hütten im Mittelpunkt stand.
„Du hast die Stadt verändert wie keiner vor dir“, eröffnete Claus Peitz den Reigen der Festansprachen. Die Bilanz der fast drei Jahrzehnte sei beachtlich. Mehr als 150 Millionen Euro wurden unter Hütten in die Infrastruktur der Stadt investiert: in die Grundschulen, den Neu- und Umbau der Bürgerhäuser, die Feuerwehren, den Abriss der Weißheimer-Silos, den Hochwasserschutz, die Erweiterung der Kläranlage, den Neubau des Geysirzentrums, die Entwicklung der Essbaren Stadt, den Ausbau des Hafens, die Erschließung von zehn Wohn- und drei Gewerbegebieten – die Liste ließe sich fortsetzen.
„Wir verneigen uns vor einem großartigen Menschen und für mich persönlichen Freund“, schloss Peitz seine Ausführungen. Achim Hütten habe es wie kein anderer verstanden, andere mit seinen Ideen zu inspirieren, würdigte Gesundheitsminister Clemens Hoch das Vermächtnis seines politischen Ziehvaters. Ohne Hüttens Förderung wäre er heute nicht da, wo er ist, erklärte Hoch: „Ich habe von ihm gelernt, dass man nicht immer gewinnen kann, aber dass es sich lohnt zu kämpfen.“
Hütten habe mit viel Empathie Politik gemacht, die Interessen der Stadt und ihrer Einwohner standen im Mittelpunkt: „Was ihm wirklich am Herzen liegt, sind die Menschen.“ Die Gründung der Perspektive gGmbH, die Benachteiligten den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht, stehe exemplarisch für diese Haltung. Andernach verabschiede einen „herausragendem Oberbürgermeister“: „Du wirst immer ein Teil unserer Stadt und unserer Herzen bleiben.“
Das Amt des Oberbürgermeisters sei für ihn stets mehr eine Berufung als ein Beruf gewesen, sagte Achim Hütten, nachdem er die Entlassungsurkunde in Empfang genommen und sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen hatte. Dass er dieser Berufung in den vergangenen Jahrzehnten nachgehen konnte, habe er seiner Ehefrau Petra zu verdanken, die ihn auch in politisch schwierigen Zeiten „wie eine Löwin“ verteidigt habe.
Geprägt worden sei er vom bis heute unvergessenen Andernacher SPD-Politiker Werner Klein, der ihm nach dem frühen Tod des eigenen Vaters ein väterlicher Freund gewesen war. Auch der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Gernot Mittler, der an dem Abend zu den Gästen zählte, sowie die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping und Kurt Beck seien Vorbilder gewesen. Das Credo des letzteren „nah bei de Leut'“ habe auch sein politisches Handeln bestimmt: „Für mich war Partizipation mein täglicher Gang durch die Stadt.“ Die dabei geführten Gespräche hätten ihn spüren lassen, was die Menschen bewegt.
Gemeinsam mit den Mitarbeitern in der Verwaltung habe man zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen gehabt: die Finanzkrise 2008, die Flüchtlingswelle 2015, die Corona-Pandemie und jüngst den Ukraine-Krieg. „Ich hatte immer das Glück, die Besten um mich zu haben“, würdigte Hütten die Leistungen seiner Mitarbeiter. Am stolzesten mache ihn allerdings der Zusammenhalt der Bürger in der Stadt. „Es war mir eine Ehre“, verabschiedete sich der 65-Jährige.
Ich hatte das Glück, die Besten um mich zu haben.
Achim Hütten
Weitere politische Weggefährten blickten in Ansprachen auf die Ära Hütten zurück: „Elan für Andernach, Elan für Mayen-Koblenz, Elan für die Region – das hast du uns gezeigt“, sagte Landrat Alexander Saftig, der Hütten bereits seit der gemeinsamen Schulzeit am KSG kennt. „Er hat mit seinem rhetorischen Geschick alle mitgeholt“, erinnerte sich der Vorsitzende der Kreisgruppe im rheinland-pfälzischen Städtetag, Fred Pretz, an die gemeinsame Zeit. Trotz hitziger Diskussionen im Rat habe Hütten stets den Kompromiss gesucht, betonte Jens Groh für die Stadtratsfraktionen: „Alle wichtigen Entscheidungen fielen im großen Einvernehmen. Das ist dein Verdienst.“
Unter allen Würdigungen, die er an dem Abend erfahren durfte, haben ihn die Worte seiner Tochter besonders gefreut, erklärte Hütten, bevor das Stadtorchester Andernach, welches den Abend musikalisch gestaltete, mit einer Serenade den gemütlichen Teil einläutete. Die 34-Jährige hatte davon gesprochen, wie das Oberbürgermeisteramt die Familie beeinflusste – und das nicht immer im positiven Sinne. „Dennoch konnte ich mir keinen schöneren Beruf für dich vorstellen“, betonte sie.