Festival auf Burg Namedy
Musiktage wollen Begegnung möglich machen
Gastgeberin Heide von Hohenzollern (von rechts), der Pianist Yuhao Guo und Kulturamtsleiterin Charlotte Everling freuen sich darauf, die Andernacher Musiktage auf Schloss Burg Namedy zu einem Festival der Begegnung zu machen.
Martina Koch

Musik ist immer auch politisch, sagt der Pianist Yuhao Guo. Der 32-Jährige übernimmt im kommenden Jahr die künstlerische Leitung der Andernacher Musiktage und verteidigt die Entscheidung, russischen Komponisten einen Konzertabend zu widmen.

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Die Andernacher Musiktage auf Schloss Burg Namedy stehen seit jeher im Zeichen der Begegnung. Das nun von Freitag, 30. Mai, bis Sonntag, 1. Juni, bevorstehende 33. Festival steht außerdem ein Stück weit im Zeichen des Neubeginns. „Glut“ lautet das Motto des diesjährigen Programms. Inspiriert ist dieses feurige Motto von einem Ausspruch, der – je nachdem, wen man fragt – dem Komponisten Gustav Mahler, dem Historiker Jean Jaurès oder dem Gelehrten Rabanus Maurus zugeschrieben wird: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“

In diesem Jahr übergibt die langjährige künstlerische Leiterin der Andernacher Musiktage, Nina Tichman, die sinnbildliche Glut, die das Festivalfeuer entfacht, in jüngere Hände: Der 32-jährige Pianist Yuhao Guo, der an der Kölner Musikhochschule bei Nina Tichman studiert hat, unterstützt die Pianistin diesmal bei der künstlerischen Leitung, im kommenden Jahr übernimmt er selbst das Ruder.

Yuhao Guo ist Namedy schon lange verbunden

Guo gehört trotz seines vergleichsweise jungen Alters bereits seit vielen Jahren zur großen Wahlfamilie der Musikerinnen und Musiker, die Burg Namedy und Burgherrin Heide von Hohenzollern eng verbunden sind. Heide von Hohenzollern erinnert sich daran, dass sie Yuhao Guo bereits 2014 auf Vermittlung von Nina Tichman kennenlernte: Seitdem hat Burg Namedy einen Vertrag mit einem australischen Veranstalter von Flusskreuzfahrten, dessen Gäste regelmäßig zum Galadiner verbunden mit einem kleinen Konzert vorbeikommen.

Gestaltet wird dieses von Studierenden der Kölner Musikhochschule, die diese besondere Möglichkeit, Konzerterfahrung zu sammeln, gern nutzen: „Das ist ein Auftritt vor Publikum, das nicht wegen der Musik kommt“, beschreibt Heide von Hohenzollern. Guo selbst erinnert sich sogar noch an Auftritte in Namedy, die noch weiter zurückliegen, im Alter von 14, 15 Jahren. „Ich war schon so oft hier, es ist fast schon wie ein Zuhause.“

„Jeder war für sich genommen ein Rebell.“
Yuhao Guo über den Konzertabend mit Werken russischer Komponisten.

Bei den Andernacher Musiktagen 2024 spielte Guo vierhändig mit seiner ehemaligen Professorin Nina Tichman, was ihm persönlich viel bedeutete: „Das war ein großer Schritt in meiner künstlerischen Entwicklung.“ In diesem Jahr des Übergangs bringen Tichman und Guo nun eine Auswahl an Musikern nach Namedy, die wie das Zusammenwirken der beiden Pianisten für einen Schmelztiegel der Generationen steht: Erfahrene Künstler und junge Talente, die an der Kölner Musikhochschule studieren, sorgen für inspirierende Begegnungen auf der Konzertbühne.

Zum Auftakt am 30. Mai steht Festliches auf dem Programm: Tichman und Guo spielen vierhändig eine Auswahl schwungvoller ungarischer Tänze von Johannes Brahms, bevor das sogenannte Kegelstatt-Trio von Wolfgang Amadeus Mozart in einer ungewöhnlichen Besetzung zu Gehör kommt. Gemeinsam mit seiner Schwester, der Violinistin Linda Guo, spielt Yuhao Guo eine selbst komponierte Fantasie für Violine und Klavier. In George Gershwins „Rhapsody in Blue“ begegnen sich zum Ausklang klassische Elemente und Jazz.

Erbe russischer Komponisten nicht vernachlässigen

Das Programm am 31. Mai liegt Guo besonders am Herzen: Zu Gehör kommen ausschließlich Werke russischer Komponisten. Gerade in diesen Zeiten, in denen Putin einen blutigen Angriffskrieg in der Ukraine führt, ist es besonders wichtig zu differenzieren, ist Guo überzeugt: „Man sollte hinter die Kulissen schauen, nicht nur auf die Oberfläche.“

Dmitri Schostakowitsch, dessen Quintett op. 57 an dem Abend erklingt, war seinerzeit ein Gegner des stalinistischen Regimes. Sergei Rachmaninoff, der mit der Sonate für Violincello und Klavier op. 19 im Programm vertreten ist, ging mit seiner Familie ins US-amerikanische Exil. Sergei Prokoviev komponierte die Ouvertüre on Hebrew Themes, die auch in Namedy gespielt wird. „Jeder war für sich genommen ein Rebell“, betont Guo. Ihr Erbe sollte man angesichts eines „verrückten Autokraten“ nicht vernachlässigen.

„In dieser kritischen Zeit ist es umso wichtiger, miteinander ins Gespräch zu kommen.“
Heide von Hohenzollern

Zum Finale erwartet die Besucher das 5. Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach, das auf einem eigens gelieferten Cembalo dargeboten wird. Außerdem steht eine von György Kurtag bearbeitete Auswahl von Chorälen Johann Sebastian Bachs auf dem Programm. Felix Mendelssohn Bartholdys Oktett in Es-Dur op.20, das dieser als 16-Jähriger komponierte, beschließt den Konzertabend. „Das wird ein besonderes Highlight“, verspricht Guo.

Das vielseitige Programm steht wie die Künstler, die es darbieten, für die Begegnung. Auch dem Publikum sollen die Andernacher Musiktage Raum für Austausch bieten, erklärt Heide von Hohenzollern: „In dieser kritischen Zeit ist es umso wichtiger, miteinander ins Gespräch zu kommen.“ Schließlich habe man auch eine gesellschaftliche Verantwortung, fügt Guo hinzu: „Musik darf nicht unpolitisch sein.“

Künstlerischer Freiraum ist nicht selbstverständlich

Es sei keinesfalls selbstverständlich, den künstlerischen Freiraum zu haben, sich auf diese Art und Weise zu begegnen, betont Guo: „Da bin ich unglaublich dankbar für.“ Es seien große Fußstapfen, in die er ab 2016 als Tichmans Nachfolger trete. Doch einschüchtern lässt er sich von der Herausforderung nicht: „Ich versuche, etwas zu bewegen.“

Das Auftaktkonzert der Andernacher Musiktage ist bereits ausverkauft. Karten für die beiden folgenden Konzerte sind für 20 Euro erhältlich unter Tel. 02632/48625. Weitere Infos unter www.burg-namedy.de

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