Der europäische Wald als natürliche Speisekammer? Das klingt nach einem verklärten Mythos. Doch für Zaneta und Johannes Frankenfeld ist es viel mehr als das: Es ist die Basis ihres kleinen Familienunternehmens im Maifeld. Sie sammeln Bucheckern im Wald, produzieren daraus wertvolle Öle, Pesto, Aufstrich und sogar Nudeln. In der SWR-Reihe „Lecker aufs Land“ zeigt Zaneta Frankenfeld am 2. Dezember um 20.15 Uhr im SWR, wie die Produkte die heimische Küche bereichern. Johannes Frankenfeld beeindruckte im Sommer bereits die beiden Spitzenköche Frank Buchholz und Björn Freitag in „Lecker an Bord“. Die Buchecker wird zum Fernsehstar, mal umgeben von saftigem Fleisch, mal umrundet von zartem Salat.
In Münstermaifeld, im Ortsteil Sevenich, leben Zaneta und Johannes Frankenfeld mit Töchterchen Rosa in einem wunderschön restaurierten Gutshof aus dem 1777, der früher der gräflichen Familie von Eltz gehörte. Dass das Paar hier im Schatten der Burg Eltz die Buchecker entdeckt hat und ihr auf der kulinarischen Bühne zu einer neuen Rolle verhilft, das hat etwas mit Geschmack, Nachhaltigkeit und Glück zu tun. Es ist ihr Gold des Waldes, ihre Manufaktur heißt folgerichtig „Waldgold“.

Die 39-jährige Zaneta stammt aus Polen, kam 1989 nach Deutschland und machte in Hessen eine Ausbildung zur Hörgeräteakustikerin. „Ich wollte immer mit den Händen arbeiten“, sagt sie. In Berlin lernte sie ihren späteren Mann kennen – bei einer Start-up-Party von Marco Vietor und Paul Crusius. Sie haben mit „Audibene“ die inzwischen weltweit beliebteste Plattform für Hörakustik gegründet, und sie sind Absolventen der renommierten WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar – wie Johannes Frankenfeld. Der gebürtige Stuttgarter studierte Betriebswirtschaftslehre an der WHU und ist vermutlich der einzige promovierte Finanzwissenschaftler, der danach Beruf und Berufung im Wald gefunden hat. An der Hochschule in Vallendar lerne man neben dem Fachlichen, sich etwas zutrauen und Neues auszuprobieren, sagt der 41-Jährige.
Aber wie kommt man da auf Bucheckern, die Früchte der Rotbuche? „Unsere Großeltern mussten früher Bucheckern im Wald sammeln“, erzählt Frankenfeld. „Sie ist die heimische Nuss und sehr nahrhaft.“ Ihr hoher Eisengehalt fördert die Blutbildung. Kalzium und Zink stärken in Kombination mit den Vitaminen C und B 6 den Organismus. Das ist auch eine sensorische Explosion, die in Form von kalt gepresstem Öl inzwischen mehr als 250 Spitzenköche begeistert.

„Alles, was wir hier im Wald sammeln können, ist sensorisch hervorragend“, schwärmt der 41-Jährige. Zu den „Waldgold“-Produkten gehören inzwischen auch ein Pesto mit Tannenspitzen, ein Pesto aus Giersch und Kresse oder ein Tannenspitzensirup. „Alles sind nachhaltige Rohstoffe.“
Er habe sich gefragt, was er als Einzelner tun könne für eine klimagerechte, ressourcenschonende Zukunft. Nach vielen durchaus wissenschaftlichen Gedankengängen sei ihm klar geworden: „Früher haben sich die Menschen komplett aus dem Wald ernährt.“ Dabei sei ihm die Buchecker in den Sinn gekommen, diese kleine eckige Nuss, die außer Wildschweinen heute kaum noch einer kennt. Er ist überzeugt: „Die Buchecker als Frucht eines der weitverbreitetsten Laubbäume Deutschlands trägt ein noch weitestgehend unerschlossenes Potenzial für die menschliche Ernährung in sich.“
Doch wie schmeckt sie? „Fast wie eine Haselnuss“, sagt Björn Freitag in „Lecker an Bord“. Im Dezember will Zaneta Frankenfeld in „Lecker aufs Land“ drei Landfrauen mit einem weihnachtlichen Menü davon überzeugen. Unter anderem wird es Bucheckerneis geben. „Wie selbstverständlich essen wir Mandeln aus Kalifornien oder Pinienkerne aus China?“, sagt sie. „Aber unsere heimische Nuss, die Buchecker, steht bei den wenigsten auf dem Speiseplan.“

Und wie werden die heimischen Nüsse geerntet? „Wir sammeln die Bucheckern dort, wo die Natur uns ruft“, erzählt Zaneta Frankenfeld. In diesem Herbst kam der Ruf vor allem aus Schleswig-Holstein. „Wir haben inzwischen ein Netzwerk von Förstern und Waldbesitzern, mit denen wir in Kontakt stehen.“ Dann fährt ihr Mann los und begutachtet die Bäume. Mitte September werden große Netze ausgelegt, dann beginnt das Warten.
Irgendwann im Oktober lassen die Bäume die Bucheckern fallen, und die Netze werden mit der kleinen Kostbarkeit zur Siebtrommelmaschine getragen. Dort wird selektiert. Übrig bleibt die Buchecker – mit Schale. Danach folgt das Trocknen, bevor eine erneute Selektierung ansteht. Jetzt geht es um die Qualität und die Frage: Wird die Nuss zu Öl, Pesto, Aufstrich oder Würzsalz verarbeitet? Das geschieht in Kooperation mit spezialisierten Dienstleistern. „Es ist eine Symbiose aus altem Wissen und moderner Technologie“, sagt Johannes Frankenfeld.

Aufgrund der klimatischen Veränderungen und der Abholzung machen Rotbuchen innerhalb der deutschen Wälder noch einen Anteil von etwa 15 Prozent aus. Das Besondere ist unter anderem auch, dass eine Rotbuche erst ab einem Lebensalter von 40 Jahren überhaupt Früchte trägt. „Bucheckern unter jüngeren Bäumen zu suchen, ist daher nicht erfolgversprechend“, sagt Johannes Frankenfeld. Er weiß auch: „Im rohen Zustand enthalten Bucheckern eine höhere Menge an antinutrivten Inhaltsstoffen.“ Das sind giftige Bestandteile, die Bauch- und Kopfschmerzen verursachen können. Beim Erhitzen oder Rösten gehen die Giftstoffe verloren.
Bucheckernprodukte haben ein feines nussiges Aroma, deshalb reagiert die Spitzengastronomie begeistert auf „Waldgold“. Das regionale Superfood spielt zwar nicht die Hauptrolle bei einem Gericht, aber es setzt nachhaltige Akzente. Um Hobbyköche zu überzeugen, sind Zaneta und Johannes Frankenfeld auch auf Märkten unterwegs. „Die Sternegastronomie ist zwar wichtig für uns, aber wir freuen uns, wenn viele Menschen die verlorene Kraft des Waldes entdecken.“
„Lecker aufs Land – Es weihnachtet“ mit Zaneta Frankenfeld wird im SWR am Montag, 2. Dezember, um 20.15 Uhr ausgestrahlt und kann auch in der ARD-Mediathek abgerufen werden

Erfolgreiche Gründer der WHU Vallendar
Absolventen der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar haben unter anderem Flaggschiffe wie den Online-Versandhändler Zalando, den Busreiseanbieter Flixbus oder den Kochboxenanbieter Hello Fresh gegründet. Weitere erfolgreiche Unternehmen sind die Hörakustikplattform Audibene, der Versicherungsmanager Clark, der Klimapionier Enpal, der Lebensmittellieferant Flink, der Möbelversandhändler Home24, der Spielwarenanbieter myToys, der Schnelllieferdienst Jokr, der Seefrachtlogistiker Forto, das Beteiligungsunternehmen Rocket Internet, die Zahlungsdienstleister Skrill und SumUp sowie das Kreditinstitut Raisin. Sie alle gelten als „Unicorns“ der WHU, also Einhörner. So werden Start-ups mit einer Marktbewertung von über 1 Milliarde US-Dollar vor dem Börsengang bezeichnet.