Ein sonniger Samstagvormittag auf dem Mayener Marktplatz. Die Stimmung ist heiter und entspannt, unvorstellbar, dass plötzlich eine Bombe die friedliche Szene in einen Albtraum verwandeln würde. Doch genau das geschieht in diesen Tagen in den Kriegsgebieten dieser Welt, auch in Europa, während zahlreiche Veranstaltungen an das Ende des Zweiten Weltkrieges erinnern und mahnen: „Nie wieder Krieg.“ Auf dem Mayener Marktplatz lädt die Bürgerinitiative (BI) „Sei ein Mensch“ die Passanten ein, miteinander 80 Jahre Frieden und Demokratie zu feiern.
Die Sprecherin der BI, Dorothee Geishecker erklärt: „Dass wir hier stehen, können wir nur, weil wir in einer freiheitlichen Demokratie leben.“ Die BI hat sich seit ihrer Gründung vor gut einem Jahr bereits bei vielen Veranstaltungen und Kundgebungen für Demokratie und Vielfalt starkgemacht. Insbesondere warnt die Gruppe immer wieder vor der Gefahr des sich verbreitenden Rechtsextremismus. Geishecker mahnt: „Jeder vierte Deutsche denkt antisemitisch. Rassismus, Antisemitismus und Hass sind Gift für die Demokratie.“ Das Kriegsende am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht ist gleichzeitig der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und mit Einführung der Demokratie der Beginn eines bis heute andauernden Friedens in Europa. Daher gelte es, die freiheitliche Demokratie gegen Rechtsextremismus zu verteidigen, sagt Geishecker.

Dirk Meid, Oberbürgermeister der Stadt Mayen, macht deutlich, wie gefährdet die Demokratie heute ist. Er sagt: „Was in anderen Ländern passiert, kann uns auch passieren.“ Das Erstarken von Rechtsextremismus, der mit Hass und Gewalt einhergeht, sei weltweit zu beobachten. Meid verweist auf die erschreckende Entwicklung in den USA, wo „sozusagen im Zeitraffer Grundrechte außer Kraft gesetzt, die Pressefreiheit eingeschränkt und sogar Universitäten nicht mehr frei lehren dürfen“. Und mitten in Europa tobe wieder ein schrecklicher Krieg. Wer „nie wieder Krieg“ fordert, darf keinen Schlussstrich unter die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges ziehen, sagt Meid: „Das sind wir den Opfern schuldig. Erinnerung ist der einzige Weg, die Geschichte wachzuhalten.“
Bedrückende Auszüge aus der Mayener Kriegschronik verliest Oliver Schick, Solidaritätspartnerschaft der Stadt Mayen mit der ukrainischen Kommune Tschyhyryn. In diesen Texten wird der schwierige Alltag der Mayener im Krieg beschrieben, aber es ist auch die Rede vom „Heldentod für Führer, Volk und Reich“, von „Judenhäusern“ und „Gastarbeitern“ statt Zwangsarbeitern und von 84 Juden, die „gen Osten abtransportiert“ wurden. Dass Gräueltaten wie in der Nazizeit nie wieder geschehen dürfen, muss jetzt gehandelt werden, betonen einzelne BI-Mitglieder. So bekennt die Mutter eines behinderten Sohnes: „Ich habe ganz konkrete Angst um mein Kind, wenn Rechtsextreme an die Macht kommen.“

Der Tod von Margot Friedländer, die als Überlebende des Holocaust und Zeitzeugin unermüdlich vor Hass, Ausgrenzung und Gewalt warnte, und die trotz durch die Nazis erlebten Leids die Hand zur Versöhnung ausstreckte, berührt alle Redner. Auch Alexander May, Intendant der Burgfestspiele, erinnert an diese außergewöhnliche Frau. May verweist auf das Thema der Burgfestspiele „Miteinander“, das sich mit dem Titel der Gedenkveranstaltung „Miteinander innehalten und gedenken“, deckt. Er fordert die Zuhörenden auf: „Lasst uns gemeinsam so leben, dass die AfD etwas dagegen hätte.“
Die BI hat Tische und Bänke aufgestellt, wo sich die Menschen bei Kaffee, Kuchen und Liedern von Manfred Pohlmann ihre Gedanken zum Slogan „Nie wieder ist jetzt“ austauschen. Den Abschluss bildet ein Gang zum Mahnmal des Josef Rosenbaum, der vor 80 Jahren den Befreiern aus Amerika mit einer weißen Fahne entgegenging und dabei von einem Mann, der nicht aufgeben wollte, erschossen wurde.