Einst sollen dort auch unzählige Unschuldige ihr Leben verloren haben
„Kettiger Kreuz“: Nachbildung erinnert an Hinrichtungsstätte
Die Heimatfreunde Kettig und Förderer machten es möglich, dass in der Nähe der Kreuzung von Saffiger und Bassenheimer Weg eine Nachbildung des Nischenstocks aufgestellt werden konnte. Foto: Reinhard Kallenbach
Reinhard Kallenbach

Kettig/Saffig. Wer oberhalb des Weißenthurmer Hoche-Denkmals über Feldwege in Richtung Saffig wandert, stößt auf halber Strecke fast automatisch auf das neue „Kettiger Kreuz“. Der Nischenstock wurde zwar erst kürzlich aufgestellt, hat aber eine lange Vorgeschichte und erinnert an grausige Ereignisse. Die Heimatfreunde Kettig, Landwirt Karl Zilgen und Förderer haben es möglich gemacht, dass die Nachbildung des Originals realisiert werden konnte.

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Das ursprüngliche „Kreuz“ ist seit rund 70 Jahren verschollen, auch der genaue Standort ist nicht mehr bekannt. Sicher ist nur, dass es sich im Bereich des Saffiger Berges befand und im Zusammenhang mit einer Hinrichtungsstätte in der Saffiger Gemarkung stand, deren Geschichte bis ins Mittelalter zurückreicht. „Am Bergabhang zu den Orten Saffig und Miesenheim war der Galgen weithin sichtbar. Noch heute heißt diese Flurbezeichnung ‚Am Galgenstück’. Nach mündlicher Überlieferung wurden auf dem Saffiger Berg viele Verurteilte hingerichtet. Auch unzählige Unschuldige sollen während des Dreißigjährigen Krieges dort ihr Leben verloren haben“, erklären die Heimatfreunde und verweisen auf eine Aussage von Helmut Dörholt aus Saffig.

Die Geschichte über Kreuz und Hinrichtungsstätte wurde also von Generation zu Generation weitergegeben. Und deshalb weiß man auch, was mit den Toten geschah: Sie wurden einfach in den umliegenden Feldern verscharrt. Die Überlieferung zeigt: Im kriegerischen 17. Jahrhundert, in dem die Bevölkerung auch von verheerenden Seuchen heimgesucht wurde, hatte man andere Probleme als die würdige Bestattung der Verurteilten – egal, ob sie schuldig waren oder nicht. Um so wichtiger war es, in anderen Formen an die aus heutiger Sicht unglaublichen Ereignisse zu erinnern. „Die zahlreichen Basaltkreuze, Nischenstöcke und Flurdenkmäler in der Voreifel sind überwiegend Ausdruck einer tief verwurzelten Volksfrömmigkeit. Sie sind steinerne Zeugnisse ihres Glaubens und berichten von Unglücken, Morden, Familienfehden, Kriegsgeschehen und Krankheiten“, erklären die Heimatfreunde und verweisen auf eine lange Tradition, die bis ins achte Jahrhundert zurückreicht.

Bereits Papst Leo III. (795–816) soll angeordnet haben, Flurdenkmäler zu errichten. Diese sind im Umkreis der berühmten Basaltsteinbrüche bei Mayen und Mendig besonders häufig, vor allem im Maifeld, in der Pellenz sowie im ehemaligen kurfürstlichen Amt „Bergpflege“ rund um Kettig. Die Kreuze, die zum Teil eher an Stelen erinnern, werden im Volksmund wegen ihres schöpfkellenartigen Abschlusses „Löffel“ genannt. Deren meist leere Nischen waren zum Beispiel dazu gedacht, bei Prozessionen das Allerheiligste aufzunehmen. Die Heimatfreunde und ihre Förderer, die Ortsgemeinde Kettig, die Bürgerstiftung der VG Weißenthurm und zwei Kreditinstitute haben mit Zuwendungen möglich gemacht, eine alte Tradition weiterzupflegen. ka

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