Zu Beginn seines Programms mit dem Titel „Filmriss“ hatten ihn die Zuschauer in der voll besetzten Laacher-See-Halle mit einem frenetischen Applaus begrüßt. Vordergründig drehte es sich diesmal nicht um das Vereinsleben der fiktiven Karnevalsgesellschaft KG Raderdolle Sprittköpp von 1403 e.V.
Vielmehr wurde Weiniger privat. „Es tut mir leid“, entschuldigte sich der Kabarettist, Büttenredner und Autor eingangs. „Ich habe heute Abend leider keine Zeit für euch.“ Ihm wäre es natürlich auch lieber, wenn es anders wäre: „Eigentlich darf ich gar nicht darüber reden. Weil ihr et seid“, würde er eine Ausnahme machen. „Aber das muss unter uns bleiben.“
Weininger sparte nicht mit Selbstlob
Im Job warte eine längst überfällige Beförderung auf ihn. Allerdings räumte Weininger im gleichen Atemzug ein, auch sein Kollege, der Jürgen, habe sich auf die Stelle beworben. Weininger sparte nicht mit Selbstlob. Er arbeite schon lange bei der Gemeinde. Nun bekomme er eine absolute Führungsposition als stellvertretender Assistent der Assistentin der Bürgermeisterin, einer Zugezogenen aus Brandenburg. Weininger scheint, seiner Meinung nach, geradezu prädestiniert für den Job. Wenn er mal nicht zur Arbeit gegangen sei – im Vorjahr an rund 70 Tagen –, sei es wirklich nicht gegangen. In seinem Alter stecke man eine Krankheit, insbesondere nach einer Kirmesveranstaltung, nicht mehr so gut weg, wie in jungen Jahren.
Und was habe er Überstunden gemacht? Und wie oft sei er freitagmittags als Letzter aus dem Büro gegangen? „Nie!“ Und dann wollte er vom Publikum wissen: „Wer von euch arbeitet auch in der öffentlichen Verwaltung, in der Knochenmühle?“ In der ersten Reihe wurde Weininger fündig. Eine Frau aus Mendig meldete sich. Nach einem Riesenapplaus für die Zuschauerin widmete er sich wichtigen persönlichen Dingen, die sich wie ein roter Faden durch den Abend zogen.
Wo ist nur das verflixte Abschlusszeugnis?
Für seine Beförderung braucht er dringend sein Abschlusszeugnis. Dabei hat er nicht die leiseste Ahnung, wo es sein könnte. In seiner Kellerbar, die auf der Bühne durch eine Kulisse dargestellt wurde, stand eine alte braune Kiste auf einem Tisch. In ihr befinden sich wahre Schätzchen, die sein Leben in gewisser Weise widerspiegeln.
Etwa Fotos von seiner Frau, mit der er seit fast 30 Jahren zusammen ist. Wiederentdeckt hat Weininger auch Aufnahmen von feucht-fröhlichen Vereinsausflügen und auch das Abschlussfoto seiner zehnten Klasse aus dem Jahr 1984. Er habe seinerzeit die Mittlere Reife am Hermann-Göring-Gymnasium gemacht. Die Namensgebung sei ein bisschen unglücklich gewesen. Die Schule sei dann einstimmig nach dem Namen der örtlichen Pizzeria umbenannt worden.
Einige frisch gezapfte Kölsch
Das Zeugnis hat er natürlich nicht gefunden. In seinen weiteren Erzählungen und Gags kam der Künstler vom Hölzchen aufs Stöckchen, während die „liebe Julia“ ihn mit frisch gezapften Kölsch versorgte. Nach der Pause suchte Weininger weiter nach dem Zeugnis – auf dem Speicher seines Hauses. Fast den Blitz getroffen hatte ihn, als er dort eine mobile Baustellenampel entdeckte. Die Signalampel leuchtete sogar noch auf. Doch wie in aller Welt sollte das Teil dorthin gekommen sein?
So langsam kehrte die Erinnerung zurück. Sollte das etwa die Folge der gestrigen Vorstandsitzung in Wolly Wodka Wigman sein? Ohne Zweifel, Weininger hatte einen Filmriss. Auf der Bühne erreichte ihn eine niederschmetternde Nachricht. Er hatte ein Schreiben der Gemeindeverwaltung erhalten. Sein Kollege Jürgen hat die Stelle bekommen. Die ganze Suche war umsonst. Tosender Applaus des begeisterten Publikums war Weininger, der sich auch nach zwei Zugaben immer noch in Topform präsentierte, nicht nur als Krönung seines Soloprogramms gewiss, sondern auch zwischendurch.