Nach acht Jahren Pause ist das Mayener Wirtschaftsforum von Kreissparkasse und der Stadt wiederbelebt worden. Peter Frey, ehemaliger Chefredakteur (2010 bis 2022) des ZDF, gab als Ehrengast einen Ausblick auf das schwierige Verhältnis der Europäer mit den USA. Der 67 Jahre alte Journalist nahm den Begriff der Zeitenwende auf und erweiterte ihn aufgrund der jüngsten politischen Verwerfungen. „Wir müssen von einem Epochenbruch reden.“ Statt der Pax Americana, also dem von den USA garantierten Frieden in Europa, drohe eine Pax Russa, also eine Dominanz Russlands. „Die Situation in unserem Kontinent ist hochgefährlich“, stellte Frey fest.
Wieso improvisierte Frey, und was macht den neuen Papst in seinen Augen so bedeutsam? Vor dem Beginn seines Vortrags vor ausverkauftem Haus in der Halle 129 tippte Frey pausenlos auf seinem Handy. Der Vatikan-Kenner, der als Journalist 2006 und 2013 von der Papstwahl berichtete, hatte zunächst nur Augen und Ohren für das, was sich auf dem Petersplatz abspielte. Frey ordnete sogleich die Wahl des US-Kardinals Robert Prevost kenntnisreich in seinen Kontext ein. „Das ist auch eine Nachricht für Donald Trump: Ist Papst Leo XIV. ein Konkurrent auf der Weltbühne?“ Der Augustinermönch habe als Bischof in Peru die soziale Frage in den Mittelpunkt seines Handelns gestellt – er könnte durchaus ein Gegengewicht zu Trump darstellen.
„Die Sprache der Börse und des Finanzmarktes ist das Einzige, das Trump versteht.“
Peter Frey
Wie sicher sind die EU-Staaten, und welche Rolle spielt Deutschland? Frey begrüßte es, dass Europa ein eigenes Sicherheitssystem aufbauen will und dass Frankreich, Deutschland, Polen („die neue Hauptachse“) sowie Italien, Spanien plus Großbritannien sich zu einer Koalition der Willigen zusammengefunden haben. Dass Großbritannien unter Premier Keir Starmer, den „überraschenden Mann der Stunde“, mitmache, sei „ein großer Schritt nach Europa zurück und ein Hoffnungsschimmer in einer plötzlich so unsicheren Welt“, sagte Frey. Deutschland sei bis zum Amtsantritt von Friedrich Merz als Kanzler „nicht in bester Form“ gewesen. Jetzt müsse Merz Zeit aufholen. Eine Führungsrolle werde gefordert. Mer z habe allerdings „vom Zerfall der Ampel bis hin zur Kanzlerwahl alles andere als Belege für strategische Weitsicht gezeigt“.
Wie wertet er die Zuverlässigkeit der USA als Partner unter Präsident Trump? Der prominente Journalist spannte einen Bogen vom Eklat vor Kameras im Weißen Haus („eine kalkulierte Demütigung von Präsident Selenski und eine Täter-Opfer-Umkehr“) bis zur 100-Tage-Bilanz. Er komme gerade aus den USA, wo er viele Gespräche geführt habe und feststellen müsse: „Das, was wir erleben, hat die Züge eines Staatsstreiches und einer Machtergreifung.“ Trump habe ein derart hohes Tempo bei der Umsetzung seiner Ziele vorgelegt, dass der politische Gegner gelähmt sei und auch die politische Öffentlichkeit. „Sein Haupterfolg liegt in seinem Kommunikationsstil, der geprägt ist von Verwirrung und Überwältigung.“ Er überflute regelrecht die Kommunikation, sodass sich die Menschen „nicht auf die notwendigen politischen Fragen konzentrieren“ könnten. Die USA seien zu einem „Land der Verunsicherung“ geworden. Ein Funke Hoffnung liefere die Tatsache, dass Trump wenige Tage nach seiner Ankündigung, die Zölle drastisch zu erhöhen, davon abgerückt sei – aufgrund des Drucks aus der Finanzwelt. „Die Sprache der Börse und der Finanzmärkte ist das Einzige, was er versteht.“

Wie sollten die Europäer den Druck erwidern, und welche Rolle spielen die Medien? Mit 500 Millionen Menschen verfüge Europa über einen enormen Binnenmarkt, es müsse Selbstbewusstsein ausstrahlen. „Wir sollten als Europäer nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren“, forderte Frey, sondern in einer Koalition der Willigen („vielleicht mit dem Papst an unserer Seite“) Trump die Stirn bieten. Dazu seien Kampfgeist, Mut und Selbstvertrauen nötig. Aus den USA dominieren sieben große Tech-Konzerne den digitalen Markt in Europa zu 90 Prozent. Jetzt gebe es eine „Kampfansage“ (Frey) durch zwei EU-Gesetze, mit denen Google, Facebook & Co. eingebremst werden könnten. Damit sollen europäische Standards durchgesetzt werden, die die US-Konzerne gern aushebeln würden. Deren Bekenntnis zum „freien Wort“ sei oftmals vorgeschoben, die Pressefreiheit in den USA unter dem Eindruck der Trump-Regierung jetzt schon in Gefahr, die Regionalzeitungen aus wirtschaftlichen Gründen auf dem Rückzug. „Wenn man aber nicht mehr weiß, was beim Nachbarn passiert, dann glaubt man rasch den Lügen aus dem Internet“, so Frey. Deshalb sei es auch hierzulande wichtig, die Pressevielfalt aufrechtzuerhalten. Frey betonte: „Wenn bei uns die Regionalzeitungen sterben, dann stirbt auch die Pressefreiheit.“