Mehr Angebot als Nachfrage: Kreis will ÖPNV umstrukturieren - Detailplanung im Ausschuss
Busverkehr im Kreis Mayen-Koblenz: Alles kommt auf den Prüfstand
opnvfrankenstrae
Immer wieder kritisiert: Leere Busse zirkulieren durch die Orte.
Thomas Brost

Im Kreis Mayen-Koblenz fahren zu viele Busse mit zu wenigen Fahrgästen. Das Liniennetz soll deshalb bedarfsgerecht angepasst werden, auf Grundlage eines Konzepts von einem Fachbüro. Nahezu alle Buslinien stehen auf dem Prüfstand. Eine Mammutaufgabe, die dem Kreis allerdings ein geschätztes Einsparvolumen von mindestens zehn Millionen Euro bringen könnte. Insbesondere auf den extra neu gegründeten Fachausschuss für Mobilität und ÖPNV wartet in Zukunft viel Arbeit.

Lesezeit 3 Minuten

Im Dezember 2021 war das neue ÖPNV-Konzept im Kreis Mayen-Koblenz an den Start gegangen. Der Busverkehr war insgesamt ausgeweitet worden, in manchen Teilen wie der Vordereifel sogar erheblich. Das Problem: Viele Linien sind nicht durch Nachfrage gedeckt. „Dies betrifft fast ausschließlich die drei Linienbündel Pellenz, Maifeld und Vordereifel, die von der Firma VMR-Transdev bedient werden“, heißt es in einer Beschlussvorlage des Kreisausschusses.

Ein Fachbüro, die BPV Consult GmbH, hat das derzeitige ÖPNV-Konzept evaluiert und auf Bestellung des Kreises Vorschläge erarbeitet, wie der ÖPNV bedarfsgerecht umorganisiert werden kann. Begleitet wurde dieser Prozess von Verkehrswissenschaftler Rüdiger Sterzenbach. Eine Haupterkenntnis: Die Buskapazität soll im gesamten Kreis systematisch abgespeckt werden.

“Keine Akzeptanz" für ein Drittel der Buslinien

Christoph Zimmer, Geschäftsführer der BPV Consult, formulierte es in der Sitzung des Kreisausschusses so: „Die Draufsicht hat gezeigt, wo der Schuh drückt. Die Schuhe sind zu groß, es gibt ein überdimensioniertes Angebot.“ Rund ein Drittel aller Linien finde bei der Bevölkerung „nachweislich keine Akzeptanz“. Für die politischen Gremien gehe es darum, den ÖPNV neu zu strukturieren.

Bei Linien, die im Schnitt sechs oder weniger Fahrgäste hätten, müsse man etwa eine neue Form der Flächenerschließung etablieren. Als Stichwort nannte Zimmer sogenannte On-Demand-Verkehre, also in den ÖPNV integrierte Mobilitätsangebote auf Bestellung. Darunter fallen beispielsweise Rufbusse oder Anrufsammeltaxis. Zimmer: „Da gibt es eine breite Ausgestaltungsmöglichkeit, und das gilt es sauber zu erörtern, was da hier für Sie sowohl fachlich und inhaltlich als auch mit dem räumlichen Bezug am besten geeignet ist.“

Doch auch die Linien mit hoher Auslastung – oft sind das die vom Land mitfinanzierten Regio-Linien – stehen auf dem Prüfstand. Das Land habe mitgeteilt, ihre Regio-Linien aus haushaltstechnischen Gründen um 10 Prozent einkürzen zu wollen, teilte Zimmer dem Kreisausschuss mit. Die Herausforderung werde sein, die leeren Busse in diesen Linien zu finden und aus dem System zu nehmen. Außerdem müssen die Gremien sich auch die Busverbindungen unter die Lupe nehmen, die mittelgut laufen, so Zimmer.

Sein Appell an die Kommunalpolitiker lautete: „Das Konzept muss am Ende straßentauglich und bürgertauglich sein.“ Erste Anpassungen wurden bereits nach den Sommerferien umgesetzt, konkret wurden im Linienbündel Maifeld, Vordereifel und Pellenz Fahrten gestrichen oder Linienwege geändert.

Experte redet Kommunalpolitikern ins Gewissen

Zum letzten Mal im Kreisausschuss zu Wort meldete sich derweil Verkehrswissenschaftler Rüdiger Sterzenbach. Er nutzte diese Gelegenheit, um den Kommunalpolitikern ins Gewissen zu reden: „Ich wünsche Ihnen wirklich von Herzen, dass es Ihnen gelingt, das Konzept so durchzusetzen, wie Sie es politisch wollen.“ Es gebe mittlerweile „hervorragende Alternativen“ zu großen Bussen, die im ländlichen Raum kaum ausgelastet sind. Die Vorschläge des Fachbüros bewertete Sterzenbach als „sehr, sehr, sehr, sehr gut“. Nun liege es an der Politik, die Vorschläge in ein zukunftsfähiges Konzept zu gießen.

Ausschussmitglied Jörg Lempertz (CDU) betonte, dass eine gute Analyse des ÖPNV eine riesige Herausforderung sei und viel Zeit in den Fachgremien beanspruchen werde. Ralf Schmorleiz (FWG-MYK) sagte: „Ich denke, man sollte den Verkehrsverbund Rhein-Mosel hören und um eine Stellungnahme bitten.“

Maximilian Mumm (SPD) betonte, Ziel müsse es sein, „dass wir den ÖPNV so aufstellen, dass er vor allem der Bevölkerung einen vernünftigen Dienst erweist.. Klaus Meurer (Grüne) plädierte dafür, auch das Thema Marketing mitzudenken, um den ÖPNV noch attraktiver zu gestalten. Wie das neue Konzept aussehen soll, damit wird sich in Zukunft vor allem der Ausschuss für Mobilität und ÖPNV befassen. Das sieht auch der Kreistag so, der das Thema deswegen nicht extra behandelt hat.

Top-News aus der Region