Wie sehr steht dem Landkreis Mayen-Koblenz das Wasser finanziell am Hals? Aus heiterem Himmel sind jedenfalls die Mitglieder des Kreistages von der Nachricht überrascht worden, dass Landrat Marko Boos (SPD) eine Haushaltssperre verhängt hat – und das schon Anfang Juni.
Warum war aus Sicht der Kreisverwaltung eine Haushaltssperre notwendig? Bereits der Haushalt 2025, noch unter seinem Vorgänger Alexander Saftig, sei „Spitz auf Knopf“ gerechnet worden, sagte Landrat Boos – auch damit er Gnade vor der Aufsichtsbehörde finden sollte. „Es besteht immer die Gefahr, dass es knapp werden könnte“, sagte Boos. Der Fall trat wohl im April ein: Da kam man wohl in der Ausgabenpolitik an die zulässige Grenze des Liquiditätskredites. Der Kreis zog die Reißleine, und mit Wirkung vom 10. Juni müssen alle Ausgaben über Marko Boos‘ Schreibtisch laufen.
Wie hoch die Auswirkungen sind und was ausschlaggebend für die Misere war, sprach Boos nicht auf der öffentlichen Sitzung an. In der Vorlage zum Tagespunkt heißt es dazu, dass Mitte April die tagesaktuelle Kreditaufnahme nicht ausgereicht habe, um sämtliche fällige Auszahlungen zum Monatsende leisten zu können. Als Ursache für den Engpass nennt die Kreisverwaltung einen Kredit von Dezember 2024. Über diesen wurden Pflichtausgaben, die über dem Plan lagen, abgedeckt – darunter Mittel für den Bereich Soziales, Kinder, Jugend und Familie und die Schülerbeförderung sowie Zinsaufwendungen. Der Landrat entschuldigt sich bei den Mitgliedern des Kreistages, dass diese nicht frühzeitig unterrichtet wurden, sondern erst einige Tage später. „Das war ein Fehler von mir, er wird nicht mehr vorkommen“, versprach der neue Landrat. Bislang habe sich die Haushaltssperre, über die im Haus viel nachgedacht worden sei, „als sehr gute Lösung“ gezeigt.
„Das war ein Fehler von mir, er wird nicht mehr vorkommen.“
Landrat Marko Boos entschuldigte sich bei den Fraktionen, dass er diese nicht früher schriftlich über die Haushaltssperre informiert hat.
Was sind die Auswirkungen, und wie haben die Fraktionen dies aufgenommen? CDU-Fraktionschef Georg Moesta bezeichnete eine Haushaltssperre im Finanzwesen als „Ultima Ratio“, also als allerletztes Mittel. Wichtig sei für seine Fraktion, dass der Kreis trotz der Haushaltssperre „eine gewisse Sicherheit und Verlässlichkeit“ beweise, also seinen Zahlungsverpflichtungen nachkomme.
Die CDU verlangt von der Verwaltung zweierlei: In Zwei-Monats-Abständen, beginnend am 30. Juni, soll die Kreisverwaltung Auskunft über den aktuellen Liquiditätsbedarf geben. Ferner müsse der Jugendhilfeausschuss, der gesetzliche Mitwirkungsrechte besitze, beteiligt und über die Konsequenzen informiert werden. Klaus Meurer, der Grünen-Fraktionsvorsitzende, hakte nach, ob die Institutionen, die auf Geld vom Kreis warten, informiert worden sind. Boos erwiderte, dass er alle Fachabteilungen informiert habe, er gehe davon aus, dass diese in Richtung auf Vertragspartner zugehen werden oder bereits zugegangen sind.
Anders als ein nicht genehmigter Haushalt
Was unterscheidet eine Haushaltssperre von einem nicht genehmigten Haushalt? Das wollte Ekkehard Raab (FDP) wissen. Vor allem, ob weiterhin die Mitfinanzierung von Jugendfreizeiten in den Ferien stehe. Es gebe einen gravierenden Unterschied, stellte Referatsleiterin Katja Liesenfeld fest. Die Haushaltssperre sei ein „etwas flexibleres Instrument“, in der auch freiwillige Ausgaben nach Abstimmung mit dem Landrat möglich sein könnten. Freiwillige Ausgaben seien dagegen bei einem nicht genehmigten Haushalt tabu.
Thomas Christ vom Kreisjugendring hielt fest, dass Jugendfreizeiten nach dem Gesetz feste Leistungen seien. Sabine Granzow (Grüne) bat die Kreisverwaltung, eine Liste zusammenzustellen, in denen die freiwilligen Leistungen abzusehen seien. Hans-Georg Schönberg (FWM3/Linke) sah sich bestätigt. Er habe bereits bei der Aufstellung des Haushaltes 2025 eine Erhöhung der Kreisumlage beantragt, sei damit aber nicht durchgekommen. „Hätten wir im Dezember mehr Weitblick gehabt, dann wäre uns dies jetzt erspart geblieben“, betonte Schönberg.
Klaus Meurer hielt diese Sichtweise für „unfair“. Eine Haushaltssperre könne man nicht in diesen Kontext bringen, es gebe ja einen anderen Grund. Welchen, darüber hüllten sich Verwaltung wie Kreistag in Schweigen. Man sei insoweit optimistisch, sagte Landrat Boos, als dass man überzeugt sei, mit dieser Maßnahme im gesteckten Finanzrahmen bleiben zu können.