Linda Frerichs kümmert sich in Münstermaifeld um den Heilkräutergarten
Bedient euch! Der Kräutergarten in Münstermaifeld ist für alle da
img_7467
Linda Frerichs kümmert sich liebevoll um den Kräutergarten, den sie im Schatten des Eulenturms von Münstermaifeld angelegt hat. Fotos: Birgit Pielen
Birgit Pielen

Es ist eine friedliche Oase, direkt unterhalb des Eulenturms von Münstermaifeld, im Schatten der alten Stadtmauer. Manche sagen auch, es ist ein wunderbares Kraftfeld. Denn hier wachsen Heil- und Würzkräuter. Linda Frerichs (56) hat den Garten angelegt – als öffentliches Biotop. Und das Beste: Hier darf sich jeder bedienen.

Lesezeit 4 Minuten

Salbei, Thymian, Minze, Kamille, vielleicht noch Arnika – das sind die bekanntesten Heilpflanzen. Doch Linda Frerichs kennt noch viel mehr und weiß um ihren Nutzen. Sie ist Apothekerin und Heilpraktikerin und befasst sich vor allem mit der Phytotherapie, der Pflanzentherapie.

Es bei uns sogar ein bisschen verpönt, wenn man sagt, dass man bei Halsweh erst mal eine Tasse Salbeitee trinkt, anstatt eine Tablette zu nehmen.“

Überall auf der Welt haben Pflanzen in der Heilkunde eine jahrhundertelange Tradition, vor allem in China und Indien. „Das alte Wissen fasziniert mich“, sagt die 56-Jährige und bedauert, dass es heute keine Selbstverständlichkeit mehr im Umgang mit Heilpflanzen gibt. „Es bei uns sogar ein bisschen verpönt, wenn man sagt, dass man bei Halsweh erst mal eine Tasse Salbeitee trinkt, anstatt eine Tablette zu nehmen“, sagt sie. Die Kräutermedizin hat fast so einen schlechten Ruf wie die Homöopathie. Dabei handelt es sich tatsächlich aber um zwei völlig verschiedene Ansätze.

img_7488
Sibirischer Tee gilt als exzellenter Durstlöscher.
Birgit Pielen

Bei der Phytotherapie geht es um eine klassische medizinische Methode und sogar um teilweise rezeptpflichtige Medikamente, die pflanzliche Wirkstoffe haben, zum Beispiel ätherische Öle, Bitterstoffe, Flavonoide oder Schleimstoffe. Die heutige Naturapotheke umfasst etwa 400 Arzneipflanzen. Einige davon stehen im Kräutergarten von Linda Frerichs. Mutterkraut und Frauenmantel zum Beispiel, Beinwell und Baldrian, Alant, Eisenkraut und Johanniskraut. Als Tee oder Tinktur helfen sie gegen Blessuren, Infekte oder beim Einschlafen. „Ich mag nicht das Entweder-oder-Denken, sondern will das Beste aus der Schul- und Pflanzenmedizin“, sagt Frerichs. Aber ihr ist bewusst, dass sie ganz viel erklären muss, wenn es um die Kraft der Kräuter geht.

Beinwell ist als Arzneipflanze zugelassen bei schmerzhaften Muskel- und Gelenkbeschwerden
Birgit Pielen

Alant zum Beispiel wurde schon in der Antike als Gewürz- und Heilpflanze verwendet. Kandierter Alant galt sogar lange Zeit als Leckerbissen. Da aber viele Menschen allergisch auf die Inhaltsstoffe reagieren, ist Alant nur noch in wenigen Präparaten zu finden.

Beinwell ist als Arzneipflanze heute zugelassen bei schmerzhaften Muskel- und Gelenkbeschwerden, Prellungen oder Verstauchungen. Das echte Eisenkraut enthält schleimlösende Bitterstoffe und kann gut in Erkältungstees zum Beispiel mit Thymian oder Salbei ergänzt werden.

Den Frauenmantel widmeten die Germanen der Fruchtbarkeitsgöttin Freya, die Römer der Venus. Hildegard von Bingen (1089 bis 1179) empfahl die Arzneipflanze allgemein bei Frauenleiden. Auch heute noch nutzen viele Frauen entsprechende Präparate bei Menstruationsbeschwerden oder Problemen in den Wechseljahren.

img_7483
In der Pflanzenheilkunde wird Frauenmantel zum Beispiel bei Frauenleiden eingesetzt. Das empfahl schon Hildegard von Bingen.
Birgit Pielen

Johanniskraut wiederum ist als pflanzliches Antidepressivum anerkannt, hilft aber auch bei nervösen Magen-Darm-Beschwerden und wird äußerlich als Wund- oder Massageöl eingesetzt. Linda Frerichs nennt das Johanniskraut auch Lichtpflanze. Denn wenn diese zu Johanni (24. Juni), drei Tage nach der Sonnenwende, in schönster Blüte steht und die volle Kraft der Sommersonne in sich trägt, soll sie am heilkräftigsten sein. „Dann hat sie das Licht für uns gespeichert und gibt es uns in der dunklen Jahreszeit wieder.“

Vor einigen Jahren lernte Linda Frerichs bei einem Kurs in der Schweiz die Heilkräuter einer Samin aus Lappland kennen. „Dort wird das alte Wissen vielmehr im Hausgebrauch genutzt“, sagt sie. Zum Beispiel lernte sie, wie der Tüpfelfarn zur Entwurmung bei Kindern eingesetzt wird.

Wenn Schulkinder heute zu ihr in den Kräutergarten kommen, stellt sie immer wieder fest, dass sie einen unbekümmerten Umgang mit den Pflanzen haben. Sie zupfen neugierig an den Blättern, riechen und schmecken. Vor allem der Colastrauch, eine Neuzüchtung unter dem lateinischen Begriff Artemisia abrotanum, hat es den Jungen und Mädchen angetan. Der Geruch erinnert tatsächlich an das beliebte Getränk.

img_7482
An dem Colastrauch haben besonders Kinder viel Freude.
Birgit Pielen

Erwachsene, stellt Linda Frerichs fest, haben viel mehr Berührungsängste, selbst im öffentlich zugänglichen Kräutergarten. Sie haben Angst, einer Pflanze zu schaden oder wissen nicht, wo und wie viel sie für ihren persönlichen Gebrauch abschneiden dürfen. Umso erfreuter ist sie, als sie jetzt sieht, dass der Bärlauch geerntet wurde. Gut so! Es könnten sich gerne noch mehr Menschen hier bedienen. Denn schließlich gibt es auch ganz beliebte Küchenkräuter wie Minze und Rosmarin, Liebstöckel und Oregano, Bohnenkraut und Estragon.

Am Sonntag, 5. Mai, ist Linda Frerichs von 12 bis 16 Uhr im Kräutergarten und beantwortet Interessierten gern Fragen.

Am Sonntag ist viel los in Münstermaifeld

Bereits seit zehn Jahren beherbergt die Alte Propstei in Münstermaifeld die Tourist-Information. Das wird am Sonntag, 5. Mai, mit einem Fest für die ganze Familie gefeiert. Los geht es ab 11 Uhr im und rund um den Rosengarten. Mit dabei sind die Stadtkapelle Münstermaifeld und der KUBA-Chor. Es gibt Aktionen wie Kinderschminken, Taschenbemalen und ein Gewinnspiel.

Das Archäologische Museum Maifeld und das Heimat- und Erlebnismuseum können an diesem Tag kostenfrei besichtigt werden. Zudem werden verschiedene Stadtführungen angeboten. Ein besonderes Glanzlicht sind Jakob und Lucy mit zwei Zaubershows. Sie touren durch ganz Europa und geben jetzt ein Gastspiel im Maifeld. Auch für Kaffee und Kuchen sowie herzhafte Genüsse ist gesorgt.

Top-News aus der Region