Ofen soll wieder zum Brotbacken genutzt werden
Historisches Gebäude wiederbeleben: Rüber möchte „Backes“ reaktivieren
Das 1838 errichtete Fachwerkgebäude in der Dorfmitte beherbergt einen Backes und diente ursprünglich als Schulhaus.
Heinz Israel

Das „Backes“ nennen die Bürger von Rüber das malerische alte Fachwerkgebäude in der Dorfmitte. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates berichtete Ortsbürgermeister Markus Bach von einem Ortstermin, bei dem über die Zukunft des historischen Gebäudes und des darin eingebauten Steinbackofens gesprochen wurde.

Das 1838 errichtete Fachwerkgebäude in der Dorfmitte beherbergt einen Backes und diente ursprünglich als Schulhaus.
Heinz Israel

Denn dieser ist instabil geworden, droht zu zerbrechen und kann in Folge dessen nicht mehr genutzt werden. Die Gemeinde will den Backofen reparieren und dies soll mit Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer und Geldspenden durch Fachfirmen geschehen. Durch Vereinsspenden kamen bisher 5500 Euro zusammen, im Haushalt 2023 hat die Kommune Mittel in Höhe von 22.000 Euro bereitgestellt, zudem hat Ortsbürgermeister Markus Bach bei drei Fachfirmen Angebote zur Wiederherstellung eingeholt. Als Auflage der zuständigen Schornsteinfegerin muss ein Kamin aus Edelstahl in den gemauerten Kamin eingezogen werden.

Bei dem Ortstermin mit einem Sachbearbeiter aus dem Bereich der Denkmalspflege der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz sowie mit Esther Klinkner von der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), Landesdenkmalpflege, Praktische Denkmalpflege, wurde festgestellt, dass hinsichtlich des Denkmalschutzes keine besonderen Auflagen beachtet werden müssen. Es wurde lediglich gewünscht, dass die historische Backofentür im Backes einen neuen Platz an der Wand erhalten sollte. Der Gemeinderat stimmte der Vergabe von zwei Aufträgen zu.

Der erste geht an den Backofenbauer Zepp aus Bell zum Angebotspreis von 13.370 Euro, der zweite an die Firma Hahn in Polch für den Edelstahlkamin zum Preis von 3841 Euro. Im Heimatjahrbuch hat der frühere Ortsbürgermeister Leo Klöckner in seinen „Erinnerungen“ das dörfliche Leben mit dem 1838 errichteten Gebäude wieder aufleben lassen. Das Fachwerkgebäude wurde in der Dorfmitte als das erste Schulhaus des Dorfes in Form eines Mehrzweckgebäudes gebaut. Man hatte es 1980 unter Denkmalschutz gestellt. „Es bietet einen Anblick, als ob es den Stürmen der Zeit getrotzt hätte und auch weiterhin trotzen wollte“, schreibt Leo Klöckner. Das Haus wurde mit einem Schulsaal, einer Lehrerdienstwohnung und einer Backstube erbaut.

„Backesbäcker“ Gerhard Krechel mit einer Kindergartengruppe bei Brotbacken im Rüberer Backes.
Heinz Israel

Die Nutzung als Schulgebäude endete um die Jahrhundertwende. Bis etwa 1936 versammelten sich die Bürger beim Läuten der Gemeindeglocke um das „Backes“, um die Bekanntmachungen des Dorfvorstehers zu hören. Auch das „Dritte Reich“ ging am „Backes“ nicht spurlos vorüber. Es erhielt den Namen „Hitler-Jugend-Heim“ und wurde als Jugendheim sowie als Kindergarten genutzt. Im Türmchen des „Backes“ hängt die 1720 gegossene St. Margarethenglocke mit der Inschrift: „S. Maria – S. Margaretha, Orate pro nobis.“ Dieses Glöckchen soll in der alten Kapelle, die auf dem Flurdistrikt St. Margarethen (westwärts in Richtung Gappenach) stand, seinerzeit geläutet haben. Als Backstube wurde das „Backes“ vorwiegend zum Brotbacken bis etwa 1955 genutzt.

„Erinnerungen“ an das alte „Backes“ in der Gemeinde Rüber

In einer großen irdenen Schüssel wurde der vorbereitete Sauerteig mit Mehl und Wasser vermengt. Nun kam die benötigte Menge Mehl in den hölzernen Trog, auch Mole genannt, in dem der eigentliche Brotteig geknetet werden sollte. Dies geschah am anderen Morgen. Dem Backtag sah man meist mit Unsicherheit entgegen. Die Nervosität wich bei den Beteiligten erst dann, wenn die dampfenden, heißen Brotlaibe aus dem Ofen kamen.Doch vom Kneten bis zum ofenfrischen Brot war noch ein weiter Weg. Der Teig musste noch „gehen“, das heißt, der Gärungsprozess musste abgeschlossen sein. Dann wurde der Teig in einer „Manne“ (großes Kerbgeflecht) per Handwägelchen zum „Backes“ gebracht. Die Brotlaibe wurden auf hölzernen Tischen im „Backes“ geformt und noch einige Zeit stehen gelassen (sie ruhten), damit der Teig noch etwas aufgehen konnte.

Der gemauerte Ofen war zuvor mit Schanzen (Dornenreisig), die in den Wintermonaten geschnürt worden waren, und einem Bündel Stroh „angefacht“ und auf die benötigte Temperatur gebracht worden. „Die richtige Backglut „ist dann erreicht, wenn die Steinwände des Ofens fast weiß glühen.“ War das eine Hitze in dem Backvorraum, wo Frauen und Männer darauf warteten, dass das Brot eingeschoben werden konnte! Dies geschah mit einem Schoss, nachdem von der Backofenbodenfläche Glut und Asche entfernt worden waren.

Eine etwa zweistündige Wartezeit begann, die mit dem Austausch von Dorfneuigkeiten überbrückt wurde, sodass sie wohl manchmal zu kurz war. Endlich! Der Duft des frischen Brotes stieg einem schon in die Nase – knusprig gebacken wurden die Brotlaibe mit dem Schoss aus dem Ofen gezogen und mit Wasser abgepinselt.

Leo Klöckner

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