Debatte im Stadtrat
Mayen ist gespalten bei der Gestaltungssatzung
Wie viel Einheitlichkeit muss in der Mayener Kernstadt zwingend sein? Darüber gehen die Meinungen im Rat auseinander.
Thomas Brost

Wie viel Einheitlichkeit muss die Stadt Mayen ihren Einzelhändlern und Gastronomen vorschreiben? Die MY-Gemeinschaft steht hinter einer Gestaltungssatzung, die in langwierigen Debatten erarbeitet wurde. Kritik kommt von den kleinen Ratsfraktionen.

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Neue Sitzbänke, neue Mülleimer: Ein wenig hat sich was in der Mayener Innenstadt in der jüngsten Zeit verändert. Wie weit soll ein Umwandlungsprozess getrieben werden? Ist die Gestaltungssatzung, die jetzt im Vorentwurf vorgestellt worden ist (unsere Zeitung berichtete), der richtige Weg, um die Aufenthaltsqualität der Kernstadt zu heben und mehr Auswärtige anzuziehen? Die Meinungen gehen weit auseinander unter den Fraktionen im Stadtrat.

Welche Fraktionen sprechen sich für eine Gestaltungssatzung aus? Eine Satzung ist kein Dogma, lässt Helmut Sondermann durchblicken. „Sie ist ein gemeinsamer Nenner, der noch Gestaltungsmöglichkeiten offenlässt“, betont der Vorsitzende der SPD-Fraktion. Die Vorgaben seien breitflächig und über Monate besprochen worden mit der MY-Gemeinschaft und weiteren Vertretern des Einzelhandels. Die Politik habe Ideen aus dem Handel aufgegriffen. Einige konkrete Vorschläge fänden sich in dem 120-seitigen Vorentwurf wieder, den jetzt ein Kölner Städteplanungsbüro vorgelegt hat. Erfreulich sei, dass die MY-Gemeinschaft geschlossen hinter dem Entwurf stehe. Die SPD habe sich öfter mit der MY zusammengesetzt und zugehört. „Im Prinzip ist eine Regelung zu einigen Punkten dringend nötig, beispielsweise bei der Fassadengestaltung“, sagt Sondermann. Wobei er den Ladenbesitzern zugesteht, selbst gute Ideen entwickelt zu haben. Eingangszonen müssten attraktiver gestaltet werden, Stolperfallen im öffentlichen Raum, wie Dreiecksständer, abgebaut werden. Generell gilt, so Sondermann: „Es soll kein Wildwuchs entstehen.“ Die Details des Gestaltungsbuches müssten nochmals genauer betrachtet werden.

„Alles suboptimal, man versucht, das Ergebnis im Schweinsgalopp durchzupeitschen. So geht das aber nicht.“
Ekkehard Raab, Fraktionsvorsitzender der FDP im Stadtrat

Die Grundrichtung, die Politik und Einzelhandel bezüglich der Kernzone eingeschlagen hätten, sei richtig, sagt der CDU-Fraktionsvize Martin Reis. Es gehe im Wesentlichen darum, die historische Bausubstanz zu erhalten und Ortsbildprägendes unter Schutz zu stellen. Die Christdemokraten loben das Engagement der MY-Gemeinschaft, das „sehr positiv“ sei. Was nicht optimal gelaufen sei, sei die Unterrichtung der Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses. Ein Teil habe das dicke Gutachten nicht vor der jüngsten Sitzung einsehen können. „Deswegen sollten wir uns die Zeit nehmen, uns so aufzustellen, dass Beteiligten umfänglich informiert werden“, betont Reis. Er plädiert dafür, dass sich nach dem nächsten Workshop zum Thema erneut Bürger und direkt Betroffene transparent äußern dürfen. „Am Ende müssen wir abwägen und eine Entscheidung treffen“, sagt Reis, der damit rechnet, dass die Zustimmung zur neuen Gestaltungssatzung „von der weit überwiegenden Mehrheit des Handels die Zustimmung finden wird“. Es sei aus seiner Sicht wichtig, an einigen Stellschrauben zu drehen. So müssten die Unterthemen Fristen und Materialien ebenso intensiv besprochen werden wie die konkrete Ausgestaltung von Erkern oder von Überständen in Eingangsbereichen. Reis findet es wichtig, wenn alle Betroffenen in der Kernzone von der Stadt per Brief eingeladen würden, um nochmals miteinander zu sprechen.

Positiv für das städtische Erscheinungsbild werde sich eine Gestaltungssatzung auswirken, sagt Michael Sexauer. So könne die Stadt einladender auf Gäste wirken. Das Ganze soll man zwar ins Werk setzen, aber „ohne übermäßig die Anlieger zu belasten“. Im gesamten Diskussionsprozess hätten sich die Grünen „gut mitgenommen gefühlt“, sagt der Fraktionschef der Partei. Aufklärung sei wichtig und Transparenz notwendig, insbesondere auch im Hinblick auf die weiteren Schritte. Die Satzung soll im Herbst im Mayener Stadtrat beraten und beschlossen werden.

Zu einer verpflichtenden Form der Dacheindeckung hat sich der Stadtrat vor genau 20 Jahren zusammengerauft. Geht das auch mit der Gestaltung der Innenstadt zwischen den Ringen?
Thomas Brost

Woran entzündet sich die Kritik an der Gestaltungssatzung? Viele Defizite im Meinungsbildungsprozess erkennt Ekkehard Raab. Der FDP-Fraktionsvorsitzende kritisiert eine aus seiner Sicht Reihe von Versäumnissen. „Im Kulturausschuss hat es für die Mitglieder keine Vorlage gegeben, im Stadtentwicklungsausschuss nur teils online, teils als Tischvorlage.“ Dies zeige ihm, dass das alles nicht durchdacht sei. Ins Bild passe, dass parallel zur jüngsten Infoveranstaltung der Ältestenrat der Stadt getagt habe, also alle Fraktionschefs plus die Stadtspitze. Bis heute seien weder die Hausbesitzer noch die Hauptbetroffenen beteiligt worden, ebenso wenig der Stadtrat. Der Prozess laufe über Jahre, aber „jahrelang hat man nichts mehr davon gehört“, so Raab. Alles suboptimal, man versuche, das Ergebnis „im Schweinsgalopp durchzupeitschen“. Raabs Fazit: „So geht das nicht.“

Die Freien Wähler haben sich zu kürzlich zu einer Klausurtagung getroffen. „Dabei hat die Gestaltungssatzung bei uns überhaupt keine Rolle gespielt“, erklärt FWM-Fraktionschef Hans-Georg Schönberg offen. Die Stadt solle sich um wichtigere Themen kümmern. Dazu zählt er einen genehmigungsfähigen Haushalt 2025 oder die Problematik des wiederkehrenden Beitrags. „Es ist doch gar nicht gesagt, dass wir mit einer Satzung überhaupt einen Besucher mehr in die Stadt locken, ob ein Kunststuhl oder eine 60 Jahre alte Beleuchtung abschreckend wirken“, sagt Schönberg. Es sei gut, dass das Thema in den Herbst verschoben worden sei. Und außerdem, so Schönberg, müsse man nicht auf jedes Pferd setzen, es gebe wichtigere Fragen, die gelöst werden müssten wie diese: „Wie finanzieren wir uns als Stadt nachhaltig?“

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