Bewerbung für das begehrte Unesco-Prädikat zielt ins Leere - Sieben andere kommen zum Zug
Keine Chance aufs Welterbe: Aus für das Mühlsteinrevier Rhein-Eifel
Wie hier in der Mendiger Museumslay sind viele Zeugnisse der Mühlsteinproduktion zwischen Mayen und Andernach zu finden.
Thomas Brost

Aus der Traum vom ganz großen Wurf in Richtung Unesco-Welterbe: Das Mühlsteinrevier Rhein-Eifel hat den Sprung auf die deutsche Vorschlagsliste nicht geschafft. Stattdessen erhielten sieben andere Bewerber den Vorzug.

Der Andernacher Hafen war wichtiger Umschlagplatz für den Mühlsteintransport, unser Foto zeigt das Mühlsteinlager 1905.
Arbeitskreis Mühlensteinrevier

Wie dem Mühlsteinrevier, das im vorigen Jahr vom Land Rheinland-Pfalz nominiert worden war, erging es 13 anderen Bewerbern aus der Bundesrepublik. „Mit mehr als mit großem Bedauern haben wir von der Entscheidung erfahren“, sagt Frank Neideck von der Geschäftsstelle des Arbeitskreises Mühlsteinrevier Rhein-Eifel in Mendig.

1Wie hat die Kultusministerkonferenz die Bewerbung des Mühlsteinreviers beurteilt? Als „bemerkenswertes Beispiel einer überlieferten menschlichen Bodennutzung und einer darauf aufbauenden Siedlungsform“, so lautet die Vorbemerkung zur Einschätzung der Region zwischen Mayen und Andernach, die auf eine 7000 Jahre alte kulturelle Tradition zurückblickt. Mehrere Kritikpunkte jedoch haben dazu geführt, dass das Mühlsteinrevier unberücksichtigt bleibt.

Aufgelistet werden eine Reihe von Defiziten, die den Ausschlag gegeben hätten. Zum einen seien die materiellen Zeugnisse aus den Grubenfeldern in Mayen, Mendig, Ettringen, Kottenheim sowie dem Hafenbezirk Andernach „noch nicht vollumfänglich erfasst“ worden. Es würden ebenfalls „dringend notwendige Schutzkonzepte und -maßnahmen“ fehlen, mit denen Kräne, Gerätschaften, Rohlinge sowie das einsturzgefährdete Lohnhaus bewahrt werden könnten.

Ein Dorn im Auge war den Prüfern das Sportklettern in der Ettringer Lay. Ferner stehe ein Landschaftsschutzkonzept aus, mit dem der nachwachsende Baum- und Pflanzenbewuchs in den Griff zu bekommen sei. Die Kommission habe zudem bei ihrer Inspektion an den Orten nicht klären können, wer die Trägerschaft öffentlicher Belange wahrnehme.

„Der Heimatstolz und die Heimatliebe sind gewachsen.“

Bürgermeister Jörg Lempertz (CDU) nimmt trotz alle positive Erkenntnisse mit.

Das Potenzial zum außergewöhnlichen universellen Wert (OUV), einem entscheidenden Unesco-Kriterium, sei nicht ausreichend. Zwei entscheidende Kriterien seien von den Protagonisten nicht abgeprüft und damit nicht herausgestellt worden: warum das Mühlsteinrevier „ein hervorragendes Beispiel für einen Landschaftstyp ist, der einen oder mehrere Abschnitte in der Geschichte der Menschheit versinnbildlicht“ und ob das Revier „ein außergewöhnliches Beispiel für geologische Prozesse bei der Entwicklung von Landschaftsformen“ bilde. Insofern weisen, so lautet das Urteil des Bewertungskomitees, der Antrag und vor allem der Substanzerhalt am Ort „grundlegende Mängel“ auf.

2Wie reagieren die beteiligten Gemeinden und der Landkreis MYK? In einer gemeinsamen Erklärung betonen die acht Kommunen, dass das interkommunale Projekt nicht auf der Vorschlagsliste stehe, sei „keine Entscheidung gegen das Projekt, sondern für diejenigen Projekte, die es auf die Liste geschafft haben“. Man sei sich sicher gewesen, gute Argumente für die Aufnahme in die Tentativliste zu haben. Zumal die Liste bis heute keine Stätte der jahrtausendealten Mühlsteinproduktion aufführt.

Ein Kritikpunkt sei das Sportklettern gewesen. Dabei sei dieser Punkt in ähnlicher Form bei anderen Welterbestätten nicht bemängelt worden – er sei gar Teil eines umweltverträglichen Tourismusangebotes. Das vom Fachbeirat angemahnte Landschaftsschutzkonzept liege im Übrigen vor. Dass die Trägerschaft öffentlicher Belange wahrgenommen werden müsse, sei zur Zeit der Antragstellung noch nicht gefordert gewesen.

Aus für das Mühlsteinrevier Rhein-Eifel beim Unesco-Weltkulturerbe.
Thomas Brost

„Wir waren von unserem Konzept, das ein Arbeitskreis seit 2015 erarbeitet hat, sehr überzeugt.“ So äußern sich unisono die Stadtchefs von Andernach, Mayen und Mendig, die Bürgermeister der VG Vordereifel und Mendig, die Ortsbürgermeister von Kottenheim und Ettringen sowie Landrat Alexander Saftig. Man gratuliere den sieben Bewerbern, die es geschafft haben, und drücke ihnen die Daumen.

„Wir hätten uns ein anderes Ergebnis erhofft, aber die Heimatliebe und der Heimatstolz sind gewachsen“, sagte Bürgermeister Jörg Lempertz in einer VG-Ratssitzung. Sein Dank für die umfangreiche Arbeit gelte allen Bürgermeisterkollegen, dem Arbeitskreis sowie den hauptamtlich und ehrenamtlich arbeitenden Menschen. Man habe auf jeden Fall „Erkenntnisse gewonnen, die zeigen, was unsere Heimat zu bieten hat.“

3Wie läuft der Prozess für die sieben erfolgreichen Bewerber weiter? Sie müssen noch einen langen, steinigen Weg zurücklegen. Die Vorschläge werden über das Welterbezentrum in Paris dem Unesco-Welterbekomitee zur Entscheidung vorgelegt. Der erste deutsche Antrag könnte zum Stichtag 15. September 2025 eingereicht werden. Er könnte „im besten Fall“ im Sommer 2029 dem Welterbekomitee zur Entscheidung vorliegen.

Sieben machen sich Hoffnung

Geschafft haben es auf die Vorschlagliste: Waldsiedlung Zehlendorf (Berlin), Fundstätte der Schöninger Speere – „Mensch und Jagd vor 300.000 Jahren“ (Niedersachsen), Pretziener Wehr (Sachsen-Anhalt), europäische Großbogenbrücken des 19. Jahrhunderts (Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit Frankreich, Italien und Portugal), keltische Machtzentren der älteren Eisenzeit nordwestlich der Alpen (Baden-Württemberg und Hessen in Kooperation mit Frankreich), Fernsehturm Stuttgart (Baden-Württemberg) und der Olympiapark in München (Bayern). red

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