Rat spricht von Aufwertung, Mitglieder der Interessengemeinschaft von unpassender Größe
Aufwertend oder unpassend: Neubau im Thürer Ortskern spaltet die Gemüter
Das neue Wohn- und Praxisgebäude in der Fallerstraße soll den Thürer Ortskern aufwerten. Die Gaststätte „Zur Traube“, die inzwischen abgerissen ist, stand viele Jahre lang leer.
Dr. Siekmann + Partner mbH

Thür. Ein Neubauprojekt mitten im Ortskern, das nicht bei allen Anwohnern für Begeisterung sorgt, beschäftigte jetzt den Thürer Ortsgemeinderat, dessen Leitung Jürgen Jakob, Erster Beigeordneter, anstelle des erkrankten Ortschefs Rainer Hilger übernahm.

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Konkret ging es um das Aufstellen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Areal der früheren Gaststätte „Zur Traube“ in der Fallerstraße, die sich zuletzt in Gemeindeeigentum befand und nach Jahren des Leerstandes inzwischen abgebrochen ist. Ein Investor beabsichtigt die Errichtung eines barrierearmen, dreigeschossigen Wohnhauses sowie eine gewerbliche Nutzung eines Teilbereichs des Neubaus als Psychotherapiepraxis.

Als vollkommen überdimensioniert empfinden das Vorhaben, bei dem insgesamt acht Wohneinheiten entstehen sollen, jedoch mehrere Anlieger, die sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben. Mit seinen möglichen zwölfeinhalb Metern Größe fehle eine Anpassung an die Umgebungsbebauung, die weitestgehend aus Ein- und Zweifamilienhäusern bestehe, so Sprecher Stephan Geisen in einem Schreiben an unsere Redaktion: „Durch die immense Höhe wird das geplante Gebäude die gesamte umliegende Bebauung dominieren. Zudem sind an dem Gebäude großzügige Balkone und Dachterrassen, insbesondere auch in den hoch liegenden Geschossen, vorgesehen. Dadurch entfällt jegliche Privatsphäre der Gärten und Höfe in der direkten Nachbarschaft.“

Weitere Ängste bestehen bezüglich eines steigenden Parkdrucks und aufgrund der bisher fehlenden Nebenanlagen in der Fallerstraße der Sicherheit der Fußgänger, die die künftige Praxis aufsuchen wollen. Das neuerliche Auslegungs- und Beteiligungsverfahren bezüglich des Bebauungsplans nutzte die IG für eine entsprechende Einwendung.

Das gewünschte Ziel, den Rat und in der Folge auch den Investor eventuell noch einmal zu Änderungen am Projekt zu bewegen, blieb aber letztlich erfolglos. Die Ratsmitglieder entschieden einstimmig, an den bisherigen Festsetzungen festzuhalten. Vor allem dem Einwand einer fehlenden Anpassung an die umgebene Bebauung wurde widersprochen. Die Gebäudegrundfläche werde künftig nur noch 60 Prozent der vorherigen Bebauung betragen. Hinzu komme der Umstand, dass das Gebäude zur Unterbringung notwendiger Stellplätze mehrere Meter von der Fallerstraße abgerückt werde.

„Hierdurch ergibt sich im Vergleich zum Altbestand eine erhebliche Verbesserung der bestehenden Straßenraumsituation, da zusätzlich ein circa ein Meter breiter (öffentlicher) Streifen für Fußgänger geschaffen wird“, heißt es in der weiteren Begründung der Verwaltung. Sämtliche Abstandsflächen entsprechen der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz.

Winfried Berresheim (CDU) sagte: „Auch wir haben uns natürlich Gedanken gemacht, wenn so ein Bauvorhaben in eine bestehende Bebauung eingefügt wird. Aber: Immer wenn es Veränderungen gibt, gibt es auch Interessen, die es abzuwägen gilt.“ Natürlich werde es mit dem Neubau den einen oder anderen Winkel mehr geben, aus dem man in ein benachbartes Grundstück schauen kann, als dies noch in der Vergangenheit möglich war. Es sei aber auch ein gutes Recht, sich in den geltenden Rahmenbedingungen verändern zu dürfen, so der Fraktionssprecher.

Den Vorwurf der Überdimensionierung sieht er zudem durch eine Höhenermittlung der beauftragten Ingenieurgesellschaft Dr. Siekmann + Partner mbH entkräftet. Sie bestätigt zwar, dass der Neubau mit seinen zwölfeinhalb Metern der höchste Bau des Quartiers würde, das jedoch nur mit nicht einmal einem halben Meter. Durch Planung, den Neubau mit einem ortstypischen Satteldach auszustatten, sei keine wesentliche Abweichung zum Umfeld spürbar.

„Seitens des Rats sehen wir eine städtebaulich erhebliche Aufwertung der Fallerstraße, ebenso wie des gesamten Ortskerns“, ergänzte Friedel Arndt (SPD). Durch die geplante Zurücksetzung des Gebäudes entstehe an einem bislang unübersichtlichen Punkt künftig mehr Offenheit, durch den Fußweg werde die Sicherheit der Fußgänger spürbar erhöht.

Von unserem Redakteur Martin Boldt

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