Artenerhebung des BUND weist mehr als 100 geschützte Arten nach - Projekt wird von UN ausgezeichnet
Enorme Artenvielfalt: Sevenicher Feuchtwiese begeistert Experten
Martin Boldt

Münstermaifeld. Die Feuchtwiese im Münstermaifelder Stadtteil Sevenich ist ein regelrechter Pool der Biodiversität. Mehr als 100 geschützte Tier- und Pflanzenarten konnten Helfer des BUND und externe Experten in einer vier Jahre andauernden Erhebung innerhalb des Biotops zwischen 2016 und 2020 nachweisen. Am 9. Oktober wird das Projekt „Biotopverbund Sevenicher Feuchtwiesen“ nun im Rahmen der UN-Dekade Biologische Vielfalt durch Staatssekretär Thomas Griese ausgezeichnet. Die Ehre wird gewöhnlich vorbildlichen Projekten, die sich in besonderer Weise für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Deutschland einsetzen, zuteil. Die Rhein-Zeitung hat vorab mit beteiligten Naturschützern gesprochen, um sich die gewonnenen Erkenntnisse vorstellen zu lassen.

Ein Paradies vor der eigenen Haustür ist die Sevenicher Feuchtwiese nach Meinung des BUND. Mehr als 100 geschützte Arten konnten in einer mehrjährigen Bestandsaufnahme nachgewiesen werden, unter anderem die Barrenringelnatter. Fotos: Gavin Grosvenor

„Die Natur in diesem Tal steht derzeit vielen Bedrohungen gegenüber“, erklärt Martina Grosvenor, Pressesprecherin der Kreisgruppe Mayen-Koblenz. Diese entstehen unter anderem durch toxische Einleitungen in die Bäche, durch fortschreitende Ausweitung der Landwirtschaft mit Gülle und Pestiziden, durch Nichteinhaltung von Gewässerrandstreifen, durch Motocross- und Quadtourismus, durch zunehmende Flächenversiegelung und durch Wünsche Einzelner nach Bebauung des verbliebenen Grünlandes und der Feuchtwiesen. Die Artenerhebung, erklärt die BUND-Aktivistin, war daher der gezielte Versuch, stichhaltige Beweise dafür zu sammeln, dass es sich bei den Sevenicher Feuchtwiesen um dringend schützenswertes Areal handelt. „Es muss einfach erkannt werden, was wir hier für ein Paradies vor unserer Haustür haben“.

Die Geschichte des historischen Weiler Sevenich lässt sich in alten Schriften bis ins Mittelalter zurückverfolgen: Die hier befindlichen Ottilien-Quellen wurden schon im Jahr 1576 als Heilwasser für Augenleiden erwähnt. Die vom BUND untersuchte Wiese befindet sich geografisch gesehen innerhalb eines bestehenden Landschaftsschutzgebietes und in unmittelbarer Nähe zu einem Vogelschutzgebiet. „Die Feuchtwiesensenke durchzieht den historischen Weiler Sevenich von Norden nach Süden entlang des Wallerbaches und dient bei starken Regenfällen als wichtige Überschwemmungszone“, erklärt Gavin Grosvenor.

Vor Ort laufen mehrere Bäche aus den höheren Lagen Pillig, Wierschem und Münstermaifeld zusammen. Vor allem bei Regen speichert die Feuchtwiesenfläche große Wassermassen. Damit schützt sie nicht nur die tieferen Regionen Elztal und Moselkern vor Überschwemmung und Hochwasser, sondern begünstigt gleichzeitig auch eine besonders große Artenvielfalt, die sich hier dank dieses speziellen Biotopcharakters entwickeln konnte. Besonders ärgerlich sei es daher gewesen, als man während der Erhebung giftige Einleitungen im Pillger Bach nachweisen konnte, berichtet Gavin Grosvenor, der für die Grünen im Münstermaifelder Stadtrat sitzt.

Bei der Dokumentation des Gebietes lag der Fokus ausschließlich auf den Spezies, deren Schutzstatus entweder auf der Roten Liste, der FFH-Liste (Fauna Flora Habitatrichtlinie) oder im Bundesnaturschutzgesetz verankert ist. Für diese Arbeit wurden über 3000 Einzelfotos ausgewertet und zahlreiche Experten hinzugezogen. Dadurch ist es gelungen über 100 geschützte Arten nachzuweisen, zu denen seltene Amphibien, Schlangen, Käfer, Spinnen, Libellen, Schnecken, Pflanzen, Säugetiere, Schmetterlinge, Falter und Vögel zählen. Zu den wichtigsten Entdeckungen zählen etwa Deutschlands größte Schmetterlingsarten, der Segelfalter und der Schwalbenschwanz sowie die Barrenringelnatter.

„Die Funde zeigen, über welch große biologische Vielfalt die Sevenicher Wiesen verfügen und wie bedeutend sie sind, um die Biodiversität im Maifeld zu erhalten und intensiv bewirtschaftete Flächen wieder beleben zu können“, betont Martina Grosvenor.

Prägend für das Sevenicher Landschaftsbild rund um die Feuchtwiese sind auch gut ein Dutzend hundertjährige Eichen entlang des Wallerbaches. Hier leben sehr große Vögel. Man kann in den Bäumen unter anderem Uhus, Milane, Graureiher, Bussarde, Turmfalken und gelegentlich auch einen Schwarzstorch beobachten. Leider, kritisiert der BUND, wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Eichen dieser Größe für die Brennholzgewinnung gefällt.

Von unserem Redakteur Martin Boldt

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