Andernach – Ist ein 52-jähriger psychisch schwer kranker Andernacher so gefährlich für die Allgemeinheit, dass er in einer Psychiatrie untergebracht werden muss? Diese Frage musste jetzt die Dritte Große Strafkammer des Landgerichts Koblenz klären.
Bereits 19 mal musste der Mann in einer psychiatrischen Klinik eingewiesen werden. Für seine Straftaten, die er am 4. Juni und am 21. September 2010 beging, ist er aber nicht verantwortlich. Wegen seiner Erkrankung ist er aber dennoch eine Gefahr für die Allgemeinheit. Das Landgerichts ordnete seine Unterbringung in der Psychiatrie an, setzte sie aber zur Bewährung aus.
Am 21. September war seine Erkrankung wieder so akut, dass er in die Psychiatrie eingewiesen werden sollte. Dagegen wehrte er sich heftig. Er beschimpfte und bedrohte die Polizeibeamten. „Ich werde euch alle einen Kopf kürzer machen, euch den Hals aufschlitzen, passt auf eure Familien auf!„ Diese und andere Drohungen stieß er aus. Für die Andernacher Polizeibeamten war das nichts Neues. Sie kannten seine aggressiven Worte aus anderen Begegnungen mit ihm.
Auch am 4. Juni 2010 befand er sich in der Rhein-Mosel-Fachklinik. Dort zeigte er sich in exhibitionistischer Weise einer Mitpatientin und machte der erschreckten Frau ein sexuelles Angebot. Seit dem 21. September ist der gelernte Maler und Lackierer im Nette-Gut. Hier bekommt er die notwendigen Medikamente und hat sich nach Auskunft des Leitenden Arztes, Dr. Wolfram Schumacher-Wandersleb, sehr stabilisiert. „Der Patient hat sich gut eingefügt, ist nicht mehr aggressiv, hält sich an die Spielregeln und kümmert sich um Schwächere“, so der Arzt. Das Problem sei die Medikamenteneinnahme. Ist er in Freiheit, neige er dazu, sie wegzulassen. Dann breche die Krankheit mit all ihren negativen Symptomen aus. Der sachverständige Zeuge meinte aber dennoch, eine stationäre Behandlung sei im Moment nicht notwendig. Die Unterbringung sollte zur Bewährung ausgesetzt werden. Jedoch sei eine engmaschige Betreuung in der forensisch-psychiatrischen Ambulanz der Klinik dringend notwendig.
Dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. Ingo Baltes war das zu wenig. Seiner Meinung nach muss der Beschuldigte noch mindestens ein Jahr in stationäre Behandlung, bevor eine engmaschige ambulante Therapie beginnen kann. Staatsanwältin Dr. Julia Kugler, Verteidigerin Almuth Gärtner-Schimpf und die Kammer mit dem Vorsitzenden Richter Ralf Bock entschieden sich für die Ambulanz, um den 52-Jährigen eine Chance zu geben.
Renate Holbach