Einweihung So verbessert Andernacher Klinik die Lebensumstände psychisch Schwerstkranker
Ein neues Zuhause - trotz verschlossener Türen: Andernacher Klinik weiht Wohnprojekt für psychisch Schwerstkranke ein

In den neu errichteten Flachbau am Aktienhof werden bald die ersten Patienten einziehen können.

Martina Koch

Andernach. Es sind die am meisten durch ihre psychische Erkrankung beeinträchtigten Patienten der Rhein-Mosel-Fachklinik (RMF) in Andernach, die von dem neu gebauten Haus Aktienhof in der Vulkanstraße profitieren: Menschen, die unter chronischen Formen schwerster psychischer Störungen oder Behinderungen leiden, die mit der Gefahr einhergehen, dass sie sich selbst oder anderen Schaden zufügen.

Um diesen Patienten, die rund um die Uhr einer intensiven Betreuung bedürfen, auch in dieser schwierigen Phase eine möglichst hohe Lebensqualität bieten zu können, investierte die RMF rund 5 Millionen Euro in ein neues Wohnheim, welches den besonderen Bedürfnissen seiner künftigen Bewohner Rechnung trägt.

„Wir haben mit Stolz 5 Millionen Euro investiert. Das Angebot ist einmalig im Land Rheinland-Pfalz – ein Vorzeigeprojekt“, erklärte Dr. Gerald Gaß, Geschäftsführer des Landeskrankenhauses, bei der Feierstunde zur Eröffnung von Haus Aktienhof. 1500 Quadratmeter Nutzfläche stehen den 24 Patienten sowie ihren Betreuern im Intensiv Betreuten Wohnen (IBW) künftig zur Verfügung. Die 24 Bewohner der Einrichtung verteilen sich auf sechs kleine Wohneinheiten mit jeweils vier Bewohnern, je zwei Wohneinheiten können zu einer Wohngruppe zusammengefasst werden.

Jeder Bewohner verfügt über sein eigenes Zimmer mit separater Nasszelle, in welches er sich zurückziehen kann und zu dem mithilfe personalisierter Schlüssel lediglich er selbst sowie die Betreuer Zugang haben. Ein solcher persönlicher Rückzugsraum ist für die betroffenen Patienten enorm wichtig, weiß Karlheinz Saage, Direktor Heime an der RMF.

Auf ihre Privatsphäre mussten die schwerstkranken Psychiatriepatienten dennoch lange verzichten: Im Haus Eifel, wo sie untergebracht waren, als Saage vor gut 18 Jahren an die RMF kam, gab es Mehrbettzimmer und keinen einzigen Gemeinschaftsraum. Alle Bewohner teilten sich zwei Toiletten und ein Badezimmer. „Uns war sofort klar: Das muss sich ändern!“, erinnert sich Saage an die Anfänge der Umgestaltung des Heimbereichs der RMF.

Das Haus Eifel wurde zunächst aufgelöst und die Patienten bezogen provisorisch eine ehemalige Krankenstation auf dem Gelände der RMF. Im September 2016 erfolgte der erste Spatenstich für den vom Architekturbüro Fischer Summerer geplanten Neubau, der vom Land Rheinland-Pfalz mit rund 1 Million Euro bezuschusst wurde.

Die Planer und auch die RMF-Mitarbeiter standen bei der Konzeption der Einrichtung vor einer besonderen Herausforderung, beschreibt Saage: „Die Frage lautet: Wie kann man sich in dem Gebäude trotz aller Begrenzungen wohl fühlen?“ Im Zuge der Intensivbetreuung der psychisch Schwerstkranken kann es notwendig sein, die Bewohner in ihrem Bewegungsdrang einzuschränken – nicht jeder von ihnen darf das Gebäude verlassen.

In den Wohneinheiten, die ein Zusammenleben wie in einer Wohngemeinschaft ermöglichen, können auch diese Patienten Gemeinschaft erfahren und sich auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereiten. „Das ist für viele ein langer Weg“, räumt Landeskrankenhausgeschäftsführer Gaß ein. Im Haus Aktienhof sollen die Bewohner mit auf ihre individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmten Hilfestellungen mittel- und langfristig auf eine Integration in ein Leben außerhalb der Psychiatrie vorbereitet werden. „Ich bin froh, dass wir auch für Menschen, die keine starke Lobby haben, Projekte realisieren können“, bekräftigte Gaß.

Von unserer Redakteurin
Martina Koch

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