Es war der Tag der Rücktritte in der rheinland-pfälzischen SPD: Zunächst wurde am Mittwochmorgen öffentlich, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer nach elf Jahren demnächst ihr Amt niederlegt. Ihr soll Arbeitsminister Alexander Schweitzer folgen. Danach wurde bekannt, dass Roger Lewentz als SPD-Landesvorsitzender zurücktritt und durch Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Fraktionschefin im Landtag, ersetzt werden soll.
Der angekündigte Rücktritt der bei vielen Menschen beliebten Ministerpräsidentin Dreyer mag viele Menschen überrascht haben. Die Genossen in Koblenz und im Kreis Mayen-Koblenz haben diesen Schritt erwartet, wie eine Umfrage unserer Zeitung zeigt.
Ich habe sehr viel Respekt für Malu Dreyer, die unheimlich viel geackert hat für das Land.
Achim Hütten
Die Nachricht vom Rücktritt Dreyers habe ihn nicht überrascht, sagt der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Achim Hütten: „Ich habe es geahnt.“ Seitens der SPD habe man stets gewollt, dass Dreyer den Zeitpunkt ihres Rückzugs selbst bestimmt. Das habe diese nun getan: „Ich habe sehr viel Respekt für Malu Dreyer, die unheimlich viel geackert hat für das Land.“ Ihren designierten Nachfolger schätzt er seit Jahren: „Er strotzt vor Kraft – und das nicht nur im körperlichen Sinne. Alexander ist die beste Wahl.“ Er freue sich nun besonders darauf, dass Schweitzer am Samstag um 9 Uhr nach Andernach kommt, um den SPD-Landratskandidaten Marko Boos auf dem Marktplatz im Endspurt vor der Stichwahl zu unterstützen: „Das ist das i-Tüpfelchen.“
Der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen SPD, Marc Ruland (Andernach) blickt mit gemischten Gefühlen auf Dreyers Abschied: „Zum einen bin ich traurig, weil ich mit Malu Dreyer vieles Positive verbinde, wie ihre Haltung und ihre Empathie.“ Andererseits sei er froh darüber, dass mit Schweitzer ein Nachfolger bereit steht, der wie seine Vorgänger „nah bei de Leut'“ ist: „Er wird ein starker Ministerpräsident sein, der sich kümmert.“
Der scheidende Parteivorsitzende Lewentz habe die Neuaufstellung gut vorbereitet. Jetzt freue er sich auf die künftige Zusammenarbeit mit dessen Nachfolgerin Bätzing-Lichtenthäler, die ein ausgesprochen gutes Gespür dafür habe, wie die Parteimitglieder ticken, erzählt Ruland: „Das werden gute Jahre für die Sozialdemokratie.“
Es macht taktisch gesehen Sinn, diesen Schritt jetzt zu gehen. Dann kann sich der Nachfolger bis zur Landtagswahl 2026 einarbeiten.
Maximilian Mumm
Auch für Maximilian Mumm (SPD), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Maifeld, kommt die Nachricht nicht ganz überraschend. „Es macht taktisch gesehen Sinn, diesen Schritt jetzt zu gehen. Dann kann sich der Nachfolger bis zur Landtagswahl 2026 einarbeiten.“ Dass der Nachfolger Schweitzer heißen soll, unterstützt Mumm 100-prozentig. „Alexander Schweitzer hat Größe“, sagt Mumm und meint damit nicht nur die stattlichen 2,06 Meter Körpergröße des 50-Jährigen. „Er ist der Richtige für dieses Amt, weil er auf Menschen zugehen kann, sympathisch und immer ansprechbar ist.“ Dass Lewentz allerdings zeitgleich den Rückzug vom SPD-Vorsitz angekündigt hat, verwundert Mumm dann doch, weil Schweitzer und Lewentz sich immer gut verstanden haben.
Dass die Frage nach einem Generationenwechsel früher oder später angestanden habe, sei klar gewesen, auch wenn ihn der Zeitpunkt von Dreyers Entscheidung überrascht habe, sagt Thorsten Rudolph, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Koblenz (dazu gehören auch Andernach, Mayen sowie die VGs Maifeld, Mendig, Pellenz und Vordereifel) und Mitglied des Koblenzer Stadtrats. Er betont, die Art und Weise, wie die Landes-SPD hier kommuniziere und ihre Nachfolge und auch die von Lewentz regele, sende ein „starkes Zeichen der Geschlossenheit.“ Rudolph dankt Malu Dreyer dafür, dass sie das Land jahrelang auch durch schwierige Zeiten geführt habe. „Ihre starke Persönlichkeit und ihr herzliches Auftreten haben Rheinland-Pfalz und die Sozialdemokratie im Land sehr geprägt“.
Der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) sagte: „Der Schritt hat mich nicht überrascht, die Diskussionen hinter den Kulissen waren da.“ Der Zeitpunkt sei überraschend, wobei Langner kurz vorher informiert worden ist. Seine politische Laufbahn ist eng mit der Dreyers verbunden. Sie ernannte ihn 2013 zum Staatssekretär im Sozialministerium. Langner sagt: „Ich habe sie als sehr fürsorglich und engagiert erlebt.“ Dreyer sei immer daran „interessiert gewesen, wie es den Menschen geht“.
Wir haben sehr, sehr gut zusammengearbeitet. Ich traue ihm das neue Amt absolut zu, habe ihm in den vergangenen Wochen die Daumen gedrückt und halte ihn von seinen Eigenschaften her für einen guten Landesvater.
David Langner
Ihren designierten Nachfolger Alexander Schweitzer kennt Langner ebenfalls gut: Dieser wurde 2013 ihr Nachfolger im Sozialministerium. Der Koblenzer OB sagt: „Wir haben sehr, sehr gut zusammengearbeitet. Ich traue ihm das neue Amt absolut zu, habe ihm in den vergangenen Wochen die Daumen gedrückt und halte ihn von seinen Eigenschaften her für einen guten Landesvater.“ Schweitzer sei „nah bei de Leut'“, wie Ex-Ministerpräsident Kurt Beck zu sagen pflegte, und „sehr zukunftsorientiert. Er weiß, dass Politik neue Antworten braucht und finden muss, auch die SPD in Rheinland-Pfalz.“ Langner ist sich sicher: „Es wird was Gutes dabei herauskommen.“
„Sehr humorvoll, sehr sympathisch, inhaltlich immer stark akzentuiert. So beschreibt Detlev Pilger, Koblenzer Kreisverbandschef der SPD und langjähriger Bundestagsabgeordneter, Dreyer. Er kennt sie aus vielen Begegnungen über die Jahre in Berlin, Mainz, Koblenz und der Pfalz persönlich. Der angekündigte Rücktritt hat ihn nicht „ganz überrascht, weil man erahnt hat, dass sie nicht für eine weitere Kandidatur zur Verfügung steht“. Zudem sei sie „nicht mehr die Jüngste und gesundheitlich nicht ganz unbedarft“.
Dann ergebe es Sinn, mit einem Zeitfenster zur Wahl einen neuen Ministerpräsidenten auszugucken, damit er bis zur Wahl eine gewisse Bekanntheit und einen Bonus erlangt. Auch für Pilger ist Schweitzer die erste Wahl: „Er ist sehr kollegial, loyal, strukturiert und engagiert, empathisch und versteht es, die Leute anzusprechen und ernst zu nehmen.“
Der angekündigte Rücktritt von Lewentz kommt für Pilger „total überraschend. Damit hatte ich nicht gerechnet, aber erwartet, dass Schweitzer auch Parteichef wird.“ Andererseits sei ein „geschlechterunterschiedliches Duo“ Bätzing-Lichtenthäler/Schweitzer gut: Die designierte Parteichefin sei „eine gute Wahl. Sie hat eine hohe Akzeptanz in der Partei und ist sehr, sehr geeignet.“
Es tut uns einfach leid, dass ihr die Kraft für das Amt ausgeht.
Anna Köbberling
Anna Köbberling, Mitglied der SPD-Landtagsfraktion und des Koblenzer Stadtrats, hat unter anderem in ihrer Zeit in der Staatskanzlei mit Malu Dreyer zusammengearbeitet. Der Rückzug der Ministerpräsidentin habe sie genau wie einige ihrer Fraktionsmitglieder „total überrascht und auch traurig gemacht“, erzählt Köbberling. „Es tut uns einfach leid, dass ihr die Kraft für das Amt ausgeht.“ Aber sie habe großen Respekt vor Dreyers Entscheidung.
Schweitzer hält sie für einen „hervorragenden Nachfolger. Er ist ein visionärer, führungsstarker Mensch und ein beeindruckender Redner.“ Die Art und Weise, wie die Entscheidungen am Mittwoch auch der Landtagsfraktion mitgeteilt wurden, empfand Köbberling als „sehr professionell“. Der Zeitpunkt für eine personelle Neuausrichtung sei etwas weniger als zwei Jahre vor der Landtagswahl optimal.
Marion Lipinski-Naumann, Fraktionschefin der SPD im Koblenzer Stadtrat, sagt zum Dreyer-Rücktritt: „Es ist zu mir durchgedrungen in den letzten Tagen, dass damit zu rechnen ist. Und es ergibt auch Sinn.“ Den Schritt bedauert sie „sehr. Sie war eine hervorragende Ministerpräsidentin. Es war für alle erstaunlich, mit welcher Kraft und Energie sie die Regierung geführt und diese auch immer wieder mit der Fraktion zusammengebracht hat.“ Ihre Entscheidungen habe Dreyer mit „sehr viel Klugheit getroffen. Sie hat ein sehr angenehmes Wesen und sehr viele in der Bevölkerung überzeugt.“ Ihren designierten Nachfolger Schweitzer schätzt Lipinski-Naumann ebenfalls „sehr. Er hat jetzt ein Jahr Zeit, sich einzuarbeiten.“
Dass die Frage nach einem Generationenwechsel früher oder später angestanden habe, sei klar gewesen, auch wenn ihn der Zeitpunkt von Dreyers Entscheidung überrascht habe, sagt Thorsten Rudolph, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Koblenz und Mitglied des Koblenzer Stadtrates. Er betont, die Art und Weise, wie die Landes-SPD hier kommuniziere und ihre Nachfolge und auch die von Lewentz regele, sende ein „starkes Zeichen der Geschlossenheit.“ Rudolph dankt Malu Dreyer dafür, dass sie das Land jahrelang auch durch schwierige Zeiten geführt habe. „Ihre starke Persönlichkeit und ihr herzliches Auftreten haben Rheinland-Pfalz und die Sozialdemokratie im Land sehr geprägt“.
Diese Entwicklungen kommen nicht von allein, da müssen Rahmenbedingungen von Landesseite geschaffen werden.
Christoph Mohr
Für Christoph Mohr, Bürgermeister in Bendorf, ist trotz aller Rücktritte kein schwarzer Tag für die SPD im Land – eher ein Tag, der zur Dankbarkeit gegenüber den Gehenden anregt, die Platz für neue machen. Denn: Die SPD verfüge über ein „breites, hervorragendes Personaltableau“. Lewentz ist in Mohrs Augen jemand, der Verantwortung übernimmt – auch in seinem Rücktritt als Minister 2022. Seit 30 Jahren habe Lewentz „enorm zu Stabilität und Erfolgen“ der SPD beigetragen.
Mit Dreyer trete eine große Landeschefin zurück, die aus Rheinland-Pfalz einen führenden Biotechnologiestandort gemacht hat, sagt Mohr: „Diese Entwicklungen kommen nicht von allein, da müssen Rahmenbedingungen von Landesseite geschaffen werden.“
Natürlich sei die Vorgabe für ausgeglichene Haushalte eine Herausforderung – gleichzeitig habe die Landeschefin eines der größten Entschuldungsprogramme auf den Weg gebracht. Und damit das Versprechen, die Kommunen nicht allein zu lassen, so Mohr. Mit Schweitzer als ihrem Nachfolger komme das Land in gute Hände, zu jemandem, der „ein Macher und Schaffer ist, und sich in jeder Sekunde für die Interessen der Menschen im Land einsetzt“.