Das Hochfest der katholischen Kirche ist insbesondere deshalb so beliebt, weil Altäre unter freiem Himmel mit farbenprächtigen Blütenteppichen gestaltet und Häuser mit Fahnen und Blumen geschmückt werden. Doch die öffentliche Demonstration des Glaubens – der Priester trägt in einer Prozession eine reich verzierte Monstranz mit einer geweihten Hostie durch die Straßen – ist längst nicht mehr überall so selbstverständlich wie früher. Und daran ist nicht Corona schuld, wie sich zeigt.
In der Pfarreiengemeinschaft Mendig gibt es am „Fest des heiligsten Leibes und Blutes Christi“ erstmals nur eine einzige gemeinsame Fronleichnamsprozession. Dabei gehören zu der Gemeinschaft die Pfarrgemeinden St. Cyriakus und St. Genovefa (Mendig), St. Maximin (Ettringen), St. Johannes Apostel (Thür), St. Nikolaus (Kottenheim), St. Florinus (Bell) sowie die Pfarrei St. Hubertus (Rieden und Volkesfeld). Wie kam es zu der Reduzierung?
Nur ein kurzer Satz weist auf die Neuregelung hin
Bereits vor Ostern gab es, erklärt Pastor Jörg Schuh einen Entwurf der Gottesdienstordnung, der mit den Ehrenamtlichen in den Gremien diskutiert wurde. Aufgrund verschiedener Rückmeldungen sei für ihn bereits in der Pfarreienratssitzung Anfang Mai die jetzige Planung klar gewesen. Warum es nur ein Hochamt mit anschließender Fronleichnamsprozession für alle Pfarreien der Pfarreiengemeinschaft Mendig gibt, darüber wurden die Gläubigen im monatlich erscheinenden Forum nicht informiert. Vielmehr wies nur ein kurzer Satz auf die Neuregelung hin.
Dass es wegen der Fronleichnamsprozession kritische Stimmen bei den Gläubigen gibt, bestätigt Pastor Schuh, der selbst Pfarrer der Pfarrei St. Jodokus in Langenfeld ist sowie Pfarrverwalter der Pfarreiengemeinschaften Mayen und Mendig. Im Gespräch mit unserer Zeitung betont Schuh: „Die Stelle des Pastors in der Pfarreiengemeinschaft Mendig ist vakant. Zudem es gibt keinen Kaplan mehr.“ Bei einer Vakanz sei eben nur ein eingeschränktes Gottesdienstangebot möglich.
„Die Stelle des Pastors in der Pfarreiengemeinschaft Mendig ist vakant. Zudem es gibt keinen Kaplan mehr.“
Pfarrer Jörg Schuh
Pater Majobi Amickattu MSJ, Generaloberer seines Ordens mit Sitz in Leutesdorf, ist als Kooperator mit einer halben Stelle dort eingesetzt. „Pater Majobi macht sehr viel. Doch der Pastor fehlt, und deswegen kann im Moment nicht alles so funktionieren, wie die Leute es gewohnt waren“, sagt Schuh. Als Pfarrverwalter ist er mit seinem Leitungsteam für 29.200 Katholiken im pastoralen Raum zuständig. „Wir machen das Ganze so gut wir können“, betont der Dekan im pastoralen Raum Mayen. Aber Fronleichnam in seiner traditionellen Form in allen Pfarreien zu feiern, ist momentan nicht möglich. Schuh wünscht sich, dass die Gläubigen dafür beten, wieder einen eigenen Pastor zu bekommen.
Von der Tradition, dass in Ettringen von Ehrenamtlichen sogar noch vier große Blütenteppiche gelegt werden, zeigt sich der Kirchenmann sehr angetan. Schuh versichert: „Künftig wird die Fronleichnamsprozession in den Pfarrgemeinden reihum stattfinden.“ Auch über große Feiertage werde, um Missverständnisse zu vermeiden, künftig gemeinsam im Pfarreienrat gesprochen. Maria Weiler fragt sich: „Warum findet die Prozession nicht in Ettringen statt?“ Die 83-jährige Lektorin und Kommunionhelferin sagt: „Ich stehe zur Kirche, aber ich bin stinksauer.“ Über Jahrzehnte hinweg hatte sie die Blütenteppiche auf dem Parkplatz an der Bäckerstraße mit gelegt.
Sorgen, dass die alte Tradition, in jede Himmelsrichtung einen Altar mit einem kunstvollen Blütenteppich aufzubauen, nach und nach verschwindet, hegt nicht nur Maria Weiler. Rainer Dinger, Mitglied des Pfarreienrates, sagt: „Für die Christen in Ettringen, insbesondere für die Frauen, die sich für den Erhalt der Tradition eingesetzt haben, ist das eine sehr unschöne Sache.“ Dinger findet es schade, sagt aber, dass hauptamtliches Personal im Bistum Trier Mangelware sei. Dahinter stecke kein böser Wille, dahinter. „Ich hoffe im nächsten Jahr auf eine Prozession. Doch darauf wetten würde ich nicht“, meint er.
„Die Auflösung unserer Pfarreien im nächsten Jahr betrachte ich mit großer Sorge und vermisse die kritischen Stimmen hierzu.“
Frank Heuft aus Kottenheim
Heribert Müller aus Volkesfeld betont mit Blick auf die Eucharistiefeiern an Pfingsten und die Fronleichnamsprozession, dass man nicht erwarten kann, wie in der Vergangenheit von der Kirche ständig bedient zu werden. „Pastor Jörg Schuh und Pater Majobi können sich nicht teilen“, führt das Mitglied des Pfarreienrats der Pfarrengemeinschaft Mendig und des Kirchengemeinderats Rieden weiter aus. Die katholische Kirche mache Höhen und Tiefen mit. Sie werde von Rom ausgebremst. Müller selbst will unbeirrbar seinen Weg weitergehen, sagt er. Mitfahrgelegenheiten, um an Fronleichnam nach Kottenheim zu kommen, gebe es sicher genügend, ist er überzeugt.
Frank Heuft aus Kottenheim ist sehr enttäuscht, „dass es in diesem Jahr in den anderen Pfarrgemeinden keine Prozessionen gibt“. Die zuständigen Gremien seiner Heimatpfarrei wurden, wie der Ehrenamtler sagt, kurzfristig darüber informiert, dass die Prozession in Kottenheim stattfindet und sie die Organisation hierzu übernehmen sollen. „Das werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gern umsetzen“, sagt das Mitglied des Verwaltungsrates der Pfarrei St. Nikolaus und der Verbandsvertretung der Pfarreigemeinschaft Mendig.
Mit den Prozessionen fallen viele liebgewonnene Rituale weg
Heuft findet es schade, dass es in diesem Jahr keine Blumenteppiche in Ettringen gibt, dass die Schützenkapelle in Niedermendig nicht spielen kann, und dass die Altäre in Bell, Rieden, Thür und Obermendig ungeschmückt bleiben. Genauso enttäuscht ist er auch darüber, dass die Prozession in Kottenheim, wie es aussieht, die letzte für die nächsten Jahre sein wird. Traurig ist er auch darüber, „dass wir derzeit keinen Pfarrer in unserer Pfarreiengemeinschaft haben. Unser einziger Lichtblick ist unser Kooperator, Pater Majobi Amickattu.“ Den Rückgang der Zahl der Gläubigen in ihren Pfarreien bezeichnet Heuft als schockierend.
„Die Auflösung unserer Pfarreien im nächsten Jahr betrachte ich mit großer Sorge und vermisse die kritischen Stimmen hierzu“, sagt der Kottenheimer. Der Rückzug aus der Kirche sei an vielen Stellen festzustellen. „Dies geht leider Gottes weit über die anstehenden Festlichkeiten von Fronleichnam hinaus.“ Das Problem kann deshalb nicht allein auf den anstehenden Fronleichnamsfesttag reduziert werden. Und die beeindruckende Gestaltung dieses Festes in Ettringen als Vergleich heranzuziehen, sei auch nicht hilfreich.
„Ich kann die Enttäuschung aller nachvollziehen, die dieses wichtige Fest in ihren Orten vermissen werden. Ich hätte mir, wenn es schon nur eine Prozession geben soll, ein gemeinsames Fest aller Pfarreien gewünscht, an dem sich alle Pfarrgemeinden entsprechend ihrer Stärken und Möglichkeiten hätten einbringen können“, betont der Kottenheimer. Vielleicht können die Verantwortlichen diese Idee für das nächste Jahr aufgreifen, hofft er. Dass die erste gemeinsame Prozession sicher speziell wird, mutmaßt Barbara Thömmes aus Kottenheim. „Ich bin neugierig, wie es klappt. Dann schauen wir mal“, sagt die im Gottesdienstbereich ehrenamtlich tätige Kirchenchorsängerin.
Als schönes (Einheits-)Zeichen bewertet Gemeindereferentin Barbara Gorges die gemeinsame Fronleichnamsprozession im Hinblick auf die neue Pfarrei der Zukunft.