Mayen
Müde, enttäuscht, resigniert: Mayener Genossen ist nicht nach Feiern zumute

Lange Gesichter bei der Wahlparty der SPD in Mayen: Mit nur 20 Prozent der Stimmen nach der ersten Hochrechnung fährt die SPD eine historische Niederlage ein. „Natürlich können uns 20 Prozent nicht reichen“, sagt Mayens SPD-Vorsitzender Dirk Meid. „Ich bin froh, dass der Wahlkampf jetzt vorbei ist - am Ende war es sehr frustrierend.“

Raphael Markert

Mayen. Es ist ein langer Moment der Stille, als der Balken der SPD auf lediglich 20 Prozent klettert. Kopfschüttelnd und mit frustrierten Gesichtern blicken die Mayener SPD-Mitglieder auf den Fernsehbildschirm in der Gaststätte „Zur Mühle“, auf dem sie ihre Befürchtungen mit der ersten Hochrechnung am Abend bestätigt sehen.

„Ich war lange optimistisch, aber jetzt bin ich eher skeptisch“, hatte Mayens SPD-Vorsitzender Dirk Meid noch einige Minuten zuvor gesagt – die Antwort von SPD-Frau und Mayens Erster Beigeordneten Martina Luig-Kaspari kam prompt: „So pessimistisch bin ich nicht – ich glaube schon, dass wir über die 20 Prozent kommen.“ Dabei war das Ziel von Martin Schulz bis zum Wahlsonntag eigentlich innerhalb ganz anderer Sphären gesetzt gewesen: Er wollte Deutschlands nächster Kanzler werden – die SPD-Basis scheint mit dem Ergebnis der Wahlen dagegen zumindest in Mayen auf den Boden der Tatsachen angekommen zu sein.

Harter Wahlkampf liegt hinter den Parteimitgliedern

Nur wenige Sozialdemokraten sind zu den ersten Hochrechnungen in die verrauchte Gaststätte gekommen, am Tischende liegen ein paar wenige SPD-Flaggen und Faltblätter der mit 27 Prozent in ihrem Wahlkreis abgestraften Spitzenkandidatin Andrea Nahles, die nach jüngsten Medienberichten schon als künftige Bundestagsfraktionsführerin gehandelt wird. Mit schmalen Lippen nippt Meid an seinem Pils, daneben sitzt Jusos-Vorsitzender Johannes Schäfer, der schweigend ein Schnitzel mit Pommes isst.

Alleine er hat im vergangenen Monat nach eigenen Angaben rund 1200 Haustüren in Mayen besucht, sechs Wochen harter Wahlkampf liegen hinter ihm und seinen Parteikollegen. Jetzt wirken die Mayener Sozialdemokraten müde, enttäuscht und resigniert. „Natürlich können uns 20 Prozent nicht reichen“, sagt Meid. „Ich bin froh, dass der Wahlkampf jetzt vorbei ist – am Ende war es sehr frustrierend.“ An den Ständen habe Meid viele negative Kommentare zu hören bekommen, viele Bürger seien mit der Arbeit der Großen Koalition nicht zufrieden gewesen. „Dabei geht unsere Leistung in der Koalition völlig unter.“

Groko will keiner der Anwesenden

Trotzdem: Eine Wiederholung der Großen Koalition will hier heute keiner. „Auf keinen Fall“, betont Meid. „Wir müssen in der Opposition deutlich machen, wofür die SPD steht.“ Er und seine Parteikollegen in Mayen stehen hinter Martin Schulz, Luig-Kaspari zieht schon jetzt einen Neuantritt Schulz’ bei der nächsten Bundestagswahl in Betracht. „Wir hatten diesmal einfach keine wirkliche Wechselstimmung, das ist aber nicht Martin Schulz anzurechnen“, sagt Luig-Kaspari. Vielmehr habe man – mit Blick auf das Ergebnis der AfD – eine „Denkzettelwahl“ erlebt.

„Das Ergebnis tut schon weh, wir haben viel Zeit und Mühe in diesen Wahlkampf gesteckt“, blickt sie ernüchtert zurück. Und doch: Hoffnungslosigkeit will hier heute auch niemand durchblicken lassen. „Jetzt erst recht“, meint Luig-Kaspari. Die Taktik der Mayener Sozialdemokraten steht schon jetzt: Das wahlfreie Jahr 2018 zur Reorientierung nutzen, um dann mit neuer Energie in den Kommunalwahlkampf in zwei Jahren zu starten. „Und da haben wir dann wieder ganz andere Chancen“, ist Meid überzeugt.

Von unserem Mitarbeiter Raphael Markert

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