Wenn Peter Wölwer gemeinsam mit seiner Frau Erika am Donnertag, 14. November, zum letzten Mal nach Vukovar aufbricht, ist es für ihn die 101. Fahrt dorthin. Doch die Hilfe endet nicht komplett: „Der St.-Martin-Abend mit dem Verkauf von Getränken und im Beller Backes frisch gebackenen Brot, setzt weiter ein Zeichen der humanitären Unterstützung. Wir werden den Erlös, das sind so manches Mal an die 1000 Euro, an die Caritas in Vukovar überweisen“, erklärt Peter Wölwer.
Not der Menschen, vor allem der Kranken, Alten und Waisen, lindern
Mehr als 70 Mal hatte der Ehrenamtler gemeinsam mit dem inzwischen 89-jährigen Wolfgang Schlich die Strapazen der langen Tour mit Hilfsgütern auf sich genommen, um die Not der Menschen, vor allem der Kranken, Alten und Waisen, zu lindern. Grundgedanke der Beller Kroatienhilfe ist und war: „Hilfslieferungen sind bestimmt für Hilfebedürftige – egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion.“ Für die Fahrt zum Balkan mit einem vollgepackten Transporter benötigten die beiden, insbesondere in den Wintermonaten, oftmals mehr als 24 Stunden. Besonders nervenaufreibend und eine wahre Belastungsprobe waren die teils langen Wartezeiten an den Zollkontrollen, ehe die Hilfsgüter die Grenze passen durften. Doch davon ließen sich die Ehrenamtlichen aus Bell nicht abhalten.
Kinderheim St. Ana und Caritas-Zentrale besucht
Oft haben sie das Kinderheim St. Ana in Vukovar und die Caritas-Zentrale in Mostar in Bosnien-Herzegowina besucht. Die Freude der Menschen und die Dankbarkeit, die die Bedürftigen zeigten, seien überwältigend und Ansporn für ihr weiteres Engagement gewesen. Warum Peter Wölwer seine zuletzt zweimal jährlich durchgeführten Transporte nach Vukovar einstellt? „Es ist eine Bürde, die man ablegt“, berichtet der 70-Jährige. Auch dieses Mal steuern Peter und Erika Wölwer die Caritas in Vukovar mit Medikamenten, Hygieneartikeln, Weihnachtspäckchen und orthopädischen Hilfsmitteln an. Die dortige Caritas ist im weitesten Sinne mit der Tafel vergleichbar. „Sie verteilen die Hilfsgüter an bedürftige Menschen.“ Noch wissen die Mitarbeiter der Caritas nicht, dass künftig von Bell aus keine Hilfstransporte mehr starten werden. Das bereitet insbesondere Erika Wölwer Bauchschmerzen.
Vieles wurde bewegt: Stolz können die ehrenamtlich Tätigen etwa darauf sein, dass in einem Kinderheim in Vinkovci durch ihre Vermittlung komplett neue Sanitäranlagen gebaut werden konnten. Die finanzielle Unterstützung kam durch die Aktion „Helft uns leben“ unserer Zeitung zustande. In dem gleichen Kinderheim konnte die Ausstattung einer kleinen Halle mit Sportgeräten ermöglicht werden. Auch viele Jahre nach dem Krieg ist Vukovar, eine der ärmsten Regionen Kroatiens, kein prosperierender Ort. Die an der Donau und der Grenze zu Serbien liegende Stadt wurde im kroatischen Unabhängigkeitskrieg 1991 fast völlig zerstört.
Junge Menschen wandern wegen des Mangels an Arbeitsplätzen aus
Nach wie vor mangelt es dort an Arbeitsplätzen, sodass gut ausgebildete junge Menschen auswandern. Viele, zumeist ältere Bürger, die Vukovar nicht verlassen haben, kämpfen ums finanzielle Überleben. Auch heute noch ist, wie Wölwer berichtet, an vielen Stellen der einstige Schauplatz der schlimmsten Schlacht des Kroatien-Krieges erkennbar. Vukovar fiel am 18. November 1991 in serbische Hand. Heute ist der 18. November ein offizieller Feiertag, an dem der Opfer gedacht wird. „Dann kommen die Menschen, auch mit Fahrrädern, von überall her, um den Opfern zu gedenken.“ Die im Jahre 1990 rund 44.000 Einwohner zählende Stadt ist mittlerweile auf 22.000 Einwohner geschrumpft.