Viele Interessierte haben in Mayen sieben Bildhauern über die Schulter geschaut
Bildhauern über die Schulter geschaut: Lapidea knüpft an glanzvolle Zeiten in Mayen an
Thomas Brost

Mayen. Im Kulturkalender der Stadt Mayen hat es seit fast 20 Jahren eine schmerzliche Leerstelle gegeben – vom renommierten Bildhauer-Symposium Lapidea zeugten im Grubenfeld nur mehr steinerne Skulpturen. Jetzt ist Lapidea wiederbelebt worden – mit in mehrfacher Hinsicht erstaunlichen Ergebnissen.

Thomas Brost

Die erste Erkenntnis: Die künstlerische Arbeit mit dem harten Basaltstein zieht – an jedem Tag in der vorigen Woche haben viele Interessierte den sieben Bildhauern und Steinmetzen zuschauen wollen. Die gute Resonanz schlug sich auch in „einem unwahrscheinlich guten Kaufinteresse nieder“, wie Rolf Schumacher, der Vorsitzende der Lapidea-Stiftung, erfreut betont hat. Für Bildhauer Guido Krämer ein erfreulicher und wichtiger Aspekt: „Wir machen ein solches Symposium, damit die Leute kommen und unsere Arbeit nachvollziehen können“, sagt er. Krämer arbeitet auch maßgeblich bei den Symposien in Ettringen und Mendig mit.

Intendant beschreibt Schöpfungsgeschichte

Dem Intendanten der Burgfestspiele, Alexander May, war es vorbehalten, die Schöpfungsgeschichte des Lapidea-Symposiums darzustellen, aus gutem Grund: May ist selbst gelernter Bildhauer. So skizzierte May das Werden eines Kunstwerks in dieser einen Woche, in der die Künstler zur „Lapidea-Familie“ (Schumacher) zusammengewachsen sind.

Thomas Brost

May beschrieb den Schaffensprozess, der unter dem Oberbegriff „Metamorphosen“ stand. So habe sich sein Künstlerkollege Werner Geilen an das Naheliegende angelehnt, an die sichtbaren Zeichen des Eifelvulkanismus. Unter dem Begriff „Mofette“ schuf Geilen eine Skulptur mit einer aufstrebenden Kugel an der Spitze – analog zu sichtbaren gasförmigen Merkmalen des immer noch tätigen Vulkans unter dem Laacher See.

Ein politisches Statement für Iranerinnen

Ein politisches Statement liefert Mo. T. mit seinem Werk „Frau, Leben, Freiheit“ ab – zu sehen ist ein Frauengesicht, das mit einem Finger auf den Lippen zum Schweigen angehalten wird. Der Iraner Mo. T. will dies als das „Schweigen der Welt über das Verbrechen eines religiösen Diktators“ in seinem Heimatland verstanden wissen. Dagegen will Richard Frensch seinen kleinen weißen Elefanten in Speckstein („Lativ“) als Symbol für Zuversicht, Geborgenheit und Großmut verstanden wissen. Maria Hill hat für Alexander May „einen sehr schönen Titel“ für ihre Skulptur gefunden: Trost. Aus der Trauer, einem schmerzhaften Zustand, sei etwas entstanden, das „glückliche Kunst“ ausmache. Oder wie die Künstlerin aus Burg/Mosel, die persönliche Bezüge verarbeitet hat, es ausdrückte: „Es gibt endlos viele Gründe, weshalb sich Menschen Trost spendend zuwenden sollten.“ Der gut eine Tonne schwere Stein steht wie alle anderen Exponate ab sofort zum Verkauf.

Thomas Brost

Ein Stein mit einer Kugel obendrauf, dies entspreche der Sonne, äußerte sich Alexander May zum Werk des Ettringers Thomas Müller. Weitere Elemente wie Wolke, Blitz oder Trauben stünden für das Werk mit Namen „Energie“. Die „Suche nach dem inneren Kern“ betitelt Guido Krämer sein Werk. „Ich liebe es, mit geometrischen Formen zu spielen“, sagt er. Die Gefahr, dass etwas abbreche, sei – wie hier bei einem dargestellten Dreieck – zwar groß, aber dies sei jedoch eine so gewünschte Herausforderung.

Bald eine neue Heimat in Mayen?

Dem Steinbildhauer Knut Hüneke ist das Mühlsteinrevier ans Herz gewachsen – der Kurpfälzer kann sich gut vorstellen, seine Zelte dauerhaft in der Eifel aufzuschlagen. „Dieses Gebiet ist einzigartig nördlich der Alpen, von der Geologie her wie von der 7000 Jahre langen, ununterbrochenen Zeit der Herstellung von Mühlsteinen“, sagte Hüneke. Sein Werk ähnelt einer Fledermaus. Die Konzeption sei auf alle Fälle altägyptisch, achsensymmetrisch und aufrecht stehen, sagt Hüneke, der mehrere Jahre lang in Ägypten gearbeitet hat. Er hat außerdem einige tonnenschwere Steinkunstwerke von denkenden Menschen am Rande des Grubenfeldes aufstellen lassen. Und machte Geschmack auf mehr: „Ich plane ein großes Projekt.“

Alexander May hat als Einziger einen Sandstein bearbeitet. „Das war mein allererstes Werkstück“, erinnerte er sich. Diesmal ist es wiederum ein Stein aus Udelfangen in der Westeifel. Dargestellt sind im Werk „Aufbruch“ von unten aufstrebende Wellen, die Druck erzeugen und in einer Kugel kulminieren.

Die Region will mehr

Sehr zufrieden zeigte sich Lapidea-Vorsitzender Rolf Schumacher mit der Resonanz – das Interesse sei groß. Dies signalisiere auch der Präsentationstag, an dem nicht nur Einheimische teilnahmen. „Viele haben sich wertschätzend und positiv geäußert“, sagte Schumacher. Für die Stadt Mayen sei Lapidea ein Aushängeschild, sagte Bürgermeister Bernhard Mauel. Es komme jetzt darauf an, Kunst und Kultur noch etwas stärker zu vernetzen. Im Zusammenspiel mit vielen helfenden Händen aus der benachbarten Vordereifel und der VG Mendig sei es wichtig, „dass wir in dieser Region unser Vorhaben nach vorn bringen“ – und dies ist durchaus auch in Richtung Weltkulturerbe-Status gemeint.

Erst 2026 – oder doch schon etwas früher?

Früher hat das Lapidea-Symposium (bis 2006) alle zwei Jahre Steinmetze und Bildhauer ins Grubenfeld geholt – wie geht es jetzt weiter? Zunächst stehen in den beiden nächsten Jahren die Symposien der Zunft in Ettringen (August 2024) und Mendig (2025) auf dem Programm. Somit wäre Mayen im Jahr 2026 an der Reihe. Aber Lapidea-Vorsitzender Rolf Schumacher wünscht sich nach dem Neustart eigentlich einen anderen Rhythmus. „Vielleicht sehen wir uns 2026 wieder in Mayen“, sagte er und schob vielsagend hinzu: „Vielleicht finden wir aber für Lapidea auch einen kurzfristigen Termin.“ bro

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