Bis zur heißen Phase des Karnevals sind es nur noch wenige Wochen. Im Hintergrund laufen schon seit Monaten die Vorbereitungen für den Wagenbau. Es wird gesägt, gebohrt, geschraubt, geschweißt, gedrahtet, Styropor wird geschnitzt und modelliert. Eigentlich werden die Gefährte in der Wagenbauhalle vor den Toren der Vordereifelgemeinde im streng Geheimen gebaut: Gemeint sind die Prunkwagen für den Kottenheimer Rosenmontagszug. Unsere Zeitung durfte sich vor wenigen Tagen dennoch schon ein erstes Bild davon machen.
Mitten drin im ausgelassenen handwerklichen Treiben ist Prinz Henrik I. (Rabbel) aus der Prinzengarde. Seiner Kreativität lässt die 27-jährige Tollität gemeinsam mit seinem Hofstaat und weiteren Helfern bereits seit Mai vergangenen Jahres freien Lauf. In Anlehnung an den guten Ruf Kottenheims, nämlich als Karnevalshochburg, hatte der Prinz im Jubiläumsjahr 111 Jahre KG Kottenheim 1913/1914 seine Idee, eine Burg zu bauen, in die Tat umgesetzt. Denn was lag da näher, als sich mit einer Burg zu präsentieren?

Den stattlichen Aufbau auf dem Motivwagen ziert ein 4,60 Meter hoher Turm mit Original getreu nachgebildeten Eck- und Simssteinen. Das Gebilde ragt förmlich in den Himmel. Von den Zinnen seines Turmes kann der Burgherr seinem närrischen Volke „Kamelle“ zuwerfen. Aus einem der Burgfenster schimmert eine goldgelbe Landschaft den Schaulustigen entgegen. Kanonenrohre und ein wasserspeiender Löwenkopf lassen die inszenierte Burghofkulisse perfekt erscheinen.
In dem Gefährt steckt ganz schön viel Material. Aus zwölf Festmeter Holz wurden 1300 Meter Kanthölzer, Balken und Latten geschnitten. „Insgesamt wurden 228 Quadratmeter Holzplatten verbaut. Und was ich gar nicht einschätzen kann, sind die unzähligen Steine, die aus Styropor geformt wurden“, so Prinz Henrik.
Ganz besonders Stolz ist Henrik I. auf seinen Mundschenk Rette (Martin Retterath), der es geschafft hat, nur zwei verschiedene sogenannte Bit Größen für die Schrauben zu verwenden. „War das doch in den letzten Jahrzehnten eine Qual für die jeweiligen Schrauben immer die richtigen Schraubenzieher zu finden“, erinnern sich die beiden.

Szenenwechsel: Während Heinrich Schmitz, der Leiter des Rosenmontagszuges, im Wagenbaudomizil gerade auf dem Sprung ist und noch eben mit dem Pinsel noch etwas Farbe an dem Prunkwagen des Elferrates anbringt, blickt Helmut Lung zufrieden auf seine neueste Kreation. Der erfahrene und wahrscheinlich dienstälteste Wagenbauer im ganzen MYK-Land, der anlässlich des 50-jährigen Bestehens der KKG den Prinzenwagen schuf, räumt ein, dass der Bau des gigantischen Teufelswagens eine ganz besondere Herausforderung gewesen ist. Und diese hat der 80-jährige gelernte Dekorateur wieder einmal ganz hervorragend gemeistert.
Das Besondere ist die Dimension und die bildhauerische und plastische Ausstrahlung des Motivwagens. An dem gigantischen, sitzenden Teufel, an den beiden großen stehenden teuflischen Gestalten und an dem drehbaren, mit einem Motor betriebenen Kessel, aus dem beim Umzug Dampf austritt, gibt es noch einiges zu tun. Den Kessel habe er zusammen mit Herbert Münch gebaut. „Der kann gut schweißen.“

Ins Auge fällt auf Anhieb die hochpigmentierte rote Farbe des furchterregenden Drachens und das tiefe Schwarz seiner Fingernägel. Das allermeiste an dem Wagen hat der Enthusiast alleine gemacht: „So etwas kann man nicht mit zwei Mann machen.“ Den großen aus Styropor modellierten mit Feinputz überzogenen Totenkopf, der den Wagen ziert hat Lung einfach so, wie er sagt, „aus der la meng gemacht.“ Also quasi aus dem Handgelenk geschüttelt. Wenn man das Kunstwerk in aller Ruhe betrachtet, so scheint die Aussage von Lung eine glatte Tiefstapelei zu sein.
„Kotteme Karnevalsfreunde sind teuflisch joot.“
So lautet das diesjährige Motto.
Warum der Ehrenmützenträger der KKG und Träger des Zinnhannes Kulturpreises gerade dieses Motto gewählt hat, liegt auf der Hand, denn „Kotteme Karnevalsfreunde sind teuflisch joot. Das ist unser diesjähriger Slogan.“ Den Teufelswagen zieren fünf kleine Teufelswägelchen, die während des Rosenmontagszugs sicher ebenfalls für Furore sorgen werden. Flankiert wird das Ganze von einer großen Fußgruppe. Auch an dem feuerroten Motivwagen hat Lung sich beteiligt, den die Kameraden der Alterswehr bauen.

Aus Erfahrung weiß der 80-Jährige, dass Karnevalisten aus ganz Deutschland jeck auf seine großen Figuren und die Aufbauten der Prunkwagen sind, wie etwa den Ice-Age-Wagen und den großen Drachenwagen. Der Wagenaufbau mit dem großen Mammut war bereits im Europapark zu bewundern. Und der feuerspeiende Drachen ist im Sommer nach Göppingen gegangen. „Die Leute flippen förmlich aus“, berichtet die Koryphäe. „Es ist unfassbar. Die rennen uns hier die Tür ein.“ Und auch von dem riesengroßen King-Kong sprechen die Leute noch immer.
Und was treibt Lung Jahr für Jahr aufs Neue an? „Ich habe in den mehr als sechs Jahrzehnten immer noch großen Spaß daran.“ Noch größer als der diesjährige Rosenmontagsumzug, der sich am 3. März ab 15.33 Uhr durch den Ort schlängelt, wird der Jubiläumsumzug Ende Juni werden. „Da legen wir noch ordentlich eine Schippe drauf", verspricht der Wagenbauer. Das große Piratenschiff werde er direkt nach Karneval in Angriff nehmen.