Glaube Text soll die Beziehung zwischen damals und heute herstellen
Darüber predigen Geistliche zu Weihnachten: Die RZ hat nachgefragt

Stefan Dumont wird am Heiligen Abend im Andernacher Mariendom predigen. Für die Vorbereitung seines Predigttextes nimmt er sich viel Zeit. Wichtig ist es ihm, hinzuhören und wahrzunehmen, was die Menschen aktuell beschäftigt. 

Elvira Bell

Region. Nach der mit Terminen übersäten Adventszeit ist für viele Menschen das Besinnlichste an Weihnachten, wenn am Heiligen Abend in den Kirchen die Lichter an den Christbäumen erstrahlen und „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen wird. Berühren und eine Brücke bauen auch zu den nicht klassischen Kirchgängern, das sollen auch die Predigten. Das wissen auch Pfarrer Stefan Dumont von der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Andernach und sein evangelischer Kollegen Andre Beetschen aus Mendig. Seit Wochen halten die beiden Geistlichen die Ohren offen, um zu erfahren, was die Gläubigen bewegt.

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„Ich weiß natürlich, dass die Weihnachtspredigt von vielen gehört wird, die nicht zum wöchentlichen Stamm der Gottesdienstbesucher zählen“, sagt der Wahl-Andernacher Dumont. Sein Anspruch ist es, allen etwas von der guten Weihnachtsbotschaft mitzugeben. Denen, die immer da sind, genauso wie denen, die nur einmal im Jahr kommen. „Insofern gilt es schon, der Weihnachtspredigt reichlich Sorgfalt in der Vorbereitung zu widmen.“

Dumont ist jemand, der mit dem Vorbereiten seiner Predigt bis zum Letzten wartet. „Ich brauche den zeitlichen Druck“, verrät der Kirchenmann. Am Mittwochnachmittag vor dem Heiligen Abend wusste der Geistliche noch nicht konkret, was er predigen wird. „Denn dafür braucht es noch etwas Zeit.“ Er nehme wahr, was die Leute beschäftigt, höre hin, was derzeit diskutiert wird und worüber man sich gesellschaftlich Gedanken macht. „Das ist deshalb wichtig“, erklärt Dumont, „weil die Weihnachtsbotschaft nicht bloß die Nacherzählung eines Ereignisses von vor 2000 Jahren sein will. Sie soll vielmehr kompatibel sein zu den Verhältnissen des Jahres 2017. Sie hat den Anspruch, auch heute den Menschen Hoffnung zu machen darauf, dass die Welt anders sein könnte. Gott setzt Maßstäbe mit dieser alten Geschichte, die aber an Bedeutung für das Leben der Menschen nichts eingebüßt hat.“

Die Beziehungen vom Damals zum Heute zu knüpfen und das Ganze werbend und hoffnungsvoll an die Zuhörer zu bringen, das sei die Herausforderung einer Weihnachtspredigt. „Weihnachten soll guttun“, betont Dumont.

Was ihn derzeit sehr beschäftigt, ist der immer wieder aufflackernde Widerspruch zwischen der Weihnachtsbotschaft „Friede auf Erden“ und der Wirklichkeit, gerade im Heiligen Land, welches ihm sehr am Herzen liegt. „Warum ist ausgerechnet das Leben am Ursprungsort der Frohen Botschaft so unfriedlich? Warum führt religiöser Eifer so oft zum politischen Fanatismus? Fragen, die sich nicht leicht beantworten lassen“, sagt Dumont.

Orte eines solchen Widerspruchs seien aber auch bei uns genügend zu finden, ist Dumont bewusst. „Und auch da will Weihnachten aufmerksam machen auf all das, was bei uns ‚un-heil‘ ist – politisch, gesellschaftlich, religiös.“

Weihnachten bedeute für ihn keinen Stress – im Gegenteil. Er freut sich darauf, an Heiligabend um 14.30 Uhr auf dem Marktplatz viele Kinder in der Lebendigen Krippe begrüßen zu können. „Das war im vergangenen Jahr ein Urerlebnis für mich“, erzählt er. „Der ganze Markt war mit etwa 350 bis 400 Menschen gefüllt.“ Einen passenderen Ort für eine solche Krippenfeier könne man wohl kaum finden.

Kinderkrippenfeiern haben auch für Pfarrer Andre Beetschen eine besondere Bedeutung. „Tatsächlich beginnen wir rund sechs Wochen vor dem Heiligen Abend mit den Vorbereitungen: mit den Proben der Kinder. Von ihrer Vorfreude und ihrer Aufregung lasse ich mich dann gern anstecken und beflügeln“, erzählt Beetschen. Inhalt und Form der Gottesdienste und Predigten entstünden dann nach und nach.

Gedanklich bereitet Beetschen seit dem Ersten Advent die Weihnachtsgottesdienste und Predigten vor. „Ich versuche in dieser Zeit, die Themen und Gefühlslagen der Menschen wahrzunehmen, denen ich in der Seelsorge, in Gesprächen, bei Besuchen, Gottesdiensten und Veranstaltungen begegne“, berichtet er. „Recht schnell ergeben sich Stimmungslagen, die mich beschäftigen, die ich durchdenke und in Zusammenhang mit dem Christfest bringe. Mein Hauptanliegen ist es dann, die Botschaft des Christfestes – Gott macht sich klein und kommt in die Welt, um uns nahe zu sein, um uns zu helfen und Mut und Hoffnung zu bringen – mit der Wirklichkeit der Menschen in Zusammenhang zu bringen.“ Großen Wert legt Beetschen auf Hoffnung und Vertrauen. „Vor rund 2000 Jahren warteten die Menschen auf den Messias, auf den neuen König, der die Besatzungszeit in Israel damals durch die Römer beendet und ein neues Königreich Israel ausruft. Dass Gott dann damals ganz anders kam – als einfacher Sohn von einfachen Menschen, geboren in einem Stall – das macht mir Hoffnung. Gott kommt nicht für die Reichen und Mächtigen, sondern er kommt zu den einfachen Menschen, zu den Armen und Verzweifelten. So kommt Gott auch heute und hilft uns.“

Wichtig ist es Beetschen auch, diese Botschaft in den heutigen Zeiten, wenn Flüchtlinge in unser Land kommen, nicht zu vergessen. „Auch Jesu Familie musste direkt nach seiner Geburt aus politischen Gründen das Land verlassen, da König Herodes ihm nach dem Leben trachtete“, erinnert der Pfarrer. „Schutz fand die Familie damals in einem sicheren Drittland – Ägypten.“

Von unserer Mitarbeiterin Elvira Bell

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