Einstmals ist er der jüngste hauptamtliche Bürgermeister in Rheinland-Pfalz gewesen, jetzt darf er sich mit dem Etikett „der Dienstälteste“ schmücken lassen: Jörg Lempertz hat seine vierte Amtsperiode als Verwaltungschef der Verbandsgemeinde (VG) Mendig angetreten – in einem ungewöhnlichen Rahmen. Wie viel Elan hat der 53-Jährige noch, was liegt vor ihm an Arbeit, und wie viel wird ihm noch zugetraut?
1Der Rahmen: Sie dürfte eine der kürzesten Sitzungen des VG-Rates Mendig gewesen sein, die Einführung des neuen und alten Bürgermeisters. Von Beginn ist der Ton locker, die Ratsmitglieder und gut 100 Ehrengäste in der Laacher-See-Halle sind von Jörg Lempertz gut eingestimmt. „Wir haben hervorragende Temperaturen hier“, sagt er mit Blick auf schweißtriefende Sitznachbarn, „das gibt uns nachher die Gelegenheit, zehn Vulkanbier zusammen zu trinken.“
Die gute Laune ist da, gleich nach Ende der Sitzung laben sich die ersten Ratsmitglieder am Gerstensaft. Zuvor obliegt es dem Ersten VG-Beigeordneten Joachim Plitzko, seinen christdemokratischen Parteifreund bis zum Jahr 2032 zu verpflichten. Lempertz besteht darauf, nochmals die Eidesformel – mit dem Zusatz „so wahr mir Gott helfe“ – zu sprechen.
„Ich bin wieder hier, VG meiner Träume!“
Ein eigens auf Lempertz und Mendig zugeschnittenes Lied
Nach dem kurzen Verwaltungsakt intoniert Gitarrist und Sänger Andy Neumann ein eigens auf die VG und ihren ersten Bürger zugeschnittenes Lied von Marius Müller-Westernhagen: „Ich bin wieder hier, VG meiner Träume“. In einer kurzweiligen Choreografie stimmt Neumann als Intermezzi bekannte Songs an, sehr zur Freude des bekennenden Rockfans Jörg Lempertz. Zum Rahmen passt auch eine lockere Frage-Antwort-Runde von Moderator Stefan Pauly mit den Ortsrepräsentanten und Personalrat Florian Rieser.

2Die Atmosphäre: Dass die VG Mendig gut dasteht, ist zweifelsohne ein Verdienst des erfahrenen Verwaltungschefs. Das gute Wahlergebnis von 75,9 Prozent in der April-Wahl nennt Joachim Plitzko „ein Zeichen der Wertschätzung der Bürger“ für 24 Jahre „Arbeit und Engagement des Bürgermeisters“. Lempertz ist über die Parteigrenzen hinweg geachtet und beliebt.
Selbst der neue Landrat Marko Boos spart nicht mit Lorbeeren: „In der Pellenz habe ich schon den Satz gehört: Den Jörg kann man immer anrufen, der macht das dann. Jetzt weiß ich, das ist so“, sagt der Sozialdemokrat. Lempertz ist seit 2009 im Kreistag, seit 2014 im Kreisausschuss. Ihm gebühre, so Boos, Dank, weil „er auch vieles für den Landkreis geleistet habe“.
Immer auf Augenhöhe
In die Lobeshymnen stimmen alle Farben im VG-Rat ein, selbst die FWG VG Mendig, die sich gern als Opposition geriert. Deren Sprecher Stefan Zepp lobt, dass Lempertz ihn als kommunalpolitischen Einsteiger an die Hand genommen habe. „Das ist immer auf Augenhöhe, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind.“
Jürgen Reimann, der CDU-Fraktionschef, hebt auf Lempertz‘ Hartnäckigkeit ab, wenn er formuliert: „Geht’s nicht gibt’s nicht bei dir.“ Das kollegiale Miteinander im VG-Rat sei ihm wichtig, und in der Tat verliert Lempertz nie die Contenance, wenn eine Debatte kontrovers wird. Der Ton bleibt respektvoll.
„Das Dienstalter sieht und merkt man überhaupt nicht an, du bist so engagiert wie in all deinen Dienstjahren zuvor.“
CDU-Fraktionssprecher Jürgen Reimann
3 Das Bekenntnis: Vor 24 Jahren bekannte Lempertz, dass für ihn ein Traum in Erfüllung gehe. Jetzt formuliert er sein Credo ähnlich – und man darf es ihm abnehmen. „Heute weiß ich, dass das, was ich tagtäglich für unsere Einwohner, unsere Gemeinschaft, unsere Gremien und unser Team in der Verwaltung tun darf, mein beruflicher Traum ist“, bekennt er.
Ein Traum, der in keiner Sekunde zum Albtraum geworden sei. Lempertz‘ Fundament ist sein großes Netzwerk – und seine Familie als feste Basis. Ihr dankt er herzlich und eindringlich. Selbst seiner Ex-Frau und seinem Konkurrenten in der Bürgermeisterwahl, Ralf Kraut, sein SPD-Beigeordneter. Dass Lempertz, der immer gut gelaunte Sonnyboy, heimatverbunden und bodenständig ist, öffnet ihm manche Tür. Er kann quer über die Generationen die Bürger mitnehmen, weiß nicht nur Joachim Plitzko.

4Seine Politik: Der heftigste Schlag ist der VG versetzt worden, als sich die Bundeswehr 2007 Knall auf Fall vom Standort Mendig zurückzog. Hunderte Arbeitsplätze gingen verloren. Den Strukturwandel schaffte Lempertz gemeinsam mit dem Landkreis, dem VG-Rat und den benachbarten Gemeinden Thür und Kruft in einem Zweckverband. Viele Firmen ließen sich auf dem Flugplatz, der von der Triwo gekauft wurde, ansiedeln – Lempertz‘ größter Erfolg.
Der Flugplatz ist heute ein rund laufender Wirtschaftsmotor mit mehr als 80 Firmen und 800 Arbeitsplätzen, der jedes Jahr mehr als eine Million Euro an Gewerbesteuer abwirft. Er sei stolz, das angestoßen zu haben. Und lässt tief blicken, welch harter Kampf dahintersteckte. „Wir haben niemals aufgegeben, das passt nicht zu unserem Menschenschlag.“
Ebenso wenig wie im Tourismus, in dem Lempertz, wie er selbst sagt, „zehn Jahre lang gekämpft“ habe für eine schlagkräftige Organisation. Die entstand mit dem Zweckverband Vulkanregion Laacher See, in der auch die Nachbar-VGs Brohltal und Pellenz mitwirken. Leuchtturmprojekte wie der Lava-Dome und der Waldsee Rieden als europäisches Badegewässer kamen heraus. 2,6 Millionen Gäste kommen jetzt jedes Jahr – und spülen 85 Millionen Euro brutto in die Kassen.

Apropos Kasse: Auch die solide Finanzpolitik schlägt bei Lempertz zu Buche. Während andere Kommunen ächzen, legt die VG Mendig immer einen ausgeglichenen Haushalt vor, schafft ihre Ziele. Die Feuerwehren sind gut ausgestattet, mit dem Bau des Feuerwehrhauses in Thür wird eine weitere Säule eingezogen. „Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange“, verspricht Lempertz.
Ruht er sich jetzt auf Erfolgen aus? „Nein“, sagt Joachim Plitzko bestimmt, „auf dem Erreichten ausruhen, das ist nicht sein Ding“. Lempertz selbst stellt seine Marschroute so heraus: „Um die VG voranzubringen, möchte ich die Ärmel hochkrempeln, mutig entscheiden, gestalten statt verwalten.“ Dabei sind die Zukunftsaufgaben vielfältig. Dazu zählen die Vermarktung der neu definierten Gewerbeflächen auf dem Flugplatz, die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen, der Ausbau von Radwegen und die Modernisierung der Schulen.