Debatte über Altenwohnprojekt
Caritas will in Hausen alt werden
Rund 150 Zuhörer wollten Neuigkeiten über das geplante Altenwohnprojekt im Hausener Bürgerhaus erfahren.
Rico Rossival

Zankapfel Mosellaplatz: Die Kritiker wollen nicht, dass auf der grünen Wiese im Mayener Stadtteil Hausen ein Altenwohnprojekt entsteht. Sie sahen sich Gegenwind in einer Einwohnerversammlung ausgesetzt. Die Caritas will das Projekt wohl betreiben. 

Allen Beteuerungen zum Trotz bleiben die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern eines Altenwohnprojektes im Mayener Stadtteil Hausen verhärtet. In der Einwohnversammlung vor fast 150 Zuhörern im Bürgerhaus warf man der jeweils anderen Seite ein Operieren mit Fehlinformationen vor. Zum ersten Mal stellte sich indes der mögliche künftige Betreiber des Projektes, das bis zu 80 Wohneinheiten umfassen könnte, vor: die St. Raphael Caritas Alten- und Behindertenpflege mit Sitz in Mayen. Ihre Konzeption fand mehrheitlich Beifall im Publikum.

Wieso hat es eine grundlegende Änderung am Projekt gegeben? Fast zwei Jahren sind ins Land gegangen, ehe der vormalige Investor mit der Information herausrückte, dass er nicht in der Lage sei, ein Haus mit betreutem Wohnen zu realisieren. „Dies hat uns der Investor am 5. Februar mitgeteilt“, sagte Ortsvorsteher Sven Weber (SPD). Zur gleichen Zeit sei die Caritas auf den Hausener Ortsbeirat zugegangen in der Absicht, ein Alten- und Pflegewohnheim langfristig betreiben zu wollen. „Genauso, wie wir genug Plätze in unseren Kitas brauchen, brauchen wir Plätze in der Altenpflege, und da kann uns nichts Besseres passieren, wenn sie im Dorf angesiedelt ist“, sagte Oberbürgermeister Dirk Meid (SPD). Sowohl Ortsbeirat als auch Stadtrat hatten vom Grundsatz her ein Seniorenprojekt befürwortet.

Oberbürgermeister Dirk Meid stellte die Fakten der Bimo infrage.
Rico Rossival

Was hat die Caritas am Mosellaplatz vor? Für die Caritas erläuterte deren Geschäftsführer Thomas Buckler die Eckpfeiler ihrer Konzeption. Das von ihr betriebene Alten- und Pflegeheim St. Johannes in der Mayener City lasse aufgrund räumlicher Gründe ein zukunftsorientiertes Wohnen nicht zu. Dies sei aber am gut 4000 Quadratmeter großen Areal in Hausen realisierbar. Für die St. Raphael Caritas, die an rund 40 Standorten 1500 Mitarbeiter beschäftigt, sei der Umbau der Herbstresidenz in Bernkastel-Kues (Kosten: circa 10 Millionen Euro) quasi die Blaupause. „Die Schaffung von Lebensräumen ist unser Kernauftrag“, betonte Buckler.

Eine Ortsanalyse in Mayen habe das Ergebnis erbracht, dass in der Stadt und im Umland der Bedarf für ein Altenwohnheim groß sei, ergänzte Caritas-Prokurist Oliver Winter. „Insbesondere der Anteil der über 80-Jährigen wird in Mayen überproportional in den nächsten Jahren steigen, aber die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze nicht“, erklärte Winter. Die Zahl der Pflegebedürftigen in Mayen werde rasant steigen, auch wegen der Babyboomer, die jetzt und in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen. Bis zum Jahr 2040 werde die Anzahl der Pflegebedürftigen in Mayen um 22 Prozent auf etwa 1250 steigen.

Der Geschäftsführer der St. Raphael Caritas Alten- und Behindertenhilfe, Thomas Buckler, erläuterte Grundzüge des neuen Wohnprojektes.
Rico Rossival

Wie sieht das Wohnen für Ältere in Hausen aus? Die Caritas hat den Begriff des „Lebensweltnahen Wohnens“ kreiert. Dahinter verbirgt sich der Grundsatz, dass ältere Menschen in einer vertrauten Umgebung leben sollen, in der es Möglichkeiten gibt, sich in die Gemeinschaft einzubringen, sei es durch Kartoffelschälen oder Gartenarbeit. „Wir wollen wegkommen von einem Krankenhaus-Charakter, die Pflege soll dezent im Hintergrund bleiben“, sagte Caritas-Geschäftsführer Buckler. Christiane Jeup, die Leiterin des Klösterchens, führte aus, was dies im Tagesablauf bedeutet. „Wir wollen Punkte aufzeigen, dass die Menschen nicht an den Rand gehören, sondern mitten in die Gesellschaft.“

Einen Nutzen könnten aus dem neuen Haus auch die Hausener Bürger und die Grundschüler ziehen, versprach Buckler. So sei ein großer Gemeinschaftsraum mit offenem Bistro für die Dorfbewohner ebenso angedacht wie ein offener Mittagstisch. Ferner soll es Schülern die Gelegenheit zur Einnahme eines Mittagessens eröffnen. Auch sei ein gemeinsames Essen von Bewohnern mit ihren Angehörigen wünschenswert.

Thomas Weber von der Bimo kritisierte, dass die politischen Gremien nicht den direkten Dialog suchen würden.
Rico Rossival

Wie kommt das Caritas-Projekt bei der Kommunalpolitik an? Als ein „sinnvolles Projekt“ bezeichnete Oliver Schick (SPD-Fraktion im Stadtrat) das Vorhaben, zumal die Pflegeplätze direkt Hausen zugutekämen. „Die Menschen können sich im Kreis ihrer Lieben pflegen lassen.“ Bistro und das Mittagsangebot seien eine Bereicherung für den Ort. Thomas Schroeder (FDP) merkte an, dass er aus Hausen kommt und oft auf dem damaligen Bolzplatz am Mosellaplatz gespielt habe. Allerdings seien Kinder nach vielen Auseinandersetzungen mit Anwohnern an den Rand des Ortes gedrängt worden. Das Caritas-Projekt bezeichnete Schroeder als bereichernd, zumal man „heute kein Brötchen mehr in Hausen“ bekomme. „Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen als dieses Altenheim, es ist ein Gewinn für Hausen.“

Martin Reis, der CDU-Fraktionsvize im Stadtrat, bezeichnete die St. Raphael als einen in der Region bekannten und verlässlichen Partner. Die CDU unterstütze das Projekt, zumal auch Grundschule und Kita davon profitieren könnten. Dagegen kritisierte Hans Georg Schönberg (FWM), dass der Planungsprozess „im Schnellstverfahren mit einer Begutachtung von Umweltaspekten“ durchgezogen worden sei. Dabei habe die Bürgerinitiative Mosellaplatz (Bimo) im Nachgang drei Tiere festgestellt, die auf der Roten Liste stünden. Außerdem möge die Caritas Alternativen zum Standort prüfen, die FWM unterbreitet hätten.

Was sagen die Hausener Bürger? Thomas Weber, einer der Sprecher der Bimo, sagte, man müsse differenzieren. Die Bimo sei nicht gegen das Projekt an sich, jedoch gegen den Standort Mosellaplatz. „Wir wollen den Mosellaplatz erhalten“, betonte er. Es gebe gute Gründe dafür, wie bei den mehr als 2500 Einwendungen formuliert worden sei. Er sei enttäuscht von Stadtrat und Ortsbeirat, die nicht den direkten Kontakt mit der Bimo suchten – anders als im Übrigen die Caritas, mit der man sich ausgiebig ausgetauscht habe. „Aber keiner geht sonst auf die Fakten ein.“ So seien im Bereich des Mosellaplatzes drei Tiere festgestellt worden, die auf der Roten Liste stünden und vom Aussterben bedroht sind: Die Fledermaus Graues Langohr und der Gartenschläfer würden dazu gehören. Demgegenüber sagte Naturschützer Jürgen Drefs – seine Schwester ist beim Nabu beschäftigt –, dass die Bimo eine falsche Information verbreite. Der Nabu habe mitnichten bestätigt, dass das Graue Langohr am Mosellaplatz siedele, es sei lediglich denkbar, dass die Fläche als Jagdhabitat genutzt werde – dies sei aber nicht bestätigt, anders, als es die Bimo in der Öffentlichkeit dargestellt habe.

Stadtchef Meid hatte die Einwendungen näher unter die Lupe nehmen lassen. „Ich muss da einiges richtigstellen, das wird ein anderes Bild ergeben“, äußerte sich Meid. Es handele sich in der Tat um 2685 Einwendungen von Kritikern, allerdings würden sich nur 121 inhaltlich unterscheiden. Die anderen seien alle wortgleich. „Man könnte sagen, das sind Kopien.“ Es drehe sich lediglich um 77 Absender, darunter seien Minderjährige. Im Schnitt hätte ein Absender 35 Stellungnahmen an die Verwaltung abgesandt. Weiter lasse sich recherchieren, dass die 2685 Einwendungen aus 45 Haushalten stammen würden, davon etwa ein Viertel nicht aus Hausen selbst. „Es wird ein falscher Eindruck erzeugt, das zu sagen war mir wichtig“. Und fasste aus seiner Sicht zusammen: „Der Mosellaplatz war nie ein Biotop von herausragender Bedeutung.“ Von höchster Bedeutung für die Stadt und für Hausen sei allerdings dieses Altenprojekt.

Das ist der umstrittene Standort in Hausen: der Mosellaplatz.
Thomas Brost

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