Und wenn man denkt, sie schlenderten aufgrund des Wetters mit verkniffenen Mienen, irrt man: Dick verpackt mit allerbester Laune ziehen sie gelassen durch die Läden und die Straßen der im Lichterglanz funkelnden Innenstadt. Das Engagement der Händler macht sich bei dem zauberhaft-romantischen Late-Night-Shopping bei so manchem von ihnen mit wirklich guten Umsätzen bezahlt.
So beispielsweise bei Mode Antonia Reiff in der Hochstraße. Um auf den bevorstehenden Umbau und auch entsprechende Rabatte hinzuweisen, ist vor dem Traditionsmodehaus in der Hochstraße die wohl schönste farblich in Szene gesetzte Baustelle in der Region aufgebaut. „Da wir in Kürze umbauen, haben wir den Bogen von Poesie zu einem selbst kreierten Baustellen-Rapp geschlagen“, erklärt Inhaberin Heike Reiff. Dieser lautet: „Auf der Baustelle gibt’s auch Poesie, zu Top-Preisen wie noch nie. Mit der Schubkarre fahrt ihr die Geschenke nach Haus, und wir verkaufen alles hier raus.“
Ebenso wie Heike Reiff zeigte sich auch sich Mehtap Turan sehr zufrieden mit der Resonanz und dem Kaufverhalten der Kunden. Die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Andernach hat in ihrem ebenfalls in der Hochstraße ansässigen Modestudio eine beeindruckende Hommage an den Kölner schwulen Weihnachtsmarkt „Heavenue Cologne“ im Pop-Art-Style mit rosa, pink und glitzernder Dekoration und einem Einhorn geschaffen.
Über viele Gäste kann sich auch das „Herrenzimmer“ am Markt freuen. In seinem Concept-Store mit Espressobar hat Tobias Dickmeiß zwei Lesungen für Kinder mit Petra Jansen organisiert. Die Kinder hängen der Kinderbuchautorin aus Andernach förmlich an den Lippen, als sie aus ihrem Buch „Libby & Ameline“ vorliest. Petra Jansen hat ihre Kinderbücher auch selbst illustriert, berichtet Tobias Dickmeiß. Während einige der Besucher nach coolen Looks und aktuellen Trends Ausschau halten, lassen andere stattdessen in aller Ruhe das Gesehene im Gespräch mit Gleichgesinnten auf sich wirken. Denn nicht nur in dem Store von Dickmeiß, sondern auch davor machen es sich Besucher mit einem wärmenden Getränk mit direktem Blick auf das Weihnachtsdorf gemütlich gemacht.
Mit sprachlichen Kunstwerken in ihrer lebendigsten Art begeistern unterdessen unter anderem die beiden Slam-Poeten Lenny Felling (er hat kürzlich die rheinland-pfälzische Poetry-Slam-Meisterschaft gewonnen) und Leander Bauer, der rheinland-pfälzische U-20 Meister, das Publikum in der Rathaus-Galerie.
Davon, dass in der Bäckerjungenstadt am Freitagabend eine Art Après-Ski-Atmosphäre herrscht, zeigt sich eine Frauenclique aus Neuwied ganz begeistert. „Überall stehen die Leute in Grüppchen zusammen, sehr schön.“ Besonders angetan haben es den Frauen die mit Tannengirlanden und Lichtern geschmückten Holzoptikfassaden, mit denen die Händler ihren Eingangsbereich in urige Weihnachtshütten verwandelt haben.
Die Idee, die Geschäfte in Weihnachtsbüdchen zu verwandeln, war 2020 entstanden, als der Weihnachtsmarkt auf dem Markt seine Pforten nicht öffnen durfte. „Wir waren auch im vergangenen Jahr im Dezember beim First Friday schon hier. Die Fußgängerzone ist so schön beschaulich“, sagt eine der Frauen. „Wir freuen uns, auf den kuschelig wärmenden Fellen einen Glühwein und später die leckeren ,Christmas Törtlichkeiten' zu genießen.“ Den Weihnachtsmarkt und die lebendige Krippe will sie am kommenden Wochenende mit ihrer Familie besuchen.