So auch der 98-jährige Franz Geisbüsch und die 89-jährige Hilde Stindtmann. Der gebürtige Nickenicher und die aus Mayen stammende Seniorin haben schon so manche fröhliche Rikscha-Tour mit Willi Elz hinter sich. Die anfängliche Scheu haben die Heimbewohner des Seniorenzentrums längst hinter sich gelassen. Die Fahrten in der Fahrgastkabine, die sich vor dem Fahrer befindet, seien recht gemütlich und „uns winken die Leute vom Straßenrand aus zu“, erzählen die beiden Passagiere hellauf begeistert.
Willi Elz, der Geschäftsführer des „Fördervereins Seniorenzentrum Plaidt“ hatte die Idee, die im Übrigen bei den betagten Passagieren gut ankommt, zwei Rikschas anzuschaffen. Die Ursprünge des Projekts „Radeln ohne Alter“ gehen auf Olle Kassow zurück. Der Däne hatte vor sechs Jahren eine Bewohnerin in einem Kopenhagener Altenheim mit einer Rikscha zu einer Ausfahrt eingeladen. Mittlerweile ist der Grundgedanke dieser Idee weltweit in über 30 Ländern angekommen.
Beteiligt hat sich Elz auch an der Rikscha-Tour von Bonn bis Berlin. Zu dieser Tour – welche die alte und die neue Bundeshauptstadt verbindet – hatte der befreundete Verein „Radeln Ohne Alter Bonn“ zwei Rikscha-Piloten aus Plaidt eingeladen. Unsere Zeitung hat mit dem 69-jährigen ehemaligen Mitarbeiter der Telekom gesprochen
Wie kam Ihr Förderverein auf die Idee, die Rikschas anzuschaffen?
Mitte 2017 erfuhr ich durch einen früheren Kollegen aus Hannover von einem Bericht des „Berliner Tagesspiegels“ über Rikschafahrten in Berliner Senioreneinrichtungen. Beim Besuch einer solchen Einrichtung hatte ich die Gelegenheit mir eine dieser speziellen Rikschas anzuschauen und mir wurden auch die Kommunikationsdaten des Vorsitzenden eines Fördervereins dieser Einrichtung gegeben. Vom Vorsitzenden erfuhr ich, dass es in Bonn seit kurzem auch einen Verein gibt, der allerdings keiner bestimmten Einrichtung angehört, sondern Rikschafahrten verschiedenen Senioren- und Behinderteneinrichtungen anbietet. Nach Kontaktaufnahme mit diesem Verein wurde uns kurz darauf angeboten, uns im November 2017 für zwei Tage testweise eine Rikscha auszuleihen. Die Reaktionen des Vorstandes auf meinen Antrag, Rikschas zu beschaffen, waren unterschiedlich. Einige fanden die Idee direkt super, einige etwas zurückhaltend aber nur wenige waren dagegen. Erst bei einer weiteren Sitzung konnten wir uns für die Beschaffung von zwei Rikschas entscheiden.
Welche finanziellen Mittel waren dafür notwendig?
Der Preis für die Rikschas ist relativ hoch, da es sich hier um eine Sonderanfertigung aus der europäischen Initiative des Vereins „Cycling without Age“ zu deutsch „Radeln Ohne Alter (ROA)“ handelt . Der Leitspruch der Initiative lautet: Alle Menschen sollten ein Recht auf Wind in den Haaren haben, auch diejenigen, die aufgrund ihres Alters oder einer Behinderung nicht mehr in der Lage sind, selbst Fahrrad zu fahren. Daher sitzen die Seniorinnen und Senioren vorne und die Piloten, Angehörige oder ehrenamtliche Mitarbeiter des Seniorenzentrums dahinter.
Wie kommen die Gefährte im ganz normalen Alltag in dem Seniorenzentrum zum Einsatz?
Die Pflegekräfte und die Kräfte aus dem „Sozialbegleitenden Dienst“ machen eine Abfrage wer generell an den Fahrten interessiert ist. Meist erfolgt dann noch eine Absprache mit den Angehörigen. Die Piloten geben entweder regelmäßige Tage und Uhrzeit an, wo sie fahren möchten, oder rufen einen Tag vorher an oder kommen ad hoc und fragen, wer interessiert ist. Geplant ist, einen Onlineplan ins Internet zu stellen, wo über Handy oder PC Fahrten angeboten werden können und der von hauptamtlichen Kräften im Internet eingesehen werden kann.
Wie fühlen Sie sich als Rikscha-Pilot?
Es ist ein gutes Gefühl, weil man die Begeisterung der Passagiere ständig mitbekommt. Von den Passanten unterwegs bekommt man mindestens ein erstauntes Lächeln aber meist Zurufe „Tolle Sache“, „da möchte ich auch mal mitfahren“, usw. Auch die Gespräche während der Fahrt zwischen Pilot und Passagier sind oft sehr interessant.
Verspüren die Senioren nicht eine gewisse Angst, wenn Sie chauffiert werden?
Einige haben schon eine gewisse Schwellenangst, aber die ist meist bei der ersten Fahrt überwunden.
Gibt es spezielle Kurse für Rikschapiloten?
Aus versicherungstechnischen Gründen melden sich die Piloten vor der ersten Fahrt als „Ehrenamtliche Mitarbeiter“ an. Danach erhalten sie von mir eine Einweisung mit beigefügtem Merkblatt. Auch für geübte Fahrrad- oder Pedelec-Fahrer ist es eine seltsames Gefühl vor allem in Kurven oder zur Seite geneigten Straßen. Das schwindet aber nach gewisser Praxis.
Die Fragen stellte Elvira Bell