Möglichst lange selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden wohnen – das steckt hinter dem Konzept, das hinter dem alten Martinsheim am Ortsrand von Obermendig in Richtung Bell verwirklicht werden soll. Allerdings ist die Ursprungsplanung für das Seniorenwohnprojekt, in dem auch Pflegepersonal wohnen soll, reichlich abgespeckt worden. „Auch durch die Belange des Arten- und Naturschutzes ist ein Geländeteil hinter dem Martinsheim weggefallen“, sagt Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel. Ein Rückblick.
März 2017: Die Vorstellung des Großprojektes führt gleich zu Zustimmung, ja fast Begeisterung: Einstimmig bei einer Enthaltung votiert der Stadt dafür, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Martinsheim/Ernteweg“ im beschleunigten Verfahren aufzustellen. Auch deswegen, weil die Stadt selbst ein Baugebiet dort anschließen möchte. Der Investor plant, 36 Gebäude in drei Bauabschnitten zu errichten.
Mai 2017: „Es brodelt in Obermendig“, so beschreibt die Rhein-Zeitung die Stimmung. Hintergrund ist eine Bürgerversammlung, in der es zeitweise hoch hergeht. Was vielen der 150 Bürger nicht schmeckt: Das zu überplanende Areal ist mit sieben Hektar sehr groß, zudem müsste ein Hektar Douglasienwald geschlagen werden. Und: Viele Bürger fürchten, dass durch die Versiegelung der obere Stadtteil von Starkregenfluten betroffen sein könnte. Und einigen stößt auf, dass das beschleunigte Verfahren eine Umweltprüfung außer Acht lässt. Unteranderem soll in diesem Bereich eine streng geschützte Ringelnatter gesichtet worden sein. 40 Einwendungen sind bei der Stadtverwaltung eingegangen.
September 2018: Es dauert fast anderthalb Jahre, bis die Thematik erneut in den Mendiger Stadtrat kommt. In der Zwischenzeit hat die Planung gravierende Abstriche erfahren. Die Zahl der Gebäude ist von 36 auf 21 verringert worden, ein Bauabschnitt entfällt. Um den neuralgischen Bereich von Ernteweg, Eichenweg und der Straße „Im Sonnenhang“ zu umgehen, soll eine 360 Meter lange Baustraße an der Landesstraße 120 gebaut werden.
Dezember 2021: Drei Jahre ruht still der See – aber nur scheinbar. Die Planung wird in dieser Phase erneut modifiziert, aus 21 bleiben nur noch sieben neue Gebäude übrig. Im Bau- und Vergabeausschuss ist die alte Planung im April besprochen worden, der Ausschuss empfahl dem Stadtrat, einen Entwurf zum Bebauungsplan anzunehmen und die Einleitung des Offenlageverfahrens zu beschließen. Allerdings wurde danach festgestellt, dass in verschiedenen Punkten aus Sicht der Stadt ein Änderungsbedarf bei dem beschlossenen Bebauungsplanentwurf bestand. Der Stadtrat wird jetzt ein neues Verfahren auf die Reise geben, falls er es will. Erneut soll ein beschleunigtes Verfahren nach dem Baugesetzbuch gewählt werden. Aber: Es muss ein neuer Aufstellungsbeschluss gefasst werden, das gesetzlich vorgeschriebene Prozedere beginnt von Neuem. Thomas Brost