„Frauen sollen Politik stärker gestalten“ – das ist eine Schlagzeile in unserer Zeitung gewesen. Sie stammt nicht von 2024, sondern von 2003, ist also satte 21 Jahre alt. Damals haben die fünf Gleichstellungsbeauftragten Frauen aus dem Landkreis Mayen-Koblenz in Vorträgen und Seminaren über Haushalts- und Baurecht, über Verwaltungsstrukturen und das Einmaleins der Kommunalpolitik informiert. Und sie sind, so hieß es damals, auf ein „Rieseninteresse“ gestoßen. Was hat sich seither in der Teilhabe von Frauen in der Kommunalpolitik getan?
Zur Erinnerung: Das weibliche Geschlecht stellt mit 50,6 Prozent der Einwohner die Mehrheit im Kreis MYK, müsste also auch in Gemeinde- und Stadträten, in Verbandsgemeinderäten und im Kreistag angemessen vertreten sein.
In einem sind sich alle Ansprechpartner aus der regionalen und überregionalen Politik einig: Alle würden mehr Frauen im politischen Mit- und auch Gegeneinander schätzen. Frauen bringen andere Sichtweisen in den politischen Diskurs, weil sie eben auch im Leben mit anderen Herausforderungen und ...Mehr Frauen in der Kommunalpolitik in Mayen-Koblenz? Ja, gern! Aber wie?
Ein Blick lohnt auf die jüngsten Ergebnisse der Kommunalwahl von vor sechs Wochen. In der Stadt Mayen durften neun Frauen in den 36-köpfigen Stadtrat einziehen, das ist eine Quote von 25 Prozent. Ina Rüber-Teke, die Gleichstellungsbeauftragte der 20.000-Einwohner-Stadt, bemerkt, dass im Stadtrat zuvor (2019 bis 2024) ebenfalls neun Mandatsträgerinnen vertreten waren. „Hier allerdings bei 32 Sitzen, damit ist der Frauenanteil sogar gesunken von 28 auf 25 Prozent“, sagt Rüber-Teke. Im Vorfeld der Wahl hat sie Frauen in Workshops und bei offenen Treffen ermuntert, für ein Mandat anzutreten. Wie ist das angekommen?
Frau Rüber-Teke, wie hoch ist die Partizipation von Frauen in der Kommunalpolitik?
Der Trend ist leider eher negativ. Ein ermutigendes Zeichen für mich gab es allerdings dennoch in der Kommunalwahl: Die meisten Parteien bildeten Frauen auf den vorderen Plätzen ihrer Listen ab. Die Voraussetzungen für mehr Mandatsträgerinnen waren also zunächst einmal gut. Unter den Kandidatinnen fanden sich allerdings viele „politisch neue Gesichter“, die aufgrund der starken Personenwahlen innerhalb der Listen schlicht nach hinten durchgereicht wurden.
Ich wünsche mir für kommende Wahlen mehr Mut der Wählerinnen und Wähler, Frauen zu unterstützen, die politisch aktiv werden möchten. Außerdem wünsche ich mir, dass jetzt nicht gewählte Kandidatinnen erneut Mut fassen, für noch bessere Listenplätze kämpfen und Mitstreiterinnen finden.
Wie sieht die Lage im Kreistag (50 Sitze) aus, in den Sie erstmals für die SPD-Fraktion Anfang Juli eingezogen sind?
Im Kreistag MYK gab es zuletzt 14 Frauen, also 28 Prozent, jetzt sind es nur mehr 11, also 22 Prozent.
Welche sind aus ihrer Sicht die größten Hemmnisse, dass es nicht mehr Frauen in der Politik gibt? Spielen traditionelle Rollenmuster eine Rolle?
Noch immer sind es Frauen, die in den Familien den überwiegenden Anteil an Sorgearbeit und Haushalt übernehmen. Noch dazu sind sie mittlerweile immer häufiger berufstätig. Ein großes Hemmnis ist daher sicherlich der Faktor Zeit, die aufgrund traditioneller Rollenmuster knapp bemessen ist. Darüber hinaus ist der Einstieg in die Politik für Frauen erschwert, wenn sie sich umgeben von Männern finden, die bereits ihre Positionen gefunden haben und häufiger wortgewaltig ihre Ziele und Ambitionen darbringen. Eine zusätzlich steife Sitzungskultur und ungünstige Sitzungszeiten machen es nicht einfacher.
Machtmotive, die manch einen Mann in politische Ämter bringen, sind bei Frauen weniger häufig.
Ina Rüber-Teke, Gleichstellungsbeauftragte
Machtmotive, die manch einen Mann in politische Ämter bringen, sind bei Frauen weniger häufig. Ebenso kommt es leider auch vor, wie selbst erlebt bei der Verteilung von Einladungen zu einem Infoabend in der Mayener Innenstadt, dass die Frauen zuerst ihren Mann anschauen, ob sie teilnehmen dürften, oder im Extremfall schon eine Entscheidung vorweggenommen wird: ,Das ist nichts für dich'.“ Kommunalpolitik ist vor allem ein Ehrenamt, und ein solches soll in der Regel Spaß machen. Damit Kommunalpolitik Spaß macht, muss das Team stimmen, die Unterstützung zu Hause da sein, und man muss brennen für eine gute Gestaltung der unmittelbaren Lebenswelt.
Es ist immer von Männerbünden in der Politik die Rolle. Müssen sich Frauen untereinander besser vernetzen, um mithalten zu können?
Zunehmend ist es den vermeintlichen „Männerbünden“ in den meisten Parteien klar, dass sie für bessere Politik Frauen brauchen, und sie machen sich aktiv auf die Suche interessierte Frauen zu finden und versuchen diese zu fördern. Dennoch ist es im Team mit gegenseitiger Unterstützung immer einfacher als allein, um sich den Rücken zu stärken und Rückschläge besser wegzustecken. Dass sich Frauen gegenseitig unterstützen, ist genau dann noch besonders wichtig, wenn es an die Wahlurnen geht. Insbesondere auf kommunaler Ebene wird gewählt, wen man kennt. Erscheinen neue Namen auf der Liste, ist es immer schwer für die Kandidierenden, ausreichend Stimmen zu bekommen, selbst wenn sie weit oben platziert werden.
Frauen sind recht gut in der Stadt Andernach und der VG Vallendar repräsentiert
Während im Stadtrat Koblenz genau ein Drittel aller Mandate an Frauen gegangen sind, beträgt die Quote im Kreistag MYK nur 21,6 Prozent.
Den höchsten Prozentsatz an Frauen in den Gremien weist der Stadtrat Andernach auf, wo die Quote bei 35 Prozent (2019: 28,9) liegt.
Gut zugelegt haben Frauen auch im Stadtrat Mendig, wo sie ein Drittel der Sitze besetzen. Die runderneuerte CDU hat es in Mendig fast geschafft, dass die Hälfte aller Mandate von Frauen gestellt werden. Sieben Männer stehen sechs Frauen gegenüber.
Unter 30 Prozent an Partizipation müssen Frauen klarkommen im Stadtrat Münstermaifeld (27,3), dem Stadtrat Mayen (27,0), dem Stadtrat Polch (25,0) dem Stadtrat Mülheim-Kärlich (20,7), dem Stadtrat Weißenthurm (20,0) und dem Stadtrat Bendorf (18,75).
Mit 38,0 Prozent ist der Verbandsgemeinderat Vallendar in puncto Frauenquote ganz vorn platziert, elf Ratsfrauen arbeiten mit. Unter 30 Prozent liegt die Quote in den anderen VG-Räten: Maifeld (26,3), Weißenthurm (26,2), Pellenz, Vordereifel (beide 21,9), Mendig (20,7) und Rhein-Mosel (18,9). red