Andernach
Das Zusammenwachsen der sieben Pfarreien in Andernach ist eine große Aufgabe für den neuen Pfarrer

Bis vor Kurzem hat er noch in einem modernen Kirchenbau in Trier gepredigt, jetzt gehört der Mariendom zu seinen Wirkungsstätten. Der neue katholische Pfarrer Stefan Dumont will das Zusammenwachsen der sieben Pfarreien in der Pfarrgemeinschaft fördern.

Yvonne Stock

Andernach. Noch stehen drei Umzugskartons im Flur, und das Hämmern der Handwerker dringt in die Wohnung. Aber der neue Andernacher Pfarrer, Stefan Dumont, ist ohnehin nicht viel zu Hause. Er will die Menschen in seinen sieben Pfarreien und den Kirchengremien kennenlernen. 

Von unserer Mitarbeiterin Yvonne Stock

„Ich muss ganz viel hören, um mir ein Bild zu machen“, sagt Dumont, der ganz in Schwarz gekleidet auf dem Sofa sitzt, vor ihm eine hölzerne Weihnachtspyramide und eine Schale mit Plätzchen.

Dumont ahnt bereits, dass er einige Gemeindemitglieder enttäuschen muss. „Es gibt so eine Erwartungshaltung, dass jetzt alles wieder wie vorher wird“, hat er aus einigen Gesprächen herausgehört. Aber es werde nicht möglich sein, in allen sieben Pfarreien das komplette Angebot aufrechtzuerhalten.

Als ersten Schritt des Zusammenwachsens will er alle Mitarbeiter unter dem Dach des Pfarramts in der Agrippastraße vereinen – noch sind aber die Handwerker in den zukünftigen Büros am Werkeln. „Das wird keine One-Man-Show hier“, kündigt Dumont an. Er weiß, dass er auf seine Mitarbeiter und die vielen ehrenamtliche Helfer angewiesen ist, um die Pfarreiengemeinschaft mit den rund 13 000 zugehörigen Katholiken am Laufen zu halten.

Dumont bringt die nötige Erfahrung mit. In Trier hat er in einem fünfjährigen Prozess vier Gemeinden zu einer mit rund 12 000 Mitgliedern vereinigt. Wenn er davon erzählt, wie gut das gelungen sei, schwingt etwas Stolz in seiner Stimme mit. Eigentlich wollte er aus der Stadt, in der auch sein Bruder wohnt und wohin sie gerade ihre Mutter geholt hatten, überhaupt nicht weg. Aber der Bischof hatte andere Pläne mit dem 43-Jährigen.

Nun also Andernach. Und wenn Dumont aus seiner geschmackvoll eingerichteten Altbauwohnung mit Holzfußboden und Ofen über dem Pfarramt auf den Mariendom schaut, dann weiß er, dass er es schlimmer hätte treffen können. Natürlich macht sich der gebürtige Kobern-Gondorfer, der in Koblenz zur Schule gegangen ist, Gedanken über die Gründe für die vielen Gemeindefusionen in Deutschland. „Viele junge Leute erleben uns Priester nicht mehr ausgeglichen und froh, sondern als gehetzt, müde und abgekämpft“, sagt Dumont.

Er selbst wirkt jedoch entspannt und in sich ruhend, obwohl direkt im Anschluss an das Gespräch erst ein Kindergartengottesdienst und dann seine erste Beerdigung in Andernach in seinem vollen Terminkalender stehen – vielleicht ist die innere Ruhe noch die Nachwirkung seiner sechswöchigen Auszeit in Israel. Wenn die Zeit zum Reisen nicht reicht, dann kommt Mediterranes bei Dumont auf den Teller – selbst gekocht natürlich, am liebsten zusammen mit Freunden oder der Familie.

Die negative Wahrnehmung der katholischen Kirche durch Missbrauchsskandale, Limburg und die Debatte über den Umgang mit Geschiedenen trage dazu bei, dass kaum noch jemand Priester werden möchte, denkt Dumont. „Ich bin heute froh, dass ich eine funktionierende Pfarrgemeinde erlebt habe“, meint er. Sonst wäre der damalige Messdiener wohl nicht auf die Idee gekommen, Priester werden zu wollen. Der 43-Jährige mag sich nicht lange mit dem Negativen der heutigen Kirchenwelt aufhalten. Über sinkende Messebesucherzahlen zu klagen, ist nicht sein Ding. Er ist der Typ Mensch, der das Positive sucht, hervorhebt und ausbauen will.

Der Zölibat sei für ihn nicht in erster Linie der Verzicht auf eine eigene Familie, sondern ein Zeichen, welchen großen Wert Gott für ihn habe. „Man muss viel mehr darüber reden, was vor Ort Gutes getan wird“, findet der Pfarrer, der sich in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen im Sinne des ökumenischen Gedankens engagiert. Die Unterschiede im Glauben um der Harmonie willen unter den Tisch zu kehren, würde Dumont jedoch nie einfallen.

Den Menschen einen guten Gedanken für die Woche mitzugeben, das ist sein Ziel beim Predigen. „Aber ich bin auch nicht jede Woche gleich in Form“, gibt der Fan des Musik-Kabarettisten Bodo Wartke und der Wise Guys zu. Menschen, die gekonnt die ganze Klaviatur der deutschen Sprache bespielen, begeistern den Priester, von dessen eigenen Worten beim Prozess des Zusammenwachsens der Pfarreien in Andernach viel abhängt.

Die Pfarreiengemeinschaft

St. Albert, St. Bartholomäus (Namedy), St. Lubentius (Kell), Maria Geburt (Eich), Maria Himmelfahrt, St. Peter und St. Stephan bilden in Andernach eine Pfarreiengemeinschaft. Ihr gehören nach eigenen Angaben etwa 13 000 Katholiken an. ys

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