Wehrleute beseitigen Spuren der Netteflut - Hohe Hilfsbereitschaft für Menschen im Ahrtal
Die Aufräumarbeiten laufen, die Hilfsbereitschaft ist groß: Hochwasser beschäftigt die Menschen in Andernach und der Pellenz
Die Brücke über die Nette zum Gut Nettehammer war erst vor zehn Jahren liebevoll instand gesetzt worden. Durch die Fluten der Nette wurde jetzt ein Stützpfeiler unterspült und knickte dadurch ein. Das Bauwerk ist akut einsturzgefährdet.
Christoph Maurer

Andernach/Pellenz. Der Pegelstand der Nette sinkt seit Donnerstagmittag rapide, während der Rheinpegel bei Andernach im Laufe des Freitags glücklicherweise nicht ganz so dramatisch stieg, wie es vor wenigen Tagen noch zu befürchten war. Zum Wochenende hin wird klar: Die Region Andernach ist in Sachen Hochwasser und Starkregen mit einem blauen Auge davongekommen – und dass, obwohl der Nettepegel zwischenzeitig einen Rekordwert von 3,53 Metern erreichte. Unsere Zeitung gibt einen Überblick über die aktuelle Lage, die bekannten Schäden und die große Hilfsbereitschaft der Menschen in der Region zugunsten der Opfer der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal.

Lesezeit 4 Minuten

... die aktuelle Lage:

Der Scheitelpunkt des Rheinhochwassers bei Andernach war am Freitagnachmittag bei einem Pegelstand von rund 7,40 Metern erreicht. Damit lief das Wasser zwar auf die Wege in den Rheinanlagen, stieg aber nicht so hoch, dass es die Hochwasserschutzwand in der Konrad-Adenauer-Allee erreicht hätte. Dennoch entschied man sich seitens der Stadt Andernach dafür, die Durchlässe in der Hochwasserschutzmauer am Wochenende noch dicht zu lassen, um auf Nummer sicher zu gehen. Am Montag wird dann über den Abbau der mobilen Elemente der Schutzwand gesprochen.

Der Nettepegel am Nettegut war bis Freitagnachmittag, 15 Uhr, auf einen Stand von 1,65 Meter gesunken. Das ermöglichte es den Einsatzkräften der Freiwilligen Feuerwehren der Region, zügig die Liste der aufgelaufenen Einsätze abzuarbeiten. Bereits am Donnerstagabend hatten die verschiedenen Einheiten der Pellenzer Wehr im Bereich der Burgstraße in Plaidt die Keller leer gepumpt und Straßen gereinigt, berichtet der Wehrführer des Löschzugs Plaidt, Dirk Schwindenhammer.

Da dieser Bereich bei vorhergegangenen Hochwassern der Nette nicht betroffen gewesen war, hatten die Anwohner kaum Vorkehrungen gegen die Flut getroffen: „Das war sehr überraschend. Da standen teilweise noch die Autos in den Garagen“, berichtet Schwindenhammer. Dank des Einsatzes der Wehrleute, die von tatkräftigen Bürgern unterstützt wurden, gelang es, am Donnerstagabend bis 22 Uhr einen Großteil der Schäden zu beseitigen.

Am Freitag waren die Einheiten der Pellenzer Feuerwehr weiterhin im Einsatz: Insgesamt arbeiteten die Ehrenamtlichen seit Donnerstag 52 Einsätze an 38 Einsatzorten in Plaidt ab. An 18 Einsatzstellen liefen die Aufräumarbeiten nach der Flut noch am Freitag weiter. „Trotz allem war das hier relativ harmlos“, beschreibt Schwindenhammer mit Blick auf das katastrophale Ausmaß der Flutschäden andernorts.

... die Schäden:

Menschen kamen in der Region durch das Hochwasser der Nette glücklicherweise nicht zu Schaden. Auch mehrere Pferde konnten sowohl in Plaidt als auch in Miesenheim noch rechtzeitig gerettet werden. Allerdings kam für vier Ziegen, die in Miesenheim weideten, jede Hilfe zu spät.

Neben den Schäden, die auf einzelnen Grundstücken etwa durch vollgelaufene Keller oder Garagen entstanden, gibt es zwei Objekte, die durch das Hochwasser stärker in Mitleidenschaft gezogen wurden: So überspülten die Fluten der Nette das Freibad Pellenz in Plaidt und zogen dabei auch die technischen Anlagen des Bads in Mitleidenschaft. Wie hoch der entstandene Schaden ist, steht derzeit noch nicht fest. Das Freibad bleibt weiterhin geschlossen, ob es in dieser Saison wieder geöffnet werden kann, ist fraglich.

Auch an der historischen Brücke über die Nette an Gut Nettehammer ist ein hoher Schaden entstanden, der auf die Schnelle nicht behoben werden kann: Der mittlere Stützpfeiler wurde von den Fluten unterspült und knickte ein. Die erst vor zehn Jahren mit großem finanziellen Engagement der Eigentümer von Gut Nettehammer instand gesetzte Brücke ist seitdem akut einsturzgefährdet: Sie darf weder befahren noch zu Fuß überquert werden.

... die Hilfsbereitschaft:

Während die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren die Spuren des Nettehochwassers in der Region beseitigen, arbeiten die ehrenamtlichen Helfer des Andernacher DRK-Ortsvereins mit Hochdruck daran, diejenigen zu unterstützen, die durch die Flutkatastrophe im Ahrtal alles verloren haben. Unter Federführung des Landkreises Mayen-Koblenz sowie des DRK-Kreisverbands richteten die Helfer kurzfristig eine Notunterkunft im Andernacher Schulzentrum ein, in der in der Nacht auf Freitag 220 Menschen übernachteten, die nicht in ihr Zuhause zurückkehren konnten.

Im Laufe des Freitags bemühten sich der Kreis und die Stadt Andernach darum, dass die dort untergebrachten Menschen vorübergehend in Andernacher Hotels sowie das leer stehende Bendorfer Krankenhaus umziehen können: „Wir setzen alle Hebel in Bewegung und möchten möglichst viele Plätze in der Andernacher Hotellerie zu Verfügung stellen, um den Betroffenen schnellstmöglich einen Rückzugsort und Privatsphäre bieten zu können“, sagte der Andernacher Oberbürgermeister Achim Hütten laut einer Mitteilung der Kreisverwaltung. „Wir helfen, wo wir können, und tun alles, um die Menschen bei uns im Landkreis bestmöglich zu versorgen“, betonte auch Landrat Alexander Saftig.

Der Vorstandsvorsitzende des DRK-Ortsverbands Andernach, Lars Hörnig, zeigte sich indes überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Andernacher: Am Freitag gaben Bürger im Minutentakt Kleiderspenden und andere Hilfsgüter am Sitz des Ortsvereins in der Karolingerstraße 74 ab. Um des Andrangs und der Menge an Sachspenden Herr zu werden, nahm man das Angebot der Stadtwerke an, eine Halle auf dem ehemaligen Drünertgelände am Hafen als Zwischenlager zu nutzen. In der Karolingerstraße und im Augsbergweg nahmen rund 30 Helfer des DRK sowie weitere Freiwillige den ganzen Tag lang gespendete Güter in Empfang und sortierten diese. „Das geht dort zu wie im Taubenschlag“, beschreibt Hörnig.

Die Menschen, die im Schulzentrum übernachtet hatten, hat man bereits mit gespendeter Bekleidung versorgt, die übrigen Hilfsgüter will man nun ins Ahrtal bringen, sobald die dort laufenden Rettungseinsätze abgeschlossen sind. Aufgrund der großen Menge an Sachspenden gilt inzwischen in Andernach ein Annahmestopp.

Von unserer Redakteurin

Martina Koch

Top-News aus der Region