Die großen Theaterbühnen dieser Republik hat sie schon gesehen. Ob in ihrer Heimatstadt Freiburg im Breisgau, am Staatstheater in Wiesbaden, in Pforzheim, Magdeburg, Neuss, Konstanz oder auch im Ruhrgebiet in Recklinghausen. Und dennoch – oder vielleicht auch gerade deswegen – genießt die Schauspielerin Antonia Schirmeister es nach eigener Aussage sehr, bei den Burgfestspielen im Eifelstädtchen Mayen auf einer vergleichsweise kleinen Bühne zu stehen: „Die Interaktion zwischen Publikum und Schauspielern ist ganz besonders, wenn nur rund 100 Zuschauer auf engem Raum zusammensitzen – und somit fast alle auf Schlagdistanz zur Bühne sind.“ Dies sorge für eine intim-persönliche Atmosphäre und habe einen besonderen Charme.

Auf der Kleinen Bühne im Alten Arresthaus gibt sie zusammen mit Silke Buchholz die Komödie „Titanic – Schöne Menschen spielen große Gefühle“ zum Besten. Sonst steht niemand auf der Bühne. Diese Art von Minimalismus, die viele Rollenwechsel zur Folge hat und den zwei Darstellerinnen Vielseitigkeit und Spontaneität abverlangt, macht für Schirmeister den besonderen Reiz des Mayener Freilichttheaters aus.
„Hier entsteht eine direkte Nähe zu den Zuschauern, die in der Form anderswo sehr selten zu finden ist. Zum Beispiel kann man nach der Vorstellung noch in gemütlicher Runde zusammen sein und ein wenig plaudern“, sagt die gebürtige Freiburgerin über die Vorzüge kleiner Arrangements. „Der einzige Nachteil“, schiebt sie leicht schmunzelnd hinterher, „ist die Abhängigkeit vom Wetter“. So musste etwa gleich die Premierenaufführung wegen eines Regenschauers um eine Viertelstunde nach hinten verschoben werden.
„Die Interaktion zwischen Publikum und Schauspielern ist ganz besonders, wenn nur rund 100 Zuschauer auf engem Raum zusammensitzen.“
Antonia Schirmeister
Wer einen Auftritt Schirmeisters schon mit eigenen Augen verfolgen durfte, dürfte sich indes sicher sein: Die Schauspielerin mit der unverwechselbaren Mimik und einer Eindruck hinterlassenden Stimme würde sich auch von Wetterkapriolen nicht vom Hocker werfen lassen, sondern dank ihrer langjährigen Bühnenerfahrung und ihrem erkennbaren Improvisationstalent jegliche Widerstände überstehen.
Schirmeister kann als wahre Alleskönnerin bezeichnet werden, die sich auch schon jenseits der klassischen Theaterbühne ihre Sporen verdient hat. Nach dem Abitur arbeitete sie als Regieassistentin am Wallgraben-Theater in ihrer Heimat. Hier war sie etwa für die Vor- und Nachbereitung der Proben oder fürs Soufflieren zuständig. Neben ihrem Studium der Heil- und Theaterpädagogik engagierte sie sich in vielen wohltätigen Organisationen wie der Caritas oder dem Internationalen Roten Kreuz.

Die talentierte und vielseitig begabte Schauspielerin hatte nicht bloß ihren eigenen Karrierefortschritt, sondern immer auch die Mitmenschen im Blick. So arbeitete sie als Regisseurin bei einem Projekt mit geflüchteten Menschen zusammen, half ihnen bei der Resozialisierung und trug gleichzeitig aktiv zur Radikalisierungsprävention bei. Außerdem war sie für den Fernsehsender Arte und den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) als Sprecherin tätig. Noch heute doziert sie in Nordrhein-Westfalen in den Bereichen Rhetorik und gewaltfreie Kommunikation. Nicht zuletzt ist sie Jurymitglied in der Studienstiftung des Deutschen Volkes.
„Meine Liebe und Leidenschaft ist und bleibt aber das Theater“, stellt Schirmeister mit Blick auf ihr vielfältiges Engagement klar. Es erfülle sie mit Glück und Zufriedenheit, wenn sie dem Publikum einen leichten und unbeschwerten Sommerabend bereiten könne: „Wir geben immer uns Bestes, damit die Zuschauer vom Alltag etwas abschalten können und gut unterhalten werden.“ Mit „wir“ meint sie nicht nur die Bühnenaktiven, sondern auch das Team hinter dem Team. Kulisse, Requisiten, Musik, Kostüme – auch bei einem kleinen Theater trügen viele Menschen zum großen Ganzen bei. Schirmeister legt höchstpersönlich Wert darauf, dass auch sie am Ende ihren Applaus bekommen. Da ist er wieder: der besondere Blick für die Mitmenschen.