Vor 100 Tagen hat Achim Grün die Amtsgeschäfte als Stadtchef in Mendig übernommen - Der Elektromeister und frühere Ausbilder für IT-Systemkaufleute zieht ein erstes Fazit
Mendigs neuer Bürgermeister zieht erste Bilanz: „Das ist kein Job für einen Berufstätigen“
Mendigs neuer Stadtbürgermeister Achim Grün berichtet von seinen ersten 100 Tagen im Amt. Bereits am Tag nach seiner Vereidigung ging es für ihn im Bürgerbüro los, als hätte er schon immer dort gesessen.
Thomas Brost

Mendigs neuer Stadtbürgermeister Achim Grün berichtet von seinen ersten 100 Tagen im Amt - bereits am Tag nach seiner Vereidigung ging es für ihn im Bürgerbüro los, als hätte er schon immer dort gesessen.

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Über Langeweile brauchte sich Achim Grün (62) in den ersten 100 Tagen im neuen Amt nicht zu beschweren – der Stadtbürgermeister von Mendig hatte alle Hände voll zu tun. Und der Christdemokrat stellte gleich zu Beginn seiner Amtszeit neue Weichen, wie er im Interview mit unserer Zeitung erzählt.

Herr Grün, wie waren die ersten 100 Tage für Sie?

Sehr aufregend, interessant aber auch sehr arbeitsintensiv – so lassen sich die ersten 100 Tage zusammenfassen. Gerade in die erste Zeit meiner Amtstätigkeit fielen einige Großveranstaltungen, wie zum Beispiel die Nacht der Vulkane oder das Muslimtreffen Jalsa Salana auf dem Flugplatz. Da bin ich gleich ins kalte Wasser geworfen worden. Ich hatte als ehemaliger Erster Beigeordneter einen Riesenvorteil: Ich hatte schon Einblick in die gesamte Infrastruktur und notwendige Zugriffsrechte. Dienstags wurde ich vereidigt, und am nächsten Morgen um 8 Uhr ging es los hier im Büro, als wäre ich schon immer hier gewesen.

Was ist in dieser Zeit schon umgesetzt worden?

Wir haben ein Sommerfest im Schwimmbad abgehalten und ein Hundeschwimmen zum Saisonende, das sehr gut ankam. Wir hatten mehr als 100 Hunde im Wasser – auch mein Hund Bubbles war mit von der Partie. Hinzu kamen die vielen Antrittsbesuche in den ersten Arbeitstagen. Hier hätte man im Büro eine Drehtür einbauen können – so hat man sich die Klinke in die Hand gegeben.

Arbeitsintensiv insbesondere auch, weil viele Nachmittags- und Abendtermine anstehen. Und für Ausschuss- und Stadtratssitzungen ist eine intensive Vorbereitung notwendig. Dieses Pensum im Ehrenamt nebenbei zu machen neben einem Beruf ist fast unmöglich. Ich bin ja quasi auch Arbeitgeber für fast 130 Mitarbeiter der Stadt, und bei mehr als 9000 Einwohnern hat immer irgendwer ein Anliegen. Und ich nehme die Sorgen und Nöte der Mitarbeiter und Einwohner ernst und versuche auch, wenn möglich, Lösungen zu finden.

Was sind die wichtigsten anstehenden Aufgaben in der Stadt?

Wir haben begonnen, das Vulkanbad zu sanieren. Die defekte Folie ist entfernt, das Schwimmbad wird jetzt in mehreren Teilbereichen saniert. Auf jeden Fall wird es zu Saisonbeginn im Frühjahr wieder offen sein. Das Schwimmbad soll unter anderem mit einer Solaranlage ausgestattet werden, ein entsprechender Antrag wurde gestellt.

Aktuell stehen natürlich in erster Linie die Vorbereitungen für den Haushalt 2025 an. Das ist mein erster Haushalt, den ich zusammenstelle. Und das ist schon auch eine echte Herausforderung. Die Haushaltsdisziplin ist einzuhalten, es muss ein ausgeglichener Haushalt erstellt werden. In der jetzigen Situation ist dies schwierig, denn es sind zahlreiche Aufgaben zu finanzieren, und die finanzielle Unterstützung des Landes für immer mehr Pflichtaufgaben lässt zu wünschen übrig.

Wir werden ferner die Ladeinfrastruktur in Mendig für E-Fahrzeuge verbessern. Ich habe einen Investor gefunden, der Ladesäulen am Lava-Dome und am Schwimmbad installieren wird. Wir sind mit dem Bauamt derzeit auf der Suche nach geeigneten Baugebieten, denn wir haben diese Woche unser vorletztes städtisches Baugrundstück in der Verlängerung des Eichenwegs veräußert. Jetzt sind wir also gefordert und müssen dringend aktiv werden, um Bauwilligen ein passendes Grundstück anbieten zu können.

Der Lava-Dome lockt stets viele Besucher nach Mendig. Mit neuen Ideen und Konzepten soll die Ausstellung noch attraktiver werden.
Thomas Brost

Ebenfalls seit Jahren steht der Neubau eines Kindergartens schon auf der Agenda, jetzt müssen wir konkret an die Aufgabe rangehen. Ich will in diesem Jahr zumindest die Planung in Auftrag geben. Das müssen wir dringend umsetzen. Letzte Besprechungen mit der Kreisverwaltung über die Bedarfszahlen stehen noch aus. Momentan können wir aber den Bedarf an Kindergartenplätzen abdecken, außer für unter Zweijährige und Krippenplätze.

Zur Siedlung Yellowtown ist das Verfahren abgeschlossen. Theoretisch könnte der Investor morgen anfangen zu bauen, was wünschenswert wäre. Aber leider hört man nichts mehr von ihm. In puncto Gewerbegebiet an der A61 wird sich bald einiges tun. Ich bin darüber hinaus aktuell auch mit dem Wirtschaftsförderer dabei, nach neuen Industrie- und Gewerbeflächen zu suchen, die für künftige Ansiedlungen von Firmen genutzt werden können. Da hindert uns mitunter oft das Bergrecht bzw. die Bodenvorkommen wie Bims. Eine Entwicklung ist deswegen hier in Mendig nicht so einfach.

Wann wird das Fahrradnetz, das ja schon mehrfach Thema im Stadt- und VG-Rat war, ertüchtigt und eng geknüpft?

Man muss unterscheiden zwischen den Radwegekonzepten von Kreis, Verbandsgemeinde und Stadt. Der Kreis verbindet die großen touristischen Ziele, beispielsweise über Mayen, Mendig und Andernach. Dann gibt es das VG-Konzept, das unsere touristischen Highlights erschließt, also von Maria Laach, Lava-Dome zu den Thürer Wiesen. Als drittes Konzept haben wir in einem Arbeitskreis ein Radwegekonzept innerhalb der Stadt entwickelt. Wir wollen nun die gesamten Berichte aus den Planungen der letzten Jahre dem Stadtrat noch einmal gesammelt zur Verfügung stellen, und der entscheidet, welche Maßnahmen wir für kleines Geld und einfachen Mitteln umsetzen können.

Wird sich an den Expansionsplänen der Vulkan Brauerei nach den Ursprungsplänen noch etwas verändern?

Nach meinem Wissensstand nicht. Wir werden die Brauerei dahin gehend unterstützen, dass sie den städtischen Busparkplatz in der Brauerstraße während der Bauphase für ihre Busse mitnutzen kann. Das Bauprojekt selbst ist eine tolle Sache.

Die Vulkanbrauerei ist ein absolutes Aushängeschild für Mendig, zum einen, was den Tourismus anbelangt, aber auch für die Wirtschaftskraft wichtig. Die Vulkanbrauerei ist ein innovatives Unternehmen. Ich denke, es wird mit der Erweiterung der Räumlichkeiten, aber auch seiner Produktpalette in Richtung Whiskey und Gin am Markt gute Chancen haben. Der Lava-Dome, dessen Besucherzahlen nach wie vor sehr gut sind, ist mit neuen Ideen und Konzepten immer bestrebt, die Ausstellung noch attraktiver zu machen – da sind wir am Ball.

Neuer Bürgermeister, altes Thema: Grün wird sich ebenfalls dem Bestreben widmen, das Mühlsteinrevier zum Weltkulturerbe zu machen.
Thomas Brost

Was macht der kränkelnde Lindenbaum im oberen Stadtteil?

Letzter Stand ist: Wir haben als Stadtrat quer über alle Fraktionen entschieden, dass der Lindenbaum erhalten werden soll. Ich gehe davon aus, dass die Thematik juristisch geklärt wird. An der Straßenführung hat sich nichts verändert. Wir stehen dazu, dass wir den Baum erhalten wollen.

Gasthaus Bolz – wird sich da etwas tun?

Auch mit dieser Thematik bin ich derzeit beschäftigt. Wir haben derzeit zum Beispiel Sicherheitsprüfungen beauftragt zu den Notausgängen und Feuerlöschern. Das Problem ist, dass nächstes Jahr die baurechtliche Genehmigung auslaufen wird. Das Thema, wie wir fortfahren wollen, steht auf der nächsten Stadtratssitzung an. Auch die Themen Dorferneuerungsprogramm und Dorfmoderation werden behandelt.

Wir wollen einen Planer beauftragen, der ein Konzept erstellen soll, wie ein weiteres Dorfgemeinschaftshaus „Bolz“ aussehen könnte. Und was für schmales Geld machbar ist. Wir haben im Ausschuss den Rahmen festgelegt. Und das soll von einem Planer in Form gegossen werden. Unser Gestaltungsspielraum ist eng, die finanzielle Ausstattung der Stadt ist nach wie vor nicht auskömmlich. Und wir haben noch einiges an Investitionsstau abzuarbeiten. Hinzu kommen unvorhergesehene Dinge, die der Bearbeitung bedürfen.

Aktuell ist der Jugendtreff in der Brunnenstraße aufgrund eines Wasserschadens geschlossen und erhält ein provisorisches Ausweichquartier im Haus am Lindenbaum. Es wird noch einige Zeit vergehen, bis das gemietete Objekt saniert und wieder nutzbar ist. Ebenso dringend vor der Brust haben wir die Sanierung des Bauhofes. Und auch in den Kindergärten sind Dinge in die Jahre gekommen, die angepackt werden müssen. Nicht zuletzt gibt es auch notwendige Modernisierungsmaßnahmen in der Laacher-See-Halle. Wie man sieht: Sehr viele, teure Aufgaben sind zu erledigen.

Was tut sich beim Langzeitthema Bahnübergang am Bahnhof?

Das wird auch eines bleiben. Nachdem man der Stadt den fest vereinbarten Termin 2024 abgesagt hat, will man nun 2028 mit der Planung für eine Fußgängerbrücke beginnen. Bis dahin wird es an der Schranke weiterhin zu Behinderungen kommen – das nimmt mitunter besonders am Feierabend Dimensionen an, dass sich der Fahrzeugverkehr bis zur Kreuzung an den Flugplatz zurückstaut. Da würden wir gern Druck machen und mehr unternehmen, es liegt aber leider außerhalb unserer Entscheidungsbefugnis. Gerade sind wir mit unserer Gartenkolonne dabei, unsere Grünanlagen attraktiver und insektenfreundlicher zu gestalten und mit klimaangepassten und weniger pflegeintensiven Pflanzen auszustatten. Das stellen wir sukzessive um.

Thema Weltkulturerbe – wie wichtig ist das für Sie und Mendig?

Wir haben das ebenfalls am Dienstag auf der Stadtratssitzung, ein wichtiges Thema für uns. Ich denke, wir sollten die Untersuchungen auf jeden Fall weiter durchführen. Ja, es ist Geld, das wir auf Jahre ausgeben müssen. Aber allein die bisherigen Untersuchungen haben derart wertvolle Ergebnisse der Historie und der wissenschaftlichen Erkenntnisse erbracht, dass wir als Stadt mit im Boot sein sollten. Der Austausch unter den Fraktionen funktioniert gut. Ich habe jetzt eingeführt, dass es nicht mehr ein reines Beigeordnetengespräch vor den Sitzungen gibt, sondern dass die drei Fraktionsvorsitzenden mit eingeladen sind.

Mit Achim Grün sprach Thomas Brost.

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