Mayen
Burgfestspiele Mayen: Zauberhafter Sommernachtstraum

In traditioneller Spielmanier zeigen die Burgfestspiele Mayen Shakespeares „Sommernachtstraum“. Geschmackvoll ausgestattet, passt das Stück hervorragend in den Hof der Genovevaburg.

Andreas Walz

Mayen – Respekt. Intendant Peter Nüesch hat den Burgfestspielen Mayen einen "Sommernachtstraum" in den Hof der Genovevaburg inszeniert, der breitem Publikum wie passionierten Shakespeare-Liebhabern Freude machen kann.

Von unserem Autor Andreas Pecht

Ein sorgsam geführtes Ensemble bietet im 450. Geburtsjahr des englischen Dramatikers dessen bekannteste Komödie als schön ausbalanciertes Spiel zwischen sprühender Humorigkeit und poetischer Fantastik. Zwar wird hier eine eher traditionelle Spielmanier gepflegt, die an deutschen Stadt- und Staatstheatern kaum mehr zu finden ist. Aber warum nicht? Wenn, wie in diesem Fall, handwerklich gut gemacht, kommt das der Vielfalt unserer Theaterlandschaft zustatten.

Umgebung wird ins Bühnengeschehen eingebunden

Nüesch' Bühnenbild lässt höfischer Gesellschaft, verwirrten Liebespaaren, theaternärrischen Handwerkern und zauberischer Feenwelt am Boden viel freien Raum. Zugleich bezieht er Türen und Aussparungen in der hinteren Burgmauer sowie seitliche Balkone bis hinauf zum Wehrgang ins Geschehen ein. Daraus ergibt sich ein Spiel über mehrere Ebenen, was als äußere Entsprechung tiefenpsychologischer Verflechtungen im Stück gesehen werden darf.

Was ist Traum, was Realität? Hat der Kobold Puck (Axel Brauch) im Auftrag Oberons tatsächlich die Elfenkönigin Titania mit dem zum Esel verwandelten Handwerker Zettel in die Lustlaube gezaubert? Hat er versehentlich vier Jungverliebte zu falschen Paarungen getrieben? Dies und mehr lässt sich an der Oberfläche als märchenhaftes und komisches Verwechslungsspiel belachen, darunter aber als Metapher auf die verborgenen Abgründe der Libido verstehen. Die Inszenierung gibt dem Zuseher viel Deutungsfreiheit, spart allerdings auch keine Möglichkeit zum Witzeffekt aus.

Das wird von Shakespeare gedeckt: Sein mehrdeutiger, oft frivoler Sprachwitz ist legendär. Wenn Lysander (Tino Leo) und Demetrius (Robby Plücker) nach einem schlagkräftig gefochtenen Eifersuchtsduell einsehen, dass der Männer Schwert besser in die Scheide gehöre, meint das nicht nur den Friedensschluss. Gesprochen wird in Mayen wohl eine Textmontage aus der historischen Schlegel/Tieck-Übersetzung und der modernen, saftigeren von Franz Günther; das Ganze von Nüesch angereichert mit schnippischen Aktualisierungen und Einsprengseln von Goethes Erlkönig bis Villons Erdbeermund. Puristen mögen die Stirne runzeln, doch Shakespeare-Komödien überstehen solche Mutwilligkeiten mühelos.

Mitten hineinversetzt in die Romantik des 19. Jahrhunderts

Marcel Zabas Kostüme versetzen die Figuren der realen Welt ins 19. Jahrhundert, in die Epoche der Romantik mit ihrer Vorliebe für Mystik, Mythen und Volkstümlichkeit. Das passt prima zum „Sommernachtstraum“ als Geflecht aus höfischer Kultur, Volkskultur und Feensphäre. Schön gearbeitet sind bis in die Bewegungsart der Mimen die Atmosphäre-Unterschiede zwischen den drei Bereichen: Bei Hofe agieren etwa Lorenz Schirren und Adrienn Cunka in herrschaftlicher Gemessenheit, als zerstrittenes Königspaar des Feenreiches schweben sie in wiegender Tanztrance erotisch aufgeladen durchs Geschehen.

Trefflich auch die Ausformung der konkurrierenden Jungfrauen: Cecilia Hafiz gibt eine weiche Hermia, Susanne Muhr eine kiebig und kratzbürstig ums Mannsobjekt ringende Helena. Die Handwerker sind ein besonderes Schmankerl: Werner Schwarz führt als nie zu bremsender Zettel eine wunderbar depperte Mischpoke aus sechs sehr verschieden gezeichneten Typen an, die ihr komisches Volksbrettl ganz im Shakespeare'schen Sinne munter schnurren lassen. „Ein Sommernachtstraum“ – in Mayen der bisher beste Shakespeare der Nach-Heyse-Ära.

Infos/Karten unter Telefon 02651/494 942 sowie www.mayenzeit.de

Top-News aus der Region