Kontraste In der Stadt geht es hektischer zu
Dorf vs. Stadt: Im Wahllokal bei Gabi gibt es Schnittchen
Katrin Steinert

Region. Auf den ersten Blick könnten die Wahllokale kaum unterschiedlicher sein: Eines der kleinsten liegt im beschaulichen Vordereifeldorf Langscheid. Dort hängen gebundene Blumen an der Haustür, für die Helfer gibt es liebevoll angerichtete Schnittchen und Kaffee. Hier stellt der Ortsbürgermeister seit jeher sein trautes Heim als Wahllokal zur Verfügung, aktuell Ortschefin Gabriele Müller-Dewald. 93 Menschen leben in Langscheid, 76 sind stimmberechtigt. Und Gabi Müller-Dewald kennt jeden mit Namen.

Katrin Steinert

In der Kernstadt Mayen läuft alles etwas anonymer ab. Hier sind zehn Wahllokale eingerichtet, drei davon in Klassenräumen der Grundschule Hinter Burg. Für die Helfer spendiert die Stadt kalte Getränke; eine Nachbarin hat Kekse und Kaffee vorbeigebracht. Jeder Raum umfasst einen Stimmbezirk mit rund 1110 Wahlberechtigten. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Elke Hartung (55) hat schon bei vielen Wahlen mitgeholfen, aber so einen Betrieb hat sie selten erlebt – und dass, obwohl ein Drittel im Bezirk schon Briefwahl gemacht hat. „Das kennen wir aus anderen Jahren anders“, sagt sie. Um 12.15 Uhr sind somit schon mehr als 50 Prozent der Stimmen abgegeben. Diese gute Wahlbeteiligung hat Oberbürgermeister Wolfgang Treis bei seiner Rundreise durch alle Mayener Wahllokal festgestellt,wie er erzählt.

In Mayen gibt es 14 Wahllokale, 10 davon in der Kernstadt. In der Grundschule Hinter Burg wählen diesmal viele junge Leute – wie Matthis Merten.
Katrin Steinert

An diesem Vormittag finden viele junge Leute den Weg in die Schulwahllokale. Elke Hartung hat sich mit ihren drei Wahlkolleginnen ausgetauscht: „Wir denken, dass das an den ganzen Aufrufen in den sozialen Medien wie Facebook liegt, dass die Jungen kommen.“ Drei von ihnen sind Matthis Merten (21), Galina Wittenbeck (24) und Alexander Hetmann (26). Natürlich haben auch sie die Aufforderungen im Internet gelesen. Aber für die drei ist eh klar, dass sie ihr Kreuzchen machen. Alexander Hetmann meint: „Ich gehe immer wählen, damit die richtigen Parteien die Stimme bekommen.“ Mit seinem Urnengang will er verhindern, dass extreme Parteien erstarken. Und Matthis Merten meint: „Die Wahl ist das einzige Mittel, das ich habe, um in die Politik einzugreifen.“ Das will er nutzen.

Ortschefin Gabi Müller-Dewald (am Tisch von links) hat Schnittchen für ihre Wahlhelfer Christian Schlich, Andreas Groß und Werner Dewald zubereitet. Rita Holzem-Andres (links) und Edith Bell sind der Meinung: Wählen ist wichtig, um eine vernünftige Regierung zu bekommen.

Katrin Steinert

In dieser Einstellung unterscheiden sich die Städter von den Landbewohnern in Langscheid nicht. Dort ist Edith Bell (48) gerade mit ihrem Hund aus dem Wald gekommen und will schnell ihre Stimme im Hause Müller-Dewald abgeben. „Wir wollen ja eine vernünftige Regierung, die vernünftige Arbeit macht. Da können wir bestimmte Parteien nicht gebrauchen“, sagt sie und verschwindet in der Wahlkabine. Freundin Rita Holzem-Andres hält Beagle Oliver fest und nickt zustimmend. Nachdem die Kreuzchen gemacht sind, gehen sie heim. Rita Holzem-Andres will kochen. Dann kommt auch ihr Lebensgefährte Christian Schlich nach Hause. Er sitzt als Wahlhelfer am Tisch und freut sich aufs Essen. „Bis gleich“, ruft er ihr nach, als sie geht. Um 13 Uhr ist Schichtwechsel im Wahllokal.

Es klopft. Zwei lachende Senioren treten ein. Heinrich Mommertz hat das Schild an der geschmückten Haustür „Bitte drücken“ gelesen und überlegt, was er damit anfangen soll. Der 86-Jährige ist ein Charmeur und Schelm zugleich. Gabriele Müller-Dewald sagt: „Erst die Tür drücken, dann mich.“ Lachen. Die Mommertz hatten noch eine Messe im Fernsehen zu Ende geschaut und sind dann losgegangen. Sie wohnen nur ein paar Häuser weiter. Maria Mommertz (85) hatte schon Zeiten, in denen es ihr nicht so gut ging. Aber sie sagt: „Wenn man schon wählen darf, dann ist es eine Bürgerpflicht. Egal, was ist. Ich gehe wählen.“

Das wird eine 95-jährige Mayenerin am Krückstock ähnlich sehen. Sie lässt sich von ihrem Enkel ins Wahllokal begleiten. Der führt sie am Arm durch den Schulflur. Als sie von einer Reporterin angesprochen wird, sagt sie kurz und bestimmt: „Ich will wählen gehen“ – und schieb den Enkel weiter. Später wird er um die Schule rennen, um das Auto näher ans Gebäude heranzuholen. Und egal, ob gemütlich oder anonym, egal ob Land oder Stadt. Wer wählen will, der geht. Da sind die äußeren Umstände an diesem Sonntag Nebensache.

Von unserer Redakteurin Katrin Steinert

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