In der Verlängerung des Eichenwegs sollen 28 Grundstücke entstehen - Stadtratbefasst sich mit vielen kritischen Einwänden
Kritiker ziehen den Kürzeren: Grünes Licht für Baugebiet in Obermendig
Auf dieser Wiese oberhalb des Erntewegs in Obermendig soll ein Neubaugebiet entstehen. Foto: Andreas Walz
Andreas Walz

Mendig. Die Einwände der Anwohner waren zahlreich, und die Abwägung entsprechend umfangreich – doch jetzt ist der Bebauungsplan für ein Neubaugebiet in der Verlängerung der Straßen Eichenweg und „Am Sonnenhang“ in Obermendig beschlossene Sache. Mit großer Mehrheit stimmte der Stadtrat am Dienstagabend dem Bebauungsplan zu; lediglich die Grünen sprachen sich dagegen aus. Dem Beschluss vorausgegangen war eine gut anderthalbstündige Diskussion im Stadtrat, bei der die größten Bedenken gegen das geplante Neubaugebiet noch einmal auf den Tisch kamen.

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„Wir haben uns abgesprochen, über die Einwände nicht pauschal, sondern einzeln abzustimmen“, sagte Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel zum Einstieg in die Debatte. Und so mussten die Ratsleute – die aufgrund der Corona-Vorschriften unter Einhaltung von Mindestabständen an Einzeltischen in der Laacher-See-Halle tagten – knapp 20 Beschlüsse fassen, bis der Bebauungsplan in trockenen Tüchern war. Danach stand fest, dass oberhalb des Erntewegs 28 neue Bauplätze ausgewiesen werden können.

Dagegen haben vor allem die Anwohner große Vorbehalte, die sie in zahlreichen Einwendungen vorgebracht haben. Die größten Bedenken betreffen die Angst vor Überflutungen infolge starker Regenfälle sowie die Sorge über eine erhöhte Verkehrsbelastung mit steigendem Gefahrenpotenzial in den angrenzenden Straßen. Bedenken, die die Ratsmehrheit im Wesentlichen für unbegründet hielt.

1 Überflutungen:Erhöht das Neubaugebiet bei heftigen Regenfällen die Gefahr von Überschwemmungen in den angrenzenden Wohngebieten? Das befürchten einige Anwohner – und stoßen auf Zustimmung bei den Mendiger Grünen. Für die Fraktion kritisierte Stephan Retterath die Flächenversiegelung durch das Neubaugebiet: „Ich kann nicht verstehen, wie ein unbebauter Acker weniger Wasser aufnehmen kann als ein versiegeltes Baugebiet.“

Tatsächlich wird es kaum möglich sein, dass Wasser im Neubaugebiet versickert. Deswegen sieht die Planung vor, einen Stauraumkanal anzulegen, der das Wasser aufnimmt und gedrosselt an die Kanalisation im Ernteweg abgibt, wie Planer Thomas Zellmer vom Büro „Stadt-Land-plus“ in der Sitzung erklärte.

Dieser Kanal jedoch soll kleiner ausfallen als ursprünglich vorgesehen, kritisierte Retterath. Statt die Wassermenge eines Hochwassers aufnehmen zu können, wie es statistisch gesehen nur alle 50 Jahren vorkommt, soll der Kanal nun lediglich für zehnjährliche Hochwasser ausgelegt werden.

Zellmer verwies auf Abstimmungen mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord. Die Aufsichtsbehörde trage die Planung eines Stauraumkanals für zehnjährliche Hochwasser mit. „Damit sind wir rechtlich auf der sicheren Seite.“ Gleichwohl regte Joachim Plitzko (CDU) an, „den Kanal zu vergrößern, wenn es im Kostenrahmen bleibt“. Einer solchen Prüfung stimmte auch die SPD zu.

2 Verkehrsbelastung: Die Gleichung scheint einfach: Mehr Bewohner in einem Gebiet führen zu mehr Verkehr und potenziell zu mehr Gefahr. So sehen es die Kritiker des Neubaugebiets. Deswegen wünschen sie sich eine weitere Zufahrt. Eine Straße, mit der das Gebiet während der Bauarbeiten vorübergehend an die L 120 angeschlossen wird, soll zur Dauerlösung werden und die befürchteten Verkehrsprobleme entzerren.

Doch daraus wird nichts. Die Planer kommen zu der Ansicht, dass der zusätzliche Verkehr keine übermäßige Belastung darstellt. Zudem sei bei einer dauerhaften Anbindung an die L 120 mit Kosten jenseits von 1 Million Euro zu rechnen. Der Bau werden „aus ökologischen, ökonomischen und landwirtschaftlichen Gründen zurückgewiesen“, heißt es in ihrem Gutachten.

So sah es auch die Mehrheit im Stadtrat. Allerdings soll im nächsten Schritt ein Verkehrsgutachten erstellt werden. Das hat der Stadtrat beschlossen. Und Stadtbürgermeister Ammel sagte, dass es weitere „Überlegungen zu Abmilderungen“ gebe, auf die er jedoch noch nicht näher eingehen wolle.

Dass es in Mendig Bedarf für ein Neubaugebiet, hob Joachim Plitzko hervor. Deswegen stehe seine Fraktion hinter dem Bebauungsplan. „Mendig braucht Baugebiete in vertretbarem Rahmen für seine weitere Entwicklung.“ Der CDU sei bewusst, dass es durch das Baugebiet zu zusätzlichem Verkehr kommen werde. „Aber wir haben jetzt Zeit, das zu prüfen und ein tragfähiges Konzept zu entwickeln.“

Helmut Selig (SPD) signalisierte für seine Fraktion ebenfalls Zustimmung. Er sprach von einer wichtigen und gewichtigen Entscheidung. Die Einwände der Kritiker begrüßte er, da sie die Diskussion vorangebracht hätten. „Wir haben uns bewegt, wo es möglich war. Und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch bei der Verkehrsführung schaffen.“

Die Grünen lehnten den Bebauungsplan ab. „Er ist unökologisch, unökonomisch, klimatologisch rückwärtsgewandt, nicht auf der Höhe der Zeit und in seinem Entstehen undemokratisch“, betonte Stephan Retterath.

Zumindest dem letzten Vorwurf trat Stadtbürgermeister Ammel entschieden entgegen: „Wir haben die Öffentlichkeit frühzeitig beteiligt, uns mit allen Eingaben befasst und für alle Schritte Ratsbeschlüsse gefasst.“ Das als undemokratisch zu bezeichnen, sei „ein starkes Stück“.

Von unserem Redakteur Hilko Röttgers

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