Damals war die Fähre, auf die mit etwas gutem Willen acht Autos passten oder die maximal 399 Personen befördern durfte, bereits 49 Jahre im Dienst. Im Juli dieses Jahres wäre sie 100 Jahre im Einsatz, wenn sie nicht zwischenzeitlich außer Dienst gestellt worden wäre. Heute liegt sie als Restaurantschiff „Alte Liebe“ in Königswinter. Ein Teil ihrer Originalausstattung ist jetzt in einer kleinen Ausstellung zu sehen.
„Wenn der Bub nicht gewesen wäre, wäre ich nach drei Wochen weg gewesen“, sagt Lüthke heute. Mit Bub ist der bereits verstorbene Josef Schellenbach gemeint, der mehr als 40 Jahre die Fähre gesteuert hat. 320 Meter hin und 320 Meter zurück in vier Minuten waren nicht der Traum eines Kapitäns, der vorher große Schiffe auf dem Rhein gefahren hatte. 70 Pfennig kostete die Überfahrt am Schluss für Fußgänger, 2,30 Mark für ein Auto mit Fahrer, weiß Lüthke noch.
120 000 Personen beförderte die Fähre 1976, 35 000 Fahrzeuge und 5000 Fahrräder. Aber bereits damals machte das Schiff ein Defizit von bis zu 120 000 Euro pro Jahr.
„Et Poentche ist bei vielen Andernachern noch in guter Erinnerung“, sagte bei der Ausstellungseröffnung Stadtwerkegeschäftsführer Lars Hörnig, der selbst als kleiner Junge das Steuerrad in der Hand halten durfte. Auch bei Oberbürgermeister Achim Hütten, der die Veranstaltung mit einem durchdringenden Läuten der Originalschiffsglocke aus dem Jahr 1916 eröffnete, kamen Kindheitserinnerungen hoch. „Der Fluss war früher keine Grenze“, erzählte er. „Es gab Andernacher Landwirte, die auf der anderen Seite ihre Weinberge hatten.“ In seinen 20 Jahren am Steuer hat Lüthke so einiges erlebt. Vage erinnert er sich noch an den Transport eines Filmteams mit einer Kutsche und extrem nervösen Pferden. Und an eine Leiche, die er mit einem Kollegen und dem Ruderboot, dass sie immer dabeihatten, aus dem Fluss vor Leutesdorf gezogen hat.
Ganz ungefährlich war die Überfahrt auch nicht immer. Ein Kollege ließ die Fähre so weit abtreiben, dass sie mit einem Schiff kollidierte, erinnert sich Lüthke. Und im März 1945 geriet die Ponte unter Beschuss und konnte gerade noch so auf eine Rampe in Leutesdorf gesteuert werden. Nach dem Krieg wurde sie wieder instand gesetzt und war nach Lüthkes Angaben zwei Jahre in Koblenz und zwei in Neuwied im Einsatz, bis sie wieder zwischen Andernach und Leutesdorf pendelte.
Die Verluste wurden immer höher. Am Ende lagen sie laut Hütten bei rund 140 000 Mark pro Jahr. Das Schiff hätte saniert werden müssen. „Die Fähre rostete, die Investitionen wären unheimlich hoch gewesen“, meinte auch Lüthke. Aber als er die Fähre nach ihrem letzten Einsatz 1985 im Andernacher Hafen verankerte, wurde ihm doch schwer ums Herz. Der heute 75-Jährige, der in Wismar geboren wurde, blieb dem Wasser treu und war zuletzt Hafenmeister, bevor er 2002 in Ruhestand ging.
Verwahrt hat Lüthke bis heute das Originalsteuerrad aus Holz aus dem Jahr 1916, das nach dem Krieg durch eins aus Stahl ersetzt wurde. Auch ein Sprachrohr und die Kassiertasche lagen bei ihm im Keller sowie ein Buch mit Fotos. Die ausgestellte Schiffsglocke und die Lampe kamen nach dem Aus der Fähre als Dekoration ins Hafenamt. Lüthke hofft mit seiner Ausstellungsidee, die Erinnerungen der Andernacher an ihre Ponte wieder zu wecken.
- Die Ausstellung ist bis zum 31. August im Kundencenter der Stadtwerke, Läufstraße 4, zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 8 bis 16 Uhr, Donnerstag 8 bis 18 Uhr, Freitag 8 bis 12 Uhr und im ersten Samstag im Monat 9 bis 12 Uhr.
Yvonne Stock