Säfte mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Paracetamol sind auch in unserer Region nicht immer und überall zu haben
Ibuprofen oder Paracetamol sind rar – Immer noch Mangel an Fiebersaft für Kinder
Die Schlags Apotheken sind in Mayen, Mendig, Koblenz, Polch, Ochtendung und Weibern vertreten. Unser Foto zeigt Dr. Wolfgang Schlags in der Reichskronen Apotheke in Mayen.
Elvira Bell

Es ist ein schlimmes Szenario, dass sich niemand vorstellen möchte: Das Baby oder das Kleinkind fiebert, aber fast nirgendwo sind Schmerz- und Fiebersäfte erhältlich. Nach wie vor bereiten Lieferengpässe bei Fiebersäften mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Paracetamol Eltern und Apothekern große Sorgen.

Lesezeit 3 Minuten

Schon im Sommer hatte unsere Zeitung darüber berichtet, dass fiebersenkende Medikamente für Kinder knapp sind. Dies hatten bei einer kleinen, nicht repräsentativen Umfrage Apotheker aus der Region bestätigt. Es ist ein fataler Zustand – vor allem vor dem Hintergrund, dass Erkältungs- und Infektionswellen, die einen erhöhten Bedarf an Medikamenten mit sich bringen, bei Kindern und Erwachsenen besonders in den jüngsten Wochen grassieren.

„Es gibt nach wie vor bei einer Vielzahl an Arzneimitteln Lieferengpässe“, sagt Apotheker Dr. Wolfgang Schlags von der Reichskronen Apotheke Schlags in Mayen. Filialen von Dr. Schlags Apotheken gibt es in Mendig, im E-Center in Koblenz, in Ochtendung, in Weibern und in Polch.

„Bereits seit Längerem sind Fiebersäfte für Kinder mit Paracetamol und Ibuprofen nicht oder nur zeitweise lieferbar. Wir versuchen so gut wie möglich, Ware zu beschaffen, alternativ müssen wir auf andere Darreichungsformen ausweichen.“ Das seien bei Fieberpräparaten für Kinder je nach Alter Zäpfchen oder Schmelztabletten. „Bei einer weiteren Verschlechterung der Liefersituation wäre die Eigenherstellung von Fiebersäften noch eine Option“, betont der Apotheker.

Es gibt nach wie vor bei einer Vielzahl an Arzneimitteln Lieferengpässe.

Apotheker Dr. Wolfgang Schlags

Die Ursache dieser Lieferengpässe liege in einem sehr globalisierten und immer stärker am günstigsten Preis ausgerichteten Pharmamarkt. Weite Teile der Produktion sind nach Asien abgewandert, und der zunehmende Preisdruck habe zu einer „Oligopolisierung“ geführt. Dementsprechend groß seien die Auswirkungen, „wenn einer von wenigen Herstellern ausfällt oder auch dann, wenn Verpackungsmaterial fehlt oder die Logistik nicht reibungslos funktioniert. Zudem ist es bei einigen Präparaten für die Hersteller nicht möglich, diese wirtschaftlich zu vermarkten, aktuell gibt es nur noch einen einzigen Hersteller in Deutschland, der einen Paracetamolsaft im Sortiment hat“, so Schlags.

Mit Lieferschwierigkeiten hat auch die Maifeld-Apotheke in Münstermaifeld mit Blick auf Fiebersäfte mit Ibuprofen und Paracetamol zu kämpfen. „Allerdings haben wir aktuell noch einige Säfte bevorratet“, so Apothekerin Nicola Kluge. Damit Kunden künftig nicht mit leeren Händen nach Hause gehen müssen und auch, um Panikkäufen entgegen zu steuern, gibt es in der Maifeld-Apotheke Überlegungen, nur noch eine Packung pro Apothekenbesuch abzugeben.

Was auch helfen kann

Eltern von Kita- oder Grundschulkindern wissen um die Situation: Mit den kühleren Temperaturen rollen die Erkältungswellen an. Um eine Temperaturerhöhung zu senken, muss nicht immer gleich zu Medikamenten gegriffen werden. Bewährte Hausmittel, beispielsweise Wadenwickel mit handwarmem Wasser, können helfen. Sie wirken erfrischend und angenehm auf ein fieberndes Kind. Allerdings dürfen diese Wärme ableitenden Hausmittel nicht bei Schüttelfrost angewandt werden. Feuchte, lauwarme Waschlappen auf der Stirn können ebenfalls Linderung bringen. Zudem ist auf reichliche Flüssigkeitszufuhr zu achten – und auch darauf, dass das Kind keine zu warme Kleidung trägt.

„Der Mangel an Kinderfieber- und Schmerzsäften ist enorm“, bestätigt auch Hannelore Steffens, Inhaberin der Apotheke im Hit-Markt in Mayen und im Hit-Shopping-Center in Andernach. Wie in anderen Apotheken führen auch hier die Lieferschwierigkeiten zu einem enormen Mehraufwand. „Obwohl es sehr zeitaufwendig ist, kontaktieren wir mehrmals am Tag unsere Lieferanten und schauen stündlich im Internet nach, ob etwas lieferbar ist“, sagt die Apothekerin.

Es sei eine sehr nervenaufreibende Sache. „Wir haben eine Mitarbeiterin, die für den Notfall Zäpfchen mit einer ganz niedrigen Dosierung für Neugeborene und Säuglinge bis zu drei Monaten selbst angefertigt hat.“ Denn Fieberzäpfchen (75 Milligramm) seien im Moment nirgendwo zu kriegen. „Der Aufwand ist riesengroß, und die Arbeit kann man den Kunden nicht berechnen. Wir geben die Zäpfchen bei absoluten Notfällen so ab.“

Vorräte gehen immer mehr zu neige

Aktuell gibt es in den Apotheken im Hit auch keine Nurofen-Schmelztabletten mehr. Allerdings halten die beiden Apotheken von Hannelore Steffens aktuell (Stand: Donnerstag) noch einige Fiebersäfte für größere Kinder vor. Fiebersäfte selbst herzustellen, das kann Hannelore Steffens mit ihrem Team momentan nicht leisten: „Wir haben einige Krankheitsfälle.“ Sie verstehe nicht, warum verschiedene Firmen mit den Fiebersäften für Kinder nicht nachkommen.

Auch in der Görres-Apotheke in Koblenz sieht es aktuell nicht rosig aus, wie Inhaber Stephan Ringel die Situation beschreibt. „Unsere Vorräte gehen zuneige, aber wir haben Vorbestellungen getätigt.“ Die Notwendigkeit, Zäpfchen oder Säfte herzustellen, sieht der Apotheker aktuell nicht. „Das macht für mich keinen Sinn, das würde zu teuer. Ich könnte den Saft nicht für 4 oder 5 Euro verkaufen.“

In diesem Zusammenhang erinnert der Apotheker an die Anfänge der Corona-Pandemie. „Wir haben Desinfektionsmittel selbst hergestellt und sind nachher darauf sitzen geblieben.“ Allerdings, berichtet Ringel, habe es vor einiger Zeit in seiner Apotheke tatsächlich für einige Tage einen Engpass an Fieber- und Schmerzsäften für Kinder gegeben.

Top-News aus der Region