Markierungen sollten starken Alkoholkonsum des Hauptangeklagten vortäuschen - Gericht verhängt Geldstrafe
Nach brutaler Attacke auf Andernacher Polizisten: Manipulierter Bierdeckel sollte mutmaßlichen Angreifer vor hoher Strafe schützen
In der Rheinstraße ereignete sich im Herbst eine brutale Attacke auf Andernacher Polizisten: Ein Beamter wurde durch einen Tritt an den Kopf schwer verletzt. Ein Freund des Hauptangeklagten wurde nun zu einer Geldstrafe verurteilt – unter anderem wegen versuchter Strafvereitelung.
Sascha Ditscher (Archiv)

Andernach. Im Fall der brutalen Attacke gegen einen 37-jährigen Polizeibeamten in der Andernacher Innenstadt (wir berichteten) hat das Amtsgericht ein erstes Urteil gefällt: Ein 29-jähriger Freund der beiden mutmaßlichen Täter (29 und 30 Jahre) muss wegen versuchter Strafvereitelung, Urkundenfälschung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und der Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel – einem Taser – 6000 Euro Strafe zahlen.

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Der Verurteilte hatte die letzten Stunden vor der brutalen Attacke mit den Hauptverdächtigten in einem Lokal verbracht. Gegen zwei Uhr – so zeichneten es die Überwachungskameras der Kneipe auf – zielt er scheinbar grundlos mit einer Gaspistole auf den Hauptangeklagten. Keinen der Gäste und Passanten scheint das jedoch zu stören. Eine Stunde später kommt es auf der Straße vor dem Lokal zu einer Schlägerei zwischen zwei größeren Personengruppen.

Als die Polizei eintrifft, ist die gewalttätige Auseinandersetzung bereits beendet. Die Beamten möchten den Sachverhalt aufklären. Dabei werden sie von den drei Freunden und anderen Kneipengästen massiv gestört. Um den Pulk von aggressiven Menschen von sich abzuhalten, droht ein Beamter damit, den Taser einzusetzen. Doch die Meute stänkert weiter: verbal und distanzlos. Plötzlich – so schilderten es Zeugen – ertönt ein lautes „Peng“ und ein Mann sackt getroffen von den feinen Drähten des Tasers zu Boden.

Dann geht es ganz schnell: Der 29-jährige Angeklagte aus dem Hauptverfahren schlägt einer Polizeibeamtin ins Gesicht und flüchtet. Der Polizist, der den Taserschuss abgegeben hat, verfolgt ihn mit dem Taser in der Hand. Er bringt den Schläger zu Fall und will ihm Handfesseln anlegen. Dabei geschieht die unglaubliche Tat, die bundesweit für Entsetzen gesorgt hat: Der 30-jährige Tatverdächtigte stürmt auf den Polizeibeamten zu und verpasst ihm einen derart heftigen Tritt gegen den Kopf, dass er dabei seinen eigenen Schuh verliert.

Sein Kumpel, dem jetzt der Prozess gemacht wurde, steht bei dem Vorfall unmittelbar daneben. Er will aber den Gewaltakt, bei dem der Polizist schwerste Kopfverletzungen erlitten hat, nicht mitbekommen haben, so hatte es der 29-Jährige als Zeuge im Hauptverfahren erklärt. Denn er habe nur den „immer noch laut brutzelnden“ Taser im Blick gehabt, um ihn an sich zu nehmen und zu zerstören, indem er ihn auf die Straße schleudert. All das dauerte nur einen kurzen Augenblick, auch das belegen die Videos aus zwei Überwachungskameras, die gestochen scharf das ganze schreckliche Szenario aufgezeichnet haben.

Dass der Bereich vor dem Lokal videoüberwacht ist – daran hat der jetzt verurteilte 29-Jährige im Adrenalinrausch anscheinend nicht gedacht. Denn nur so ist es zu erklären, dass er bei der Polizei, deren Zugriff er sich gewaltsam widersetzte, falsche Angaben gemacht hat, um seinen Kumpel, der den Beamten brutal verletzt hat, vor Strafverfolgung zu schützen.

Und nicht nur das: Er hat sogar einen Barkeeper dazu angestiftet, den Bierdeckel, auf dem der Haupttatverdächtige seine verzehrten Getränke hat anschreiben lassen, zu manipulieren. Mit zusätzlichen „Strichen“ wollte er ihm scheinbar zu einer möglichen Schuldminderung wegen zu viel Alkoholkonsum verhelfen. Auch mit diesem Vorwurf war er bereits auf dem Zeugenstuhl im Hauptverfahren konfrontiert worden. Da hatte er noch keck dem Gericht erklärt, es könne ja anhand der Videoüberwachung nachzählen, wie viel sein Kumpel getrunken habe. Der Vorsitzende Richter Reiner Rühmann hatte ihm darauf schon fast schmunzelnd klargemacht, dass das Gericht das natürlich getan habe und dabei eine Differenz zwischen Getränken und Strichen festgestellt wurde. In seinem eigenen Verfahren räumte er sodann die Vorwürfe weitgehend ein. Die Strafe von 120 Tagessätzen ist rechtskräftig.

Von unserer Mitarbeiterin

Ricarda Helm

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