800 Demonstranten in Andernach
IG Metall zeigt Arbeitgebern die rote Karte
Die IG-Metall-Mitglieder zeigten den Arbeitgebern bei der Abschlusskundgebung in den Rheinanlagen buchstäblich die rote Karte.
Martin Ingenhoven

800 Beschäftigte der Metallindustrie haben sich bei einem Demonstrationszug durch Andernach für eine deutliche Lohnsteigerung starkgemacht. Vor der am Montag anstehenden vierten Verhandlungsrunde im Tarifstreit machten sie ihren Standpunkt klar.

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Andernach. Viel Gewerkschaftsfolklore ist an diesem Morgen in Andernach zu sehen. Viel rot – Schals, Fahnen, Transparente. Dazu gelbe Warnjacken und -westen. Etwa 800 Mitarbeiter der umliegenden Betriebe haben sich vor dem Werkstor von Rasselstein versammelt und fordern lautstark: „Wer die Preise kennt, will sieben Prozent!“ Eine Lohnerhöhung um sieben Prozent, dazu ein Plus von 170 Euro für Azubis sind die Forderungen der IG-Metall in der aktuellen Tarifrunde.

Nach dem nächtlichen Warnstreik bei Rasselstein Ende Oktober sind nun abermals Hunderte Protestierende zusammengekommen. Gegen 10 Uhr setzte sich der Protestzug in Richtung Innenstadt in Bewegung, mit dabei sind Beschäftigte von Thyssenkrupp Rasselstein, der Mittelrheinischen Metallgießerei Beyer und SPIE SAG aus Andernach. Verstärkt wurde der Zug durch Mitarbeiter aus zahlreichen Betrieben umliegender Ort, wie etwa ZF Friedrichshafen aus Bad Neuenahr, Integral und Morgan MECD aus Remagen oder Winkler + Dünnebier aus Neuwied.

Martin Deutsch sorgt mit seiner Gitarre bei der Demonstration für Stimmung
Martin Ingenhoven

An der Spitze des Zuges ein umgebautes Lastendreirad als Lautsprecherwagen und Martin Deutsch mit seiner E-Gitarre. „Ich bin mittlerweile Rentner, war aber 48 Jahre beim Rasselstein und will die Kollegen unterstützen.“ Solidarität mit der jüngeren Generation sei seine Hauptmotivation. „Ich möchte, dass es den Kollegen heute genauso gut geht, wie uns damals. Deshalb muss man was machen“, sagt der aus Neuwied stammende Deutsch.

Er sei schon bei vielen Kundgebungen dabei gewesen und habe immer seine Gitarre mitgehabt, erzählt der Rentner begeistert. „Luftgitarre spielen ist mein Hobby. Irgendwann habe ich dann eine echte Gitarre dazu genommen, da kann man noch mehr machen“, fachsimpelt Deutsch. Wirklich Gitarre spielen könne er zwar nicht, aber das sei auch gar nicht wichtig. „Wichtig ist die Solidarität! Und wenn man nichts macht, ist das verkehrt“, gibt sich der Mann mit der Luftgitarre kämpferisch.

800 Teilnehmer zeigten in Andernach ihre Solidarität mit den Beschäftigten der Metallbranche.
Martin Ingenhoven

Von Solidarität ist auch während der Abschlusskundgebung in den Andernacher Rheinanlagen oft die Rede: „Ich danke meinen Kollegen, dass sie heute mit uns auf die Straße gehen, um zu kämpfen“, sagte Marc Winter, Betriebsratsvorsitzender der Thyssenkrupp Rasselstein GmbH und Mitglied der Verhandlungskommission für den Bezirk Mitte.

Man habe bei Rasselstein eine Beschäftigungssicherheit bis zum Jahr 2030, aber dies sei nur gelungen, weil man als Arbeitnehmer solidarisch zusammengestanden habe, so Winter weiter. „Viele Menschen fragen, ob denn jetzt, vor dem Hintergrund einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, der richtige Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung sei. Aber ich warne davor, auf diesen Arbeitnehmersprech hereinzufallen! Lohnverzicht hat noch nicht einen einzigen Arbeitsplatz gerettet!“, gab sich der Betriebsratsvorsitzende kämpferisch.

Sieben Prozent mehr Lohn: So lautet die Forderung der Gewerkschaft in den aktuell laufenden Tarifverhandlungen.
Martin Ingenhoven

Diesen Zusammenhalt beschwor auch Sebastian Hebeisen, Geschäftsführer vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Region Koblenz. „Wenn es wichtig wird, halten wir alle zusammen, das ist das Grundprinzip von Gewerkschaft“, sagte Hebeisen unter dem Beifall der anwesenden Metallarbeiter. Doch der Gewerkschafter spannte den Bogen weiter. „Wichtige Entscheidungen stehen in diesen Tagen an. Und das funktioniert nicht, wenn jeder nur auf sich schaut. Daher senden wir eine Botschaft nach Berlin: Reißt euch zusammen und bringt die entscheidenden Gesetze auf den Weg!“, rief Hebeisen.

Hierzu gehöre eine stärkere und noch weitreichendere Tarifbindung, betonte auch die Landtagsabgeordnete Lana Horstmann, die selbst seit 2014 freigestellte Betriebsrätin der Thyssenkrupp Rasselstein GmbH ist. Am kommenden Montag findet in Hamburg die vierte Verhandlungsrunde in der Metall- und Elektroindustrie statt.

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